Hymne soll frauenfreundlicher werden
Geht es nach Frauenministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP), soll die Bundeshymne künftig frauenfreundlicher werden. Neben den "großen Söhnen" sollen auch die "großen Töchter" vorkommen.
"Frauenpolitik ist auch Sprachpolitik"
Aus Kreisen der ÖVP hieß es dazu am Montag, der Vorschlag müsse erst dem Koalitionspartner BZÖ gezeigt werden.
Im "Kurier" sagt Rauch-Kallat: "Frauenpolitik ist auch Sprachpolitik und Bewusstseinsbildung. Im Fall der Bundeshymne passiert eine Diskriminierung. Wenn von Söhnen die Rede ist, dann soll auch von Töchtern die Rede sein. Die Bundeshymne ist eine Sache der Identität jeder Österreicherin und jedes Österreichers."
Verlag betont Rechte der Dichterin
Auch was mögliche Probleme mit dem Verlag betrifft, habe man mit Fritz Molden, dem Sohn von Paula von Preradovic (1887-1951), bereits gesprochen. So habe Molden sein Einverständnis zu einer Abänderung gegeben. Außerdem sei der Text Eigentum der Republik.
"Jede textliche Veränderung der Bundeshymne ist ein Eingriff in das Persönlichkeitsurheberrecht und stellt eine genehmigungspflichtige Bearbeitung dieses Textes dar. Sie ist daher ohne Genehmigung des Verlages nicht möglich", hatte der Verlag argumentiert.
Die Hymne ist 58 Jahre alt, also zwei Jahre jünger als die Zweite Republik. Am 25. Februar 1947 wurde der Text zur Melodie der Freimaurerkantate aus dem Jahr 1791, die lange Zeit Wolfgang Amadeus Mozart zugeschrieben wurde, per Ministerratsbeschluss zur "Volkshymne" erklärt. Die Bezeichnung "Bundeshymne" bürgerte sich erst später ein.
58 Jahre "Land der Berge"
"Heimat großer Töchter, Söhne"
Konkret soll es in der Hymne mit der Mozart-Musik statt "Heimat bist Du großer Söhne" künftig "Heimat großer Töchter, Söhne" heißen. Und statt "Einig lass in Brüderchören, Vaterland Dir Treue schwören" soll gesungen werden: "Einig lass in freud'gen Chören, Heimatland Dir Treue schwören".
Der neue Text
Land der Berge, Land am Strome
Land der Äcker, Land der Dome,
Land der Hämmer, zukunftsreich.
Heimat großer Töchter, Söhne,
(alt: Heimat bist du großer Söhne)
Volk, begnadet für das Schöne,
viel gerühmtes Österreich!
Heiß umfehdet, wild umstritten,
liegst dem Erdteil du inmitten,
einem starken Herzen gleich.
Hast seit frühen Ahnentagen
hoher Sendung Last getragen,
viel geprüftes Österreich!
Mutig in die neuen Zeiten
frei und gläubig sieh uns schreiten,
arbeitsfroh und hoffnungsreich.
Einig lass in freud'gen Chören,
(alt: Einig lass in Brüderchören)
Heimatland, dir Treue schwören,
(alt: Vaterland, dir Treue schwören)
viel geliebtes Österreich!
Ministerinnen sollen Vorschlag erarbeiten
Die sechs Ministerinnen der schwarz-orangen Regierung sollen einen konsensfähigen Textvorschlag erarbeiten, sagte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP).
Der Textvorschlag der Ministerinnen soll laut Schüssel rund um den Nationalfeiertag vorliegen und dann beschlossen werden. Allfällige Copyright-Probleme sind für Schüssel Sache der Ministerinnen.
Auch inhaltlich äußerte sich Schüssel zum bereits vorliegenden Textentwurf von Rauch-Kallat nicht: "In die Sache mischen wir uns nicht ein, das haben wir vertrauensvoll an die Ministerinnen delegiert."
ÖVP: "Neuer Bibeltext auch anders"
Zumindest auf ÖVP-Seite könnte man mit dem Rauch-Kallat-Vorschlag aber offenbar durchaus leben. Wenn die Sprache sich verändere, könne man auch die Hymne ändern, sagte etwa Innenministerin Liese Prokop. "Ein alter Bibeltext und ein neuer Bibeltext sind auch anders", so die Ministerin.
Zurückhaltend kommentierte auch Nationalratspräsident Andreas Khol (ÖVP) den Vorschlag. Man solle das Thema "sorgfältig diskutieren", dann werde man sehen, "ob die Forderung Sitz im Leben hat", sagte Khol.
Wenn sich Unterstützung für den Vorschlag finde, dann klammere er sich nicht an Worte, sagte Khol. Zusatz: Das Andreas-Hofer-Lied lasse er jedenfalls nicht ändern, so der gebürtige Tiroler.
BZÖ: "Sinnlos" und "schwachsinnig"
BZÖ-Generalsekretär Uwe Scheuch lehnte das Vorhaben ab. Er bezeichnete die Diskussion wörtlich als "sinnlos" und "schwachsinnig".
Vizekanzler Hubert Gorbach (BZÖ) und Sozialministerin Ursula Haubner (BZÖ) zeigten sich im Gegensatz zu ihrem Parteikollegen Scheuch zu dem Vorstoß nicht ganz ablehnend. Gorbach sagte, eine Neufassung der Hymne sei für das BZÖ nicht "Causa Prima". Aber "ich gehe davon aus, dass sich das BZÖ hier nicht verwehren wird".
Sportstaatssekretär Karl Schweitzer sagte, erstens passe der neue Text nicht zur Melodie ("das geht so nicht"), außerdem sei er mit der derzeitigen Hymne "sehr zufrieden". Und: "Wenn das die Sorgen der Republik sind, dann geht's uns recht gut."
FPÖ: "Ins Absurde führend"
Als "ins Absurde" führend hat FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache Rauch-Kallats Plan: Dann stehe am nächsten Theaterspielplan "Der/Die Bauer/Bäuerin als MillionärIn", "Der/Die ZigeunerInnenbaronIn" oder "Die/Der lustige Witwe/r".
Strache forderte die Regierung auf, anstelle symbolischer Akte die konkrete Lebenssituation der Frauen zu verbessern.
SPÖ: Alleingang "inakzeptabel"
Die Zweite Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) hingegen begrüßte den Vorstoß. Die ÖVP gebe "nach jahrzehntelanger Blockade endlich ihre verweigernde Haltung zur textlichen Änderung der österreichischen Bundeshymne und die Einbindung der Frauen auf".
Rauch-Kallats Vorgangsweise mit einem Alleingang sei aber "absolut inakzeptabel", gefragt sei eine Vierparteienentscheidung. Denn: "Die Bundeshymne gehört nicht nur Schwarz-Blau."
Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) sprach sich für einen künstlerischen Wettbewerb aus.
Grüne: "Reichlich spät"
"Gut, wenn auch reichlich spät", sagte die Frauensprecherin der Grünen, Brigid Weinzinger. Die von der Ministerin jetzt eingebrachten Vorschläge kämen schon seit Jahren aus der Frauenbewegung".
Jetzt müsse die Ministerin Taten setzen, so Weinzinger.