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EKELSTREICH AN US-SCHULE
Sperma als Salatsoße
Der 17-Jährige hatte seinen Abschluss in der Tasche. Alle Nadeln an der Tanne hatte er wohl nicht. Inspiriert durch einen Film verübte der US-Schüler einen schäbigen Schabernack, danach schmeckte die Salatsoße irgendwie anders als sonst. Jetzt erhielt er seine Strafe.
Marco Castro hatte ein Vorbild. Und eine Gelegenheit. Sein großes Vorbild war Johnny Knoxville, bekannt durch die "Jackass"-Serie und die Filme, in denen ein Jackass-Darsteller beispielsweise Erbrochenes zunächst als Omelett brät - und anschließend verspeist. Die Gelegenheit für den einmalig widerlichen Streich ergab sich am 6. Dezember letzten Jahres.
Am Nikolaustag stibitzte Castro eine Flasche Dressing aus der Schulkantine und verschwand mit ihr in der Klokabine. Dort ejakulierte er in den Behälter - und brachte ihn unbemerkt an seinen Platz neben all den anderen Salatsoßen und Gewürzen in den Speiseraum zurück. Mehr als zwei Tage und sechs Pausen vergingen, bis die Flasche aus dem Verkehr gezogen wurde. Mindestens zwei Schüler hatten in der Zwischenzeit ihre Rohkost nichtsahnend mit dem Dressing übergossen.
So trug es sich zu an der Wheaton North High School. Der Vorfall in einem Vorort von Chicago im US-Bundesstaat Illinois wurde landesweit bekannt als "salad dressing incident". Ein halbes Jahr später wurde der 17-Jährige am Donnerstag vom zuständigen Richter verurteilt: eine Geldstrafe von 750 Dollar und 120 Sozialstunden, dazu eine zweijährige Bewährungsstrafe. Außerdem soll er sich in einem Brief bei seinen Mitschülern, deren Eltern und Lehrern für seine Entgleisung entschuldigen.
"Ich werde die Dinge beim Namen nennen"
Die war zunächst unentdeckt geblieben. Erst zwei Tage später waren Mitschüler zum Direktor gegangen. Vier Tage später gestand Castro und wurde von der Polizei wegen versuchter Körperverletzung festgenommen. Die Ermittler sprachen zunächst nur davon, dass "es einen Vorfall gab, der die Schüler hätte schädigen können", wollten aber dem Sender "CBS2" zufolge nicht, dass die lokalen Medien über den Fall berichten: Die Eltern sollten durch einen Brief des Direktors, nicht durch die Zeitung von dem "Vorfall" erfahren.
Doch an der Wheaton North High wusste eh schon jeder Bescheid - dafür brauchte es nicht den Brief der Schulleiterin Jill Bullo, der sich alle Mühe gab, den ekligen Streich in weniger eklige Worte zu fassen.
In ihrem Schreiben vom 14. Dezember heißt es: "Vor kurzem hat sich an der Wheaton North High School ein sehr außergewöhnlicher und abstoßender Vorfall ereignet. Da es keinen taktvollen Weg gibt, Ihnen diese Informationen zu übermitteln, werde ich die Dinge beim Namen nennen." Es folgt die detaillierte Beschreibung dessen, was sich Anfang Dezember ereignete, sowie eine Auflistung der Maßnahmen der Schulleitung.
Denn Castros Schabernack berge auch Gefahren, betonte Bullo. Die Gesundheitsbehörde wurde informiert, um festzustellen, welche Risiken von dem verunreinigten Dressing ausgingen. In ihrem Brief schreibt Direktorin Jill Bullo dazu: "Obwohl uns die Gesundheitsbehörde darauf aufmerksam gemacht hat, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass Krankheitserreger in einem solchen Umfeld überleben können, hat das Amt empfohlen, dass der betreffende Schüler im Hinblick auf sexuell übertragbare Krankheiten untersucht wird."
"Ich habe mich sehr schlecht gefühlt"
Kurz vor Weihnachten kam dann die Entwarnung, wieder per Brief und wieder von der Direktorin. "Wir freuen uns, ihnen mitteilen zu können, dass für die Schüler, die das Dressing in der Kantine zu sich genommen haben, keine weitere medizinische Untersuchung notwendig ist", schrieb Bullo laut dem Sender "CBS2". Die anfängliche Befürchtung, Mädchen und Jungen könnten sich durch das Dressing mit dem HI-Virus infiziert haben, bestätigte sich nicht.
Auch wenn der Vorfall für die Schüler der Wheaton North High keine schlimmen Konsequenzen hatte, folgten sie für Castro umgehend: Er wurde der Schule verwiesen - obwohl er bereits ausreichend Punkte für seinen Abschluss gesammelt hatte. Vor Gericht entschuldigte er sich gestern für den Scherz mit dem bitteren Nachgeschmack: "Ich habe keine Erklärung für das, was ich getan habe. Ich habe mich danach sehr schlecht gefühlt."
Die Schule hat ihrerseits die Konsequenzen aus dem Fall gezogen. Um sicherzustellen, dass die Schüler künftig keine Gelegenheit mehr haben, ähnliche Streiche zu verüben, gibt es das Dressing an der Wheaton High künftig nur noch sicher verpackt: als Einmalportion oder in großen, nicht tragbaren Kanistern.
han/AP