Materazzi stellt sich dumm
Der italienische Verteidiger Marco Materazzi hat Vorwürfe zurückgewiesen, wonach er Frankreichs Kapitän Zinedine Zidane im Endspiel der Fußball-WM als "dreckiger Terrorist" beschimpft haben soll.
"Das ist absolut nicht wahr", sagte Materazzi beim Empfang der italienischen Mannschaft in Rom am Montagabend. "Ich habe ihn nicht einen Terroristen genannt. Ich bin ein Ignorant. Ich weiß nicht mal, was das Wort bedeutet." Er fügte hinzu, dass die ganze Welt doch live im Fernsehen gesehen habe, was passiert sei.
Richtig, die ganze Welt hat es gesehen: Zidane hatte nach einem Wortgefecht mit Materazzi den Italiener in der Verlängerung des WM-Finales mit einem Kopfstoß zu Boden gerammt und war daraufhin vom Platz gestellt worden. Aber auch dies war zu sehen: Ganz offensichtlich war der Kopfstoß durch Verbalattacken von Materazzi provoziert worden.
Die französischen Zeitungen zeigten sich tags darauf fassungslos: "Wie konnte das einem Mann wie dir nur passieren?", fragte die Sport-Zeitung "L'Equipe". In Italien wird derweil gejubelt. "Italien - phantastisch! Die Welt gehört uns", schreibt etwa die "Gazzetta dello Sport". Die Frage, ob die azurblauen Schwalben den Gewinn der Weltmeisterschaft vielleicht nur einer Beleidigung zu verdanken haben, wird nicht gestellt.
Zidane hüllt sich vorerst in Schweigen. "Er sagte mir nur, dass Materazzi etwas sehr Ernstes zu ihm gesagt hat, er es mir aber nicht erzählen wolle. Er wird in den nächsten Tagen darüber sprechen", erklärte sein Agent Alain Migliaccio dem britischen Fernsehsender BBC. Normalerweise sei sein Klient ein Mann, an dem derartiges abpralle. "Aber Sonntagabend ist etwas in ihm explodiert. Er ist sehr enttäuscht. Er wollte nicht, dass seine Karriere so zu Ende geht."
Lippenleser enthüllen Rätsel
Medien und Fans hatten spekuliert, dass Zidane durch Beleidigungen von Materazzi provoziert worden war. Die Anti-Rassismus-Organisation SOS Racisme mit Sitz in Paris erklärte, ihr lägen Informationen aus gut informierten Kreisen vor, die darauf hindeuteten, dass Materazzi Zidane als einen "dreckigen Terroristen" beschimpft habe. Zidane ist Sohn algerischer Einwanderer.
Brasiliens führende Fernsehanstalt Globo holte sogar Lippenleser zu Hilfe. Demnach soll der Italiener Zidanes Schwester zweimal als Prostituierte bezeichnet und den Franzosen dann mit einem sehr derben Wort beschimpft haben.
Die Lippenleser von Globo hatten sich schon in der Gruppenphase der WM hervorgetan, als sie im TV-Magazin "Fantastico" die Worte von Brasiliens Trainer Carlos Alberto Parreira gedeutet hatten. Parreira hatte das als Eindringen in seine Privatsphäre bezeichnet.