Venezuela nach Nuklear-Diebstahl im Ausnahmezustand
Die Regierung Venezuelas hat nach dem Diebstahl eines Lastwagens mit radioaktivem Material den Ausnahmezustand ausgerufen. Das entwendete Iridium-192 ist hoch gefährlich und schlimmstenfalls für den Bau einer sogenannten "schmutzigen Bombe" zu verwenden.
Caracas - "Wir haben auf nationaler und regionaler Ebene einen Ausnahmezustand", berichtete Zivilschutz-Leiter Antonio Rivero. Es sei ein Lkw gestohlen worden, der eine Kapsel mit hoch radioaktivem Material an Bord gehabt habe. Derzeit werde landesweit nach der Kapsel gesucht.
Ein leitender Mitarbeiter des Energieministeriums rief im Fernsehen die Diebe zur Rückgabe des gefährlichen Diebesguts auf. Von der Kapsel gehe eine potentiell tödliche Gefahr aus, erklärte er. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, die Behörden zu informieren, falls jemand das radioaktive Material finde. Er wollte nicht ausschließen, dass es die Diebe lediglich auf den Lkw als Beute abgesehen hatten.
Die Kapsel enthält den Angaben zufolge Iridium-192 mit einer starken Gamma-Strahlung. Es ist ein Metall von hoher Dichte und hat eine Halbwertszeit von knapp 74 Tagen, während der es zu Osmium-192 und Platin-192 zerfällt und dabei radioaktive Beta- und Gammastrahlung freisetzt. Iridium-192 wird in der Industrie zur Prüfung von Metallen und in der Krebsmedizin für Bestrahlungen eingesetzt. Das silbrig-weiße Metall kommt meist in der Form von massiven Stäben oder Kügelchen vor.
Gefährlich ist Iridium-192 insbesondere durch seine Gammastrahlung. Kurzfristig kann es Verbrennungen und akute Strahlenkrankheit auslösen und damit auch zum Tod führen. Langfristig steigert die Strahlenbelastung das Krebsrisiko.
Iridium-192 gehört neben Materialien wie Kobalt-6, Strontium-90 und Cäsium-137 zu den radioaktiven Stoffen, die in der Strahlentherapie, in Röntgengeräten, in industriellen Bestrahlungsgeräten und in Wärmekraftaggregaten verwendet werden. Experten warnen seit Jahren vor der Gefahr, dass diese Substanzen von Terroristen für eine "schmutzige" Bombe verwendet werden könnten. Ihre Beschaffung gilt im Unterschied zu waffenfähigem Uran oder Plutonium als vergleichsweise leicht, da die Sicherheitsbestimmungen oft lückenhaft sind oder nachlässig gehandhabt werden.
Mitunter wurden Behälter mit Cäsium-137 oder Iridium-192 bereits auf Schrottplätzen gefunden. Als Beispiel für die potentiell katastrophalen Auswirkungen einer Freisetzung solcher Materialien gilt ein schwerer Unfall in der brasilianischen Stadt Goiânia im September 1987. Einbrecher hatten aus einem leerstehenden Krankenhaus einen Behälter mit Cäsiumchlorid gestohlen und mehrere Menschen mit dem blau leuchtenden Metall in Kontakt gebracht. Vier von ihnen starben, zehn mussten medizinisch behandelt werden, weitere 244 Menschen wurden leicht verstrahlt. Rund 100.000 Einwohner Goiânias wurden auf radioaktive Kontaminierung untersucht.
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