Also, um mal beim wesentlichen zu bleiben:
Je grösser das Festival, desto mehr Punkte gibt es wohl, über die man sich aufregen kann. Je länger man ein Festival kennt, desto härter treffen einen dann auch (notwendige oder zumindest logische) Veränderung in Strukturierung und Auftreten des Festivals.
Geht es um Kritik, die ja offensichtlich konstruktiv sein sollte, sogar wenn sie derartig erbärmlich quittiert wird wie im oben diskutierten Leserbrief, sollte man sich wohl auf das wirklich Wesentliche beschränken. Das es den unnützesten Merchandise schlechthin vom WOA zu kaufen gibt, ist nebensächlich. Das es zu einem Chaos und zu Komplikationen kam, aufgrund der Wetterlage, ist eine mehr oder weniger klare Sache, über die man nicht lange herumzureden braucht. Vielleicht sind es viele langjährige Wacken-Besucher gewohnt, das vieles besser gelöst wird als bei anderen Festivals, oder das eigentlich unvermeidliche Probleme doch irgendwie vermieden werden; aber bei einer derartigen Wettersituation und einem so großen Festival kann man dem Veranstalter keine Vorwürfe machen, nur weil er hohe Ansprüche, die auf Erinnerungen an vergangene WOA's basieren, mal nicht erfüllt. Das teilweise gröbere Verfehlungen von seiten des Veranstalters vorliegen, wird allerspätestens mit der Antwort auf den Leserbrief deutlich; insbesondere das Kommentar mit "der Mehrheit" lässt das ganze Festival in einem anderen Licht erscheinen. Man beachte: Lässt.......erscheinen.
Ob ihr auf euer Festival fahrt, damit ihr auch darüber freuen könnt, das der Veranstalter euch mag oder euch ernst nimmt, oder das er ein netter Kerl ist und sein bestes tut, weis ich nicht. Für mich fällt das aber wieder in den Bereich des Unwesentlichen. Das zählt nicht bei einem Metal-Festival. Das Campen muss funktionieren. Die Sani-Einrichtungen müssen den Massen angepasst sein, klar. Die Anreise sollte von der Struktur her auch auf schlechte Wetterlagen abgestimmt sein. Dann kommen auch schon subjektive Empfindungen: Bandauswahl, Sound, Securities, Verpflegung muss ok sein. Und natürlich die vielgerühmte Atmosphäre. Was euch nur nicht klar ist: Ihr seid die Atmosphäre. Die Atmosphäre, in der ihr eure 3 Wacken-Tage verbringt, bringt ihr selbst mit. Und wenn ihr ein paar hundert, oder tausend, Kilometer anreist, um dann zu erklären, volle Dixies auf einem Festival für zehntausende (wenn nicht hundertausende, den Empfindungen nach), übertriebener Merchandise, Videowall-Werbung und Crowdsurfer machen euch die Atmosphäre kaputt, dann liegt das an euch, meine Lieben. Es ist vielleicht nicht mehr dasselbe Festival wie damals, als alles noch perfekt war, aber es ist auch nicht nur ein Festival, sondern eine Institution. Ich war dieses Jahr das erste Mal in Wacken, und ich muss sagen, für die positiven Erfahrungen, die ich gemacht habe, wäre ich auch 14 Stunden im Stau gestanden, hätte ich auch 3 Tage lang nur hinter Büschen gepisst, doppelt soviele Crowdsurfer auf den Schädel bekommen, aufs Duschen verzichtet und mich noch länger mit übereifrigen Secs gestritten.
Kritik ist wichtig, Kritik ist angebracht, aber legt doch ein größeres Augenmerk auf die Details, wegen denen ihr jetzt ein Happening auseinandernehmt, das in Wahrheit mehr zu bieten hat als nur Konzerte, das andere Vorteile hat als saubere Toiletten zu benutzen, neben dem Auto zu campen oder komplett reibungslos abzulaufen.
Hasst den Veranstalter, lebt das Festival, und reisst euch ein bisschen am Riemen: so tragisch, wie das ganze jetzt wirken mag, ist es auch wieder nicht.