Ist zwar mittlerweile schon etwas her, aber da ich dazu eh noch einen kurzen Bericht schreiben wollte,
kann ich das ja auch hier machen.
23.04. - 24.04. Tour mit meinem 80-jährigen Dad auf dem Rennsteig
Als mein Dad seinen seinen 80´ten Geburtstag gefeiert hat, musste und wollte ich als einziger Sohn natürlich auch etwas zu und über ihn sagen.
In der Überlegung zum Thema und Inhalt musste ich dann an die Diskussionen mit meinen Kids denken, in wie fern wir Sie als Eltern beeinflusst und geprägt haben.
Und so entstand die Idee auch über unsere Gemeinsamkeiten zu reden und mir viel wieder ein, dass wir (leider) nur einmal zu einer gemeinsamen Radtour gestartet sind und die nach wenigen Kilometern wegen einem technischen Defekt abbrechen mussten - wir habe das dann auch nie wieder nachgeholt.
Der er noch wöchentlich mit einer Rad-Truppe so um die 70 km und im Urlaub wochenlang mit meiner Mom unterwegs ist, wenn auch mittlerweile (natürlich) mit den E-Bike.
Also Idee fürs Geschenk auch gefunden - eine gemeinsame Vater / Sohn Radtour,
aber wohin. Wo war er noch nicht, und was kann er mit Muttern auch nicht mehr machen.
Idee: Thüringen - Rennsteig (zumindest mal ein Stück)
Also Termin gefunden, Strecke ausgearbeitet, einen Tag für ein verlängertes WE frei genommen, Wettervorhersage je näher der Termin kam im Blick behalten, Hotels gebucht und los!
Samstag nach dem Frühstück mit meiner Familie und somit so gegen Mittag bei meinem Dad alles ins Auto geladen und die Räder hinten auf den Träger.
Alleine auf der Fahrt haben wir so viel mit einander geredet, wie lange nicht mehr und das sollte auch bis zum Ende so bleiben.
Das erste Hotel hatten wir uns in Zella-Mehlis gebucht, allerding mit der Ansage, dass abends zwei Veranstaltungen im Haus sind und wir deswegen außer Haus essen müssten... Als wir gegen Abend ankamen, sind wir dann halt zu Fuß zum nahe gelegen Griechen.
Es war schon etwas schräg, die einzigsten Gäste in einem Restaurant am Ende des Dorfes zu sein. Dazu noch ein grummeliger Wirt.
Aber nach etwas Small-Talk und einer Ouzo Bestellung mit Aufforderung das der Wirt doch einen mit trinken solle, war es dann doch ein richtig netter Abend, mit einem Bier mehr als ich vor der Tour eigentlich wollte.
Tja, leider waren auch die Feierlichkeiten im Hotel noch nicht zu Ende und die Kids der Gesellschaft hat bis 01:30 Uhr kriegen in den Gängen gespielt, aber mann hat ja Verständnis...
Nach einer zu kurzen Nacht war das Frühstück aber wirklich klasse (wusste ich schon, da ich das Hotel kannte) und die Party-Gäste kamen auch erst, als wir gerade fertig waren.
Schnell die Räder klar gemacht.
Als wir gerade los wollten kamen zwei andere Radfahrer an uns vorbei und natürlich schnackt man kurz:
"die Beiden haben sich in Bayern zwei gebrauchte alte klapperige Räder gekauft, und sind jetzt auf dem Weg damit nach Kiel zu einem Freund.
Die Fahrräder wollten sie in Hamburg irgendwo spenden und dann den Rest mit der Bahn fahren" > echt Crazy!
Da ich die Gegend ums Hotel schon mal mit dem Rad gefahren bin, wusste ich was jetzt kommt und es sollte neben der Länge eine von drei Herausforderungen dieser Tour für mich werden.
Ich hatte mich bewust entschieden mit meinen MTB zu fahren und mir kein E-Bike vor Ort zu mieten.
Ich wollte der "limitierende" Faktor auf der Tour sein, um meinen Dad nicht zu Überlasten und in die Situation zu bringen, das er irgendwann nicht mehr mithalten kann.
Also auf knapp 10km von 630 auf 970 Höhenmeter mit teilweise 13% Steigung rauf zum Rennsteig und klar, gleich mal eine Ansage von Komoot nicht richtig gedeutet und kurz bevor wir oben waren auf einen Trail mit großen Steinsbrocken und dichter Bewucherung geraten, aber was soll´s,
Bei schönstem Wetter dann den ganzen Tag immer im Wald, stetig runter mit dem ersten Ziel zur Talsperre Schönbrunn
und zwischendurch eine kurze Pause in einem kleinem urigen Gasthaus.
Bei der Pause an der Talsperre wurde mein Dad dann ein bisschen nervös, da sein Akku mittlerweile bei "nur noch" 35% war und wir jetzt noch einen Höhenkamm (meine zweite Herausforderung nach ca. 45km in den Beinen) vor uns hatten.
Die Steigung war mit 5 - 8% auf 5km dann aber ehr harmlos und hat sogar richtig Spaß gemacht, nur mein Dad wurde immer nervöser (er meinte auf Waldboden würde er mehr Akkuleistung benötigen)
und weil ich nicht mit ihm streiten wollte sind wir dann auf einer Straße geblieben, statt wieder durch den Wald zu fahren.
Was er aber nicht bedacht hatte, war dass wir im Wald "oben" geblieben wären, und die Straße zu den beiden Orten in den Tälern jeweils runter und wieder rauf führten... ja, klar auf der Straße lief sein E-Bike besser...
... also noch zwei zusätzliche Anstiege für mich!
Den dritten Anstieg hätte ich nach 55km dann nicht mehr geschafft und somit habe ich mich durchgesetzt, meinen Dad über sein Bike über eine Wildwiese bis zu einem kleinen Bach schieben lassen um dann daran entlang zu fahren.
Unsere Entscheidung wurden mit einem verzauberten Bachlauf bei untergehendem Sonnenlicht belohnt - einfach traumhaft.
und mit der Ankunft und einem leckeren Bier (und späterem Abendessen) auf der Terrasse unseres Hotels im Schwarzatal.
Der Akku meines Dad´s hatte noch genau 3%.
Ich bin um 21:00 Uhr und 1.150 Höhenmetern wie tot ins Bett gefallen,
mein Dad war (wohl) von den Eindrücken und dem Tag noch recht aufgewühlt und ist dann doch deutlich später eingeschlafen.
Am Montag dann wieder mit einem sehr guten Frühstück gestartet und etwas dickeren Klamotten aufs Rad.
Es war bedeckt, hatte über Nacht geregnet und war deutlich abgekühlt.
Ziel war heute über eine Bergkette und dann nur noch runter aus dem Thüringer Wald raus bis nach Plaue.
Und der Zweite Tag sollte gleich mit einem bösen Schock los gehen...
Ich hatte einen Trail neben den Bahngleisen gewählt, um nicht auf der kurvenreichen Hauptstraße fahren zu müssen
und hier hat Komoot mich das zweite Mal falsch geleitet.
Statt unden an den Gleisen zu bleiben sind wir einen kleinen Anstieg hoch.
Bis dahin war ich auf "schlechteren" Wegen immer vor meinem Dad geblieben um ihn vor schwierigen Stellen zu warnen,
da er im Gegensatz zu mir nur Tracking-Bereifung hatte.
An diesem Anstieg hat mich mein Dad allerding mit seinem E-Bike überholt und hat dann nicht rechtzeitig bemerkt, dass ein erneuter sehr steiler Anstieg direkt hinter der Kurve kam. Bevor er (und ich) reagieren konnte hatte er durch seine Gepäcktasche zu viel Hecklast und es hat ihn "ausgehebelt".
Zum Glück war der Schreck größer als letztendlich die Verletzung, allerdings hat die Pedale die Haut am Schienbein aufgeratscht und die Hose war sofort komplett blutig. Beim anlegen des Verbands hörte zum Glück die Blutung schon wieder auf und der Schock ließ auch schnell nach ...
... der große Anstieg lag aber jetzt noch vor uns.
Das wir hier falsch waren, war uns dann klar und wir sind langsam wieder zurück zur Route, ein Stück weiter, rüber über die Bahn und die Straße und wieder rein in den Wald.
Und gleich wieder die nächste "Überraschung": die Wege waren von Waldarbeiten komplett zerstört.
Also neue parallele Route auswählen, und hoch den Berg. 10km, max. 13% Steigung aber im Gegensatz zum Vortag auf losem Waldboden.
Ich habe dann das Rad von meinem Dad, der etwas Probleme mit der Luft hatte, die Steigung hoch geschoben.
Und dann kommen wir ober über die Kuppe und haben einen arschkalten Gegenwind - danke!
Also gut, immer im Wechsel im Windschatten und durch...
Irgendwann hatte auch mein Dad darauf keinen Bock mehr und wir sind noch mal in den Wald mit einer schönen Abfahrt (hatte ich angst um meinen Dad, Puh-Ha!) Er ist ohne zu bremse vorweg.
In Ilmenau haben wir entgegen meiner Komoot Route haben wir Schilder für eine Fahrrad-Route gefunden und haben uns umentschieden dieser zu folgen.
Das hat genau 15 min geklappt, dann haben wir die Strecke und Ausschilderung verloren und standen mitten in einem Industriegebiet.
Als an dem Tag zum dritten Mal eine neue Route und weiter.
Als wir nach 5 Std. und knapp 50 km in Plaue ankamen mussten wir nur kurz auf den Zug der uns zurück zu unserem Auto nach Zeller-Mehlis bringen sollte.
Ich konnte noch kurz im Saunabereich des Hotels duschen und wir sind dann ins Auto und zurück nach Hamburg.
Das schlechte Gewissen wegen dem Sturz hat noch einige Wochen angehalten, aber als ich die relativ kleinen Narben am Schienbein meines Dad´s gesehen habe hat sich auch das gelegt.
Und so wie mein Dad über die Tour seinen Freunden erzählt hat, war sie für Ihn wohl auch toll (was er mir mittlerweile auch selber bestätigt hat).