Binders Suspendierung aufgehoben
Offener Krieg gegen Uni-Führung
LINZ. Neun Monate nach seiner Suspendierung durch Rektor Rudolf Ardelt im März 2004 hat der Linzer Verwaltungsrechtler Bruno Binder wieder Oberwasser: Er fordert offen Ardelts Rücktritt.
Zur Erinnerung: Ardelt hatte Binder suspendiert, weil dieser in seiner früheren Funktion als Institutsvorstand für Jus-Fernunterricht seine Befugnisse überschritten habe. Er habe ohne Deckung durch die Uni-Organe ein Bürohaus adaptieren lassen und mit seiner eigenen Firma Geschäfte gemacht, für die im Fall von Verlusten die Uni hafte.
Binder konterte von Anfang an, er habe das Jus-Fernstudium als Vorzeigeprojekt mit 1700 Studenten zum Erfolg geführt. Die Konstruktion sei so gewählt, dass er persönlich mit keinem Cent profitiere und die Uni kein Risiko treffe.
Seit gestern, wenige Stunden vor dem feierlichen Uni-Ball im Brucknerhaus, kursiert ein Brief Binders, in dem er offen den Rücktritt der gesamten Uni-Führung um Ardelt fordert: "Die frei erfundenen Anschuldigungen gegen mich sind bereits gerichtlich und behördlich überprüft. Sie wurden allesamt entgegen den Erwartungen meiner Gegner schnell und rechtskräftig verworfen", schreibt Binder. Die Disziplinar-Oberkommission beim Bundeskanzleramt hob Binders Suspendierung schon am 9. September 2004 auf (GZ 64/8-DK/04), und die Berufungskommission stellte mit 19. November (GZ 115/19-BK/04) das Disziplinarverfahren ein.
"Der Rektor und seine Vizerektoren sind ... als Universitätsleitung untragbar", schreibt Binder jetzt: Sie würden versuchen, den Skandal mit dem Hinweis auf laufende Verfahren bei der Staatsanwaltschaft auszusitzen.
Privatklage gegen Führung
Binder seinerseits hat gegen die gesamte Uni-Führung wegen übler Nachrede und Rufschädigung geklagt: Rektor Ardelt, Herbert Kalb, Günther Pilz, Friedrich Schneider und Franz Wurm finden sich in der Auflistung wieder, ebenso die Leiterin der Rechtsabteilung Ulla Oberbauer-Oberparleitner.
"Das ist keine Kleinigkeit", musste sich Ardelt nach Erhalt des Binder-Briefes gestern hörbar erst vom Schock erholen: Das Schreiben sei an 1800 Personen gegangen. Es enthalte "eine Reihe von falschen Darstellungen": So sei das Disziplinarverfahren lediglich aus formalen Gründen eingestellt, weder Ministerium noch Justiz hätten über die Vorwürfe gegen Binder bis heute inhaltlich entschieden. "Die Verfahren laufen, aber wir haben jetzt erstmals die Möglichkeit, den Fall ohne Konflikt mit der Amtsverschwiegenheit eingehend zu diskutieren", sagt Ardelt. Er behalte sich Schritte gegen Binder vor. Ein Enthebungsverfahren gegen ihn selbst könne nur der Senat einleiten, doch er sehe seine Position nicht gefährdet.
Die Staatsanwaltschaft Linz erklärt zum Verfahren gegen Binder selbst, es gebe noch keine Erhebungsergebnisse und es hätten keine Einvernahmen beim Untersuchungsrichter stattgefunden. Man habe erst das Disziplinarverfahren abgewartet. Die gerichtliche Vorerhebung könne etwa im Frühjahr 2005 abgeschlossen werden und noch sei überhaupt nicht absehbar, ob ein strafbares Verhalten vorliege.
Etwas abweichend davon die Auskunft der Linzer Kriminalpolizei: Man habe im Auftrag des Untersuchungsrichters ermittelt und die Ergebnisse Mitte Oktober dem Gericht zur Verfügung gestellt. Neue Erhebungsaufträge seien nicht eingegangen.
Ministerium: "Keine Freude"
"Freude bereitet uns das nicht, aber in der gegenwärtigen Phase haben wir keine Kompetenz um einzuschreiten", bedauert im Wissenschaftsministerium Sektionschef Sigurd Höllinger: Einschreiten könne man erst, wenn zum Beispiel im Rechnungsabschluss 2004 der Uni Linz eine Schädigung belegbar werde.
"Derzeit beschränken wir uns auf wechselseitig gutes Zureden und hoffen noch, dass man zu einer Lösung findet, die weder der Universität noch Professor Binder Schaden zufügt", sagt Höllinger. Für alles Weitere seien wieder die weisungsfreien Disziplinarkommissionen zuständig, da es sich bei den Beteiligten um Bundesbeamte handle.