Gut, spielen wir hier nach dem Erwachen aus dem Koma mal mit.
Pros
- Anreise: War so kurz wie nie zuvor. Gut, der erste Traffic Controller (höhö, Controller...) konnte weder Deutsch noch Englisch so richtig, wußte den Unterschied zwischen Campground und Camping only (nee, das liest sich falsch. Wie hieß der Platz für die Wohnwagen/-mobile?) nicht und Book of Spells hatter noch nie gehört gehabt. Aber gut, frei Schnauze den Schildern nach, kurz gewartet, bis ein Trupp Bayern (sie landeten dann neben uns) alles an Zelten und Pavillions nach offiziöser Ansage quer über den Ground schleuren mußte und dann mit viel Platz auf Y hingestellt. Kein richtiger Stau. Fast schade. Fast.
- Wo wir dabei sind, die Abreise: genauso gut. Bis zur Autobahn in Itzehoe nur zwei Mal beim Abbiegen gehalten, sonst durchgefahren.
Nur welcher Hirnbieber sich die einspurige Kontrollstelle auf der A23 ausgedacht hat, während wortwörtlich zehntausende Leute plus der normale Verkehr da lang wollen, das wüßte ich gerne. Kann aber natürlich das WOA nix dafür, das hat ein offizieller Denkspezialist verbrochen. So ein künstlich produzierter Stau ist vollkommen ungefährlich und absolut nicht haßerregend, mußte wissen.
- Sauberkeit: Ich habe das Wacken noch nie so sauber gesehen. Dixies, Spültoiletten, Duschen, selbst die dammich Wege waren fast schon glänzend. Hab einmal ein Trüppchen Müllsammler gesehen - anscheinend wurde dauerhaft gereinigt.
Am Samstag Abend ist dann bei den Duschen wohl bei einigen ihr Straßenstrichergen durchgebrochen. Leere Getränkedosen, Kippenstummel, ganze Batterien an Duschgelflaschen, Schlappen, sonstiger Müll, ein - allen Göttern sei gedankt - undefinierbarer dunkler Haufen Irgendwas - wohoo, wir brauchen die Duschen nicht mehr, macht sie nieder! Kann erneut das WOA nix dafür, aber ich wollte es mir mal von der Seele schreiben.
- Der Sound: ja, es gab einige Stellen, auf denen sich Bühnen überlagerten (eine sehr konzentrierte Stelle vor der Wackinger mit einer Lücke in den Freßbuden und bei dem Riesenbierzeltpilz zwischen Hauptbühnen und Louder fallen mir so ein). Ohne verdammt hohe Mauern läßt sich der Ton allerdings nur schlecht einsperren.
Aber ganz generell fand ich sowohl das Gesamtkonzept der Bühnenplatzierung wie auch - meistens - die Abmischung vor den Bühnen selbst gut. Falls was nicht klappte, wurde in ein, zwei Songs nachgeregelt.
- Ich bin letztes Jahr nicht aufs Gelände gekommen, so das mir da der Vergleich fehlt, aber das Cashless ist im Vergleich zum vorletzten Jahr besser geworden. Auch mit der Möglichkeit der schnellen Kontrolle in der App. Hätte ich vorletztes Jahr brauchen können. Und - Trinkgeld. Allerdings, guckst du Cons.
- Die Lichterketten entlang der Wege! Geil. Die Blinden werden sehend. Allerdings, guckst du Cons.
Neutral(isch)
- Die Preise. Alles ist teuerer. Ok, auch außerhalb von Wacken ist alles teuerer. Ich habe mich noch nicht entschieden, ob es mehr teurer geworden ist als wie draußen.
Nun ja. Wenn der Plan war, dadurch mehr Umsatz zu generieren...bei uns nicht so. Wir haben halt im Camp mehr vor-, zwischen- und nachgeglüht. Und nächstes Jahr wird mehr Proviant eingepackt.
Laßt mich die Diskussion abkürzen: Blabla, die Stände müssen auch alle irgendwie finanziell überleben und haben keine Wahl. Ja. Toll. Ich aber auch bzw. auch nicht. Isso.
- Die Secu. Äh - warum standen die da bezahlt in der Gegend rum? Die hätten bei dem laschen Abtasten - wenn denn überhaupt gefummelt wurde - nur was gefunden, wenn ich ihnen davon erzählt hätte.
Das Ergebnis sah man dann drinnen. Bengalos, gefühlt ganze Picknickgarnituren, Stangen (??? Wa...wa...warum?), X Leute mit Rucksäcken und ohne Pressekennzeichnung.... Aber im Wackinger mußte ein armes Schwein vor einem Verkaufsstand bei einem Hirschgeweih alle Spitzen mit Klopapier und Panzertape entschärfen. Okay.... Death by Hirschgeweih ist bestimmt auch schmerzhaft.
Ist für mich insofern neutral, weil ich ja was davon gehabt habe - einfach durchgehen und fettisch.
Cons
- Nochmal Trinkgeld: was genau war denn da das Konzept? Einige (die Krombacherstände zb.) konnten nur die 8%, andere (viele im Wackinger) konnten 8% oder eine frei einzugebende Zahl, einige (der Currywurststand bei den Bierzeltgarnituren rechts der Hauptbühnen etwa) durften gar kein Trinkgeld eingeben.
Man erlaube mir die elaborierte Frage: Häh?
- Kinder. Kontroverses Thema, ich weiß. Aber wenn da Halbmeterstöpsel und niedriger komplett ohne Gehörschutz übers Infield laufen, dann finde ich das schlicht kacke. Ja, ich könnte sagen, daß mir die Blagen genauso wenig bedeuten wie ihren Erzeugern. Bin aber kein Psychopath, hoffe ich zumindest. Und die Kinder können ja am wenigsten was für ihr Unglück. Niemand kann mir erzählen, das ein Kleinkind was im Leben davon hat, mal auf Wacken gewesen zu sein, während die Grundrechenarten noch in relativ weiter Zukunft liegen. Das ist doch reine Selbstbeweihräucherung für die Eltern. Oder sie haben keinen Babysitter gefunden und Wacken war wichtiger als die Trommelfelle der Lendenfrüchte.
Und dann kommt relativ kurz vor Festivalende die Mitteilung, das man doch bitte unter sechs Jahre alten Kinder nicht mitnehmen sollte. Humor hamse, die Orgas.
- Noch mal Er-, äh, Beleuchtung: Die Türme mit den Flakscheinwerfern. Wie jedes Jahr eine wahre Freude, geblendet ins Licht zu stolpern. Vorschlag: mehr Lichterketten, dafür weniger oder keine Retinalaser? Oder mal ein paar Tausend Lumen runter drehen?
- Sitzgelegenheiten. Ging doch 2022 auch. Ich habe öfters im Wasteland auf den Reifen gesessen und den Melodeien auf der Bühne gelauscht. Alles wieder weg, bzw. nicht wieder da.
Und dafür immer mehr Leute, die sie bräuchten. Ich, zum Beispiel, weil ich mir zu meiner berufsbedingten Arthrose auch noch die Blase aller Blasen gelaufen habe.
Aber genug von mir: das Festivalpublikum wird deutlich und deutlich sichtbar älter. Mit allen Wehwehchen, die das längere Nichtversterben so mit sich bringt. Dazu dann noch ein verblüffend großer Teil mit Rollatoren (die gibts mit Scheinwerfern!?! Geilo, ich werde als Rentner Rehe überollatoren!) oder Krücken, die bestimmt auch nicht so gut zu Fuß sind.
Das Sitze fehlten sah man meiner Meinung nach gut an der Auslastung der Vorhandenen: alles voll. Ab 13, 14 Uhr war ein Sitzplatz Glückssache.
- Die Karabiner der Faltflaschen. Bitte, bitte, BITTÄÄÄÄ gebt doch fuffzich Cent mehr aus. Drei von 14 haben bei meinem Trupp das erste Anklippsen an die Hose nicht überlebt! Die meisten anderen folgten. Oder kauft die Dinger und schmeist sie gleich in die Tonne - gleicher Effekt, aber man ärgert sich weniger und das Recycling ist einfacher.
- Die oft und zurecht gescholtenen PDF-Karten für Campground und Infield. Wie sehr muß man sich anstrengen, um sie dermaßen unleserlich zu bekommen? Bei des Heilands haarigen Klöten, es ist nicht so schwer, eine Vektorgraphik ansehnlich ins PDF zu rotzen. Wenn der WOA-PDF-Verbrecher glaubt, das einige MB mehr traffic das Internetz sprengen, dann macht drei Größen oder so. Alle werden die Großen ziehen, aber wenns fürs Gemüt hilft...
Resumse...Resemue...Res... Zusammenfassung
Alles in allem ein erfreulich schönes WOA. Einige neue Leute kennen gelernt, einige sehr schöne Acts gesehen und Eindrücke gehabt.
Im Vergleich mit anderen Festivals hat Wacken ein im groben und ganzen tolles Publikum und Orga (hach, Summer Breeze, never change...). Das Gemeckere hier ist daher auf einem verdammt hohen Niveau. Aber wie immer - werden Probleme nicht angesprochen, fühlen sie sich daheim und bleiben. Und schließlich ist die ständige Verbesserung ein hehres Ziel in sich und eine Konstante seit der Zeit der Menschwerdung, nicht wahr.