Sehr geehrte Veranstalter, Liebes Forum,
(Langer Text)
Ich habe mir jetzt lange überlegt, was ich dazu schreiben könnte. Erst einmal natürlich mein Mitgefühl für das, was Dir da passiert ist. Man sollte so eine Erfahrung auf gar keinen Fall machen müssen, und ich wünsche Dir alles Gute, dass Du das alles gut abschütteln und Dein Leben weiter genießen kannst. Deinen Peinigern wünsche ich, dass ihr Karma sie bumerangmäßig wegsenst.
Es wurde ja schon viel geschrieben, vor allem waren viele Ratschläge an Dich dabei, und auch einige Fragen. Da stellt sich natürlich die Frage, warum eine Dreizehnjährige crowdsurft und ob ihr denn niemand die Gefahren nähergebracht hat. Das ist zunächst mal völlig irrelevant, da es für eine erwachsene Frau genauso beschissen ist, begrapscht zu werden.
Wenn wir alle so eine super Community sind, dann müssen wir nicht die Leute über Gefahren aufklären, deren Opfer sie werden könnten. Wir müssen daran aktiv mitarbeiten, die Festivalumgebung sicherer zu machen!
Doch das geht nicht über Verbote.
Ein Crowdsurfingverbot würde die Opfer bestrafen (und nicht die Täter), und das Angrabschen in der Menge wäre nicht unterbunden. Ratschläge an die (potentiellen) Opfer finde ich ebenso unangebracht, denn damit sagt man eigentlich nur, dass sie sich falsch verhalten und dadurch eine Mitverantwortung an der eigenen Situation haben. Ziemlicher Bullshit.
Das Verbot einer bestimmten Band, mag man sie auch noch so wenig, ist auch nicht zielführend. Das Grabschen gab's schon vor Steel Panther, und lange nach ihnen würde es das vermutlich auch noch geben. Nein, lassen wir mal die Zensur zu Hause.
Letzten Endes müssen unser Ziel die Täter sein. Da muss ein Umdenken stattfinden. Es muss ein Aufbegehren der Aufrechten geben, die sich mal fragen, ob das so muss, dass die Kleine neben einem so belämmert guckt, wenn der Dicke hinter ihr sie anlangt. Die Umstehenden müssen die Initiative ergreifen, nachfragen und eine Ansage machen (wie der aufmerksame Secu, von dem die Rede war).
Es gibt Kampagnen, die in der Richtung aufklären wollen und die Männer gezielt ansprechen. Das Oktoberfest hatte da mal eine gute Aktion, die hieß "I frog Di". International gibt's auch mehrere gute Kampagnen, wie etwa
"This is not an invitation to rape me".
Es ist schwer, aus der eigenen Denke auszubrechen, dass das ja nunmal ein Festival sei, und wir alle Affen, und so weiter. Ja klar, das sind Tatsachen, aber die sind nicht unverrückbar. Ich fände das wirklich super, wenn man mal mit der victim blaming-Denke aufhören könnte und sich die zum Ziel aller Aufklärung und Prävention macht, die das Problem verursachen: uns Männer.
PS: mein erstes Mal Crowdsurfen beging ich als Mann dooferweise im Kilt. Zum Glück mit Boxershorts drunter. Als ich vorne ankam, hing mir mein Kilt als kümmerlicher Rest Fetzen um die Beine. Nur mal so.
Ja, als Mann bist Du dieser Gefahr auch ausgesetzt. Ich will Frauen damit aber nicht marginalisieren. Das ist nicht dasselbe, Männer nehmen es anders wahr, sie haben nicht dieselbe Wahrscheinlichkeit, einer Attacke zum Opfer zu fallen, etc.