Dann mal weiter:
Nächster Tag, strahlend blauer Himmel. Also auf zur längsten Tour meines Urlaubes, es warteten 190km und 4700 Höhenmeter auf mich, außerdem als Höchster Punkt die Cime de la Bonette mit 2803m Höhe.
Zuerst gings noch mal den Col de la Cayolle (2326m) hoch, diesmal aber von Norden. Und im Gegensatz zum Vortag auch bei Sonnenschein. Wow, also das hat sich vollkommen gelohnt den nochmal zu fahren. Diese Schlucht, die Felswände türmen sich hunderte Meter direkt über mir auf, einfach spektakulär. Da waren die 30km bis zur Passhöhe kein einziges Mal langweilig. Oben diesmal gute Aussicht und auch recht viel los. Wunderte bei dem Wetter auch nicht. Nach kleiner Stärkung in die Abfahrt gestürzt, im unteren Teil dann wieder mal ne Baustelle und irgendwelches schwarze Teerzeugs sprizte immer wieder mal hoch, richtig fieser Dreck, fast nicht mehr wegzukriegen. Unten in Guillaumes gerade noch rechtzeitig vor der Mittagspause des Supermarktes angekommen und nochmal aufgetankt bevor es sofort wieder in den nächsten Pass ging, den Col de Valberg (1673m). Ich wählte die 1km längere Alternativstrecke, die landschaftlich wesentlich reizvoller ist und außerdem verkehrsärmer. Zu Beginn gabs wieder mal ne Baustelle, ansonsten wars schön fahren, es war etwas heiß, aber teilweise im Wald. Es gab schöne Felsformationen zu sehen, oben dann wieder mal ein total hässlicher Retortenskiort, nicht mal ein Passschild gabs dort. Ich hab nur zugesehen, dass ich so schnell wie möglich weiterfahre, es gab echt nix wofür man hier anhalten sollte. Es ging in eine kurze Abfahrt (nur 7km und 220Hm runter) und dann sofort auf den Col de la Couillole (1678m). Diese Auffahrt war auch sehr kurz und flach (wie die vorige Abfahrt). Auf der Passhöhe noch mal ne kurze Pause gemacht und dann in die rasante Abfahrt gestürzt. Eine schmale Straße, am Rand eine 30cm hohe Steinmauer mit Unterbrechungen und dann gehts senkrecht mehr als 100m in den Abgrund runter. Da darf kein Fahrfehler passieren, wenn ich da samt Rad runterfalle findet mich nämlich erstmal niemand. Es war ja die ganze Zeit schon recht warm, aber plötzlich ging das wie gegen ne Wand. Urplötzlich eine Hitze und schwül. Immerhin isses in der Abfahrt ja noch ned so schlimm.
Unten angekommen hatte ich den tiefsten Punkt der Tour auf nicht mal mehr 500m Höhe erreicht. Von hier aus begann dann der Anstieg zur Cime de la Bonette auf 2803m, also etwas mehr als 2300 Höhenmeter am Stück langen vor mir und es war sengend schwülheiß. OK, das Tal runter wärens ja auch nur noch ca. 60km bis Nizza, da wundert so ein Wetter nicht wirklich. Die nächsten Kilometer gings erstmal gemächlich das Tal hoch, dazu auch noch Rückenwind. Im nächsten Kaff (Isola) wollte ich was zu Essen kaufen, aber der Supermarkt hatte noch Mittagspause. Wenigstens gabs nen Brunnen und ich konnte meine Flaschen mit frischem Wasser füllen. Der Supermarkt in St. Etienne de Tinée hatte dann geöffnet. Hier nochmal gestärkt, bevor es dann wirklich in den nennenswerten Anstieg zur Bonnette ging (hier war streckenmäßig die Hälfte der insgesamt 50km langen Auffahrt geschafft, aber erst ca. 650Hm). Zunächst ging es recht kurvenarm den Fluss entlang, dann einige Serpentinen, anschließend ging es durch eine Militärbefestigung, das Camp des Fourches und wenig später ist das Ziel schon zu erkennen. Aber bis dorthin sind noch mehr als 7km zu fahren. Ich bin schon etwas müde, bekomme langsam Hunger und es gibt immer wieder mal kurze steilere Stücke mit über 10%. "Aber da drüben ist ja das Ziel, is doch nimmer weit" versuche ich mich zu motivieren. Noch 6,5km. Der Hunger wird größer, ich habe das Ziel immer noch fest im Blick. Das geht noch, ich mag jetzt keine Pause machen! Noch 6km, eines der kurzen steileren Stücke. Bis oben bin ich sicher noch deutlich über ne halbe Stunde unterwegs. Nee, der Hunger ist zu groß, ich kann das süße Zeugs zwar nimmer essen, aber ich hab nix Anderes. Eigentlich wollte ich bis oben durchfahren, aber es geht jetzt ned anders. Ich halte mitten in der Steigung am Straßenrand an und schiebe mir noch ein Stück Kuchen rein. Nen paar Schluck Wasser dazu, dann rutscht es auch schnell runter. OK, weiter gehts, Meter für Meter nähere ich mich dem Ziel. Noch ca. 3,5km und vor mir rennt ein Murmeltier über die Straße
Und dann ging es recht gut bis zum Col de la Bonette. Hier könnte man schon in die Abfahrt, aber das wäre ja langweilig, dann wäre man ja ned alles gefahren, und die letzten knapp 100 Höhenmeter auf über 2800m Höhe würden ja fehlen. Also weiter wie geplant in die Ringstraße um den Berg. Ist ja nur noch ca. 1km bis hoch. Aber die wurden nochmal richtig steil. Mit bis zu 14% wurde es hier steiler als alles was ich bisher auf diesem Anstieg hatte. Die Luft in dieser Höhe ist dünn, ich müde, meine letzten Kräfte wurden gefordert. Immerhin schaffte ich es ohne Schlangenlinien hoch zu fahren.
Ich fuhr am absoluten Limit, aber dann ist es geschafft, ich bin oben! Und was für ein toller Ausblick! Weit unten ist der nicht mal 1000m Luftlinie entfernte Col de la Moutière (2454m) mit zugehöriger Straße zu sehen. Hier traf ich auch nochmal einen Fotografen, dem ich den Aufstieg über immer wieder begegnet bin. Sein Angebot mit meiner Kamera ein Foto von mir zu machen nahm ich natürlich dankend an. Die letzten 30km der Tour gingen dann nur noch bergab.
Hier war auch wieder Vorsicht angesagt, denn stellenweise war der Asphalt sehr holprig.
Den darauf folgenden Tag gings dann mit dem Auto weiter in Richtung Le Bourg d'Oisans um einen Tag später die Bergankunft der Tour de France in Alpe d'Huez live vor Ort anzugucken. Unterwegs bin ich am Lac de Serre-Ponçon vorbei gekommen. Die Straße ging durch einen ehemaligen Eisenbahntunnel, an einer Stelle war die in den Abgrund gerutscht, dann gab es auch schöne Ausblicke auf den See und es ging an der Felsformation Demoiselles Coiffées vorbei. Es gab also einiges zu sehen.
In Le Bourg d'Oisans waren dann schon alle Campingplätze belegt. Hab aber dann wenige Kilometer weiter in Allemont am Fuße des Col de la Croix de Fer noch nen Platz auf nem schönen Zeltplatz bekommen.
Fortsetzung folgt...