So. Auf ben0war's Anforderung hin ist mal wieder ein Bericht fällig.
Gestern war Andrew W.K., der
King And Godfather Of Party Himself, im Hamburger Headcrash zu bewundern. Lange hab ich mich auf den Tag gefreut und entsprechend groß war der Bock auf Party.
Ich war jetzt zum ersten Mal im Headcrash, kannte es vorher noch nicht. Das ist eine Party- und Konzertlocation mitten in Sankt Pauli, am Hamburger Berg, einer kleinen Straße hinter der Reeperbahn, unweit der Großen Freiheit und in einer der kultigsten Gegenden dieses Landes gelegen. Mittem Auto hingebraust, in ner Siedlungsstraße dort den Boliden legal
cool
abgestellt und keine fünf Gehminuten zur Location gehabt.
Das Headcrash liegt zwischen Kneipen und Restaurants richtig schön. Eigentlich hätte man danach eine Kneipentour anschließen müssen. Aber egal. Die ersten Schlachtenbummler sammelten sich schon, und wir flezten uns auf die abgeranzten Sessel und Sofas, die da völlig offen an der Hauswand draußen standen. Nach nicht allzu langer Wartezeit ging's dann auch zum Einlassbeginn rein. Kartenabriss weg, Stempel auf die Hand. Unten ein schmaler Korridor, abgegriffene Handläufe, dunkle, rotschwarze Tapeten und Wände, Zwielicht. Geil. So muss das. Unten gab's dann den Merch-Stand, zur Location musste man eine Treppe hoch. Oben angekommen, gab's nur den Konzertraum. Der Eindruck einer geilen Location verfestigte sich. Ein nahezu quadratischer Raum, vielleicht 10*10 bis 10*12m messend. Rechter Hand ein Tresen für den Durst und seine Stiller, links hinten ein Technik-Stand, daneben ein kurzer Durchgang zu den Klos. Geradeaus natürlich die Bühne, fast auf Bodenniveau, in einem großen Alkoven in der Rückwand. Überall Graffitikunst (richtig gute Motive! Astrein!), man atmet richtig das Flair. Klein, zweckmäßig, das geht gut ab hier.
Wir waren also fast als erste da, also Bier geschnappt, noch mal raus und rauchen und quatschen. Nach und nach trudelten auch mehr Leute ein. Halb neun ca. war dann zunächst die Vorband dran. Die Ukeboys, drei lustige Hamburger Jungs, die auf Ukulelen bekannte Gassenhauer von Metal- und Rockgrößen zum Besten geben. Nicht besonders raffiniert, alles einfach gehalten, reißt einen nich vom Hocker. Eine Spaßtruppe halt. Aber sie haben mit viel Charme und Drive Stimmung gemacht und ernteten begeisterten Applaus und Sprechchöre. So ließen sie sich zu exakt einer Zugabe hinreißen, und hier merkt man, dass sie wissen, wie das Publikum tickt: "Das Herz von St. Pauli" wurde dann auch frenetisch bejubelt.
Pause. Kurz ab zum Tresen, Flüssigkeit auffüllen, mit den Mitfahrern abgesprochen und aufs Klo. Dann im mittlerweile freier gewordenen Saal ab in die ersten Reihen. Das Warten zog sich ein bisschen hin. Ich war ein bisschen irritiert, dass die erste Reihe komplett aus kleinen, dünnen Mädchen bestand, die auch noch teilweise Flipflops trugen. Ich rechnete ab der ersten Sekunde mit Moshpit-Action und wunderte mich, wie lange die wohl überleben würden. Egal.
Um kurz vor zehn gingen Licht und Plattenbedudelung aus und das Tour-Intro von Platte mit Gelaber und Sirene setzte ein. Die Spannung war greifbar, und die Leute hatten richtig Bock.
Der Sprecher vom Band baute die Spannung schließlich immer weiter mit
"TONIGHT WE PARTY!
TONIGHT WE PARTY!"
Skandierungen auf, die das Publikum aufnahm und in Gebrüll umsetzte.
Und dann betraten sie die Bühne. Andrew, wie immer ganz in weiß. Daneben sein Bassist, ohne Instrument, als Unterstützung mit der zweiten Stimme am Gesang und Anheizer. Gesang und Keyboard hat er selbst gespielt, sonstige Musik war Playback-gesamplet. Mit Band nach Deutschland rüber war wohl zu teuer. Kackegal, das hat's nicht schlimmer gemacht. Ganz ehrlich ist Andrew W.K. ja auch ein Solo-Act.
Los ging's direkt mächtig mit "It's Time To Party!", und ich wurde nicht enttäuscht. Sofort legte der Moshpit los, und bis zum Ende des Konzerts hörte das Moshen auch nur zwischen den Songs zum Jubeln auf. Überraschenderweise waren die Girls vorne erstaunlich leidensfähig, und so oft sie auch schwere und große Typen in den Rücken bekamen, sie blieben doch stehen und beklagten sich nicht einmal. Im Gegenteil, guckten sie sich um, grinsten sie immer glückselig.
So war die Stimmung übrigens in der gesamten Halle. Niemand zog ein Gesicht oder blieb an seinem Platz stehen, alle feierten, alle grinsten, alle waren glücklich. Ich glaube, ich habe noch nie so einen positiven Menschen gesehen wie Andrew W.K. Sein "Double Thumbs Up" nach jedem Stück hatte schon fast etwas komisches an sich, aber man guckt einfach in sein Gesicht, sieht das Leuchten in seinen Augen und weiß: das ist keine Show hier, das macht er nicht für uns, das meint der ehrlich. Der ist so. Er freut sich wie Hulle über jeden Applaus und jedes Jubeln. Andrew ist sowieso einer, der die Fans ganz nah an sich ranlässt, Er klatscht die Leute ab, feiert mit, lässt sich anfassen, lässt die Leute in sein Mikro singen. Er genießt das Bad in der Menge. Nach ein paar Songs waren Andrews Klamotten wie üblich total durchgeschwitzt und dreckig, und auch die Leute verloren die Hemmungen und kamen zu ihm auf die Bühne. Er ließ es gern geschehen, niemand wurde zurechtgewiesen, keine Security vor Ort, alle haben einfach eine riesige Party geschmissen. Bühne voll. Die Bierduschen wurden im Konzertverlauf dann auch immer mehr und wurden wohl auch von allen mehr begrüßt (schön kühl), außer von einer dicken Frau, die ziemlich angepisst aussah. War auch die Einzige.
Vorne war die Luft schnell schlecht zu atmen und zum Schneiden dick, obwohl sich die kräftige Lüftungsanlage alle Mühe gab. Ein paar Mal mal musste ich nach hinten, kurz Wasser durch's Gesicht werfen, einen Schluck trinken und konnte dann wieder ins Getümmel.
Es war so geil, sogar mein Frauchen mischte ganz vorne mit. Sie war ebenso wie Libbelaah und ich TOTAL geplättet von dieser intensiven Erfahrung. So viel Mitsingen, so viel Moshen, so viel Publikumsinteraktion, so viel PARTY! Einmalig.
Natürlich kamen die meisten Songs von der "I Get Wet", die immer noch die stärkste Platte ist. "We Want Fun", "Take It Off" und "Get Ready To Die" durften ebenso wenig fehlen wie "Party Hard", "I Love NYC", "Fun Night" und der Titeltrack "I Get Wet". Bei "I Love NYC" hat Andrew wie gewohnt den Refrain ein wneig modifiziert und "I Love Reeperbahn" draus gemacht. Da bekam ich von Andrew dann auch das Mikro hingehalten, durfte es einmal reinbrüllen und bekam dafür ein "Daumen hoch" vom Meister. Er schien zufrieden.
Aber auch die reinen Instrumentaleinlagen hatten sich gewaschen. Scheinbar strategisch platziert, konnten die Leute in diesen Verschnaufpausen den Meister am Keyboard bewundern. Und da ist er über jeden Zweifel erhaben. Ein Monstrum an den Tasten. Geil. Die "Party Workout"-Einlage war zudem witzig und mitreißend.
Leider war der ganze Spuk nach einer knappen Stunde ohne Zugabe schon vorbei. Ist aber letztendlich auch gut so. Denn Künstler wie auch Publikum halten sowas wahrscheinlich nicht viel länger durch.
Die Halle leerte sich schnell, und heraus gingen nur glückliche Gesichter. Eine mächtige Party war gerade zu Ende gegangen.
Mit viel Adrenalin im Blut, einer gehörigen Portion Wehmut im Bauch und einer um den Faktor 100 vergrößerten Vorfreude auf Wacken kutschierte ich meine beiden Begleiter sicher nach Hause und fiel nachts um drei erschöpft ins Bett. Von dem Einlassstempel war schon lange nichts mehr zu sehen gewesen.
Abgeschwitzt nach wenigen Minuten.
Geilomat.