*unterschreib*
Bestes Statement zu dem ganzen!
Ich bin ja elendsfroh, dass sich wenigstens ein paar Leute hier nicht vor den Karren der allgemeinen Hetzjagd spannen lassen. Wenn ich solche Dinger lese wie Metalfans seien die neuen Juden, Nazi dürften ja auch Anwälte werden und andere Lehrer, die Nazis, Hardcore-wasweißich sind dürften ja auch unterrichten. Mal ganz ab davon, dass so eine "Argumentation" absolut unwürdig ist, so erschreckt mich die Existenz der bloßen Menge dieser dünngeistigen Aussagen in diesem Thread. In seiner Gesamtheit gesehen gereicht das ganze Dingen hier einer beliebigen extremistischen Hetzkampgne, in der Plattitüden, Vorurteile und Pauschalisierungen in jedweder beliebiger Form zur Rechtfertigung der nächsten Idiotie herangezogen werden.
Mal ganz nebenbei so am Rande bemerkt - merkt eigentlich jemand, dass man durch dieses Verwenden der "aber andere doofe Leute dürfen ja auch"-Argumentation den Ursprung dieses Threads (das Berufsverbot des angehenden Lehrers) erst recht in diese Richtung schiebt? Die Rechtfertigung einer Berufsausübung dieses Lehrers hier über das Vorhandensein anderer Fehltritte in unserer Gesellschaft macht nichts anderes, als dieses Verhalten selber als Fehltritt zu betiteln, welcher ein Recht auf bloße Existenz hat, weils ja auch andere Verfehlungen gibt - und wenn schon, dann soll sich bitte jeder wie eine offene Hose benehmen dürfen. Unglaublich.
Mag sein, dass nun ganz viele Leute nur Nazis als Lehrer hatten oder verbohrte Religionsfanatiker - ich scheine da eine absolute Ausnahme zu sein. Bei mir gabs vielleicht 1-3 Lehrer in meiner Schulzeit, die sicher vieles gedurft hätten, aber nicht Lehrer werden. Klare Verfehlung des Schulsystems, ohne Zweifel. Dafür gab es geschätzte 30-50 Lehrer, die "normale" Menschen waren, ihren Job mal mehr mal weniger gut gemacht haben, aber letztlich sicher irgendwie geeignet waren als Lehrer.
Jetzt gibt es einen Fall, in dem das Schulsystem erkennt, dass ein Mensch eine Vorliebe hat, die man für gefährlich im Rahmen der Schülererziehung hält (wie es sicher hier kein Einzelfall sein wird - alles andere zu glauben grenzt fast schon an Paranoia) und zieht entsprechende Konsequenzen. Wenn es genug bedenkliche Entscheidungen gibt, so ist kaum eine so nachvollziehbar wie diese hier.
Gurrath hat sich bewusst dafür entschieden, zu provozieren, Titten und Blut sind die Stilmittel Nummer 1 und dies tut er nicht im stillen Kämmerlein, indem er sich nen Kopfhörer aufsetzt, nein - er veröffentlicht Videos, veranstaltet Gigs und Material zu seinem "Hobby" gibt es genug. Jetzt kommt ein doch total differenzierungsfähiger Teil der Metalgemeinde her und schreit entsetzt auf. SKANDAL! Der arme Mensch und sein Hobby, ich höre doch auch Metal. Ja, kann sein... ich höre auch Metal... aber ich trete nicht in Splatterfilmen auf, veröffentliche diese nicht unter meinem Namen und zeige mich mit bewusst provokativer Absicht in blutverschmiertem Tittenmillieu in der Öffentlichkeit.
Die anderen sollen nun auf einmal differenzieren können? Dieser Ruf kommt von Leuten, die sich in einer teilweise extremen Gemeinschaft bewegen, die oft genug selber nicht in der Lage ist, ihre Ausprägungen differenziert zu betrachten? Ich soll von Eltern, Behörden und zu guter Letzt von 10-18 jährigen pubertierenden Kindern erwarten, dass sie diese Thematik differenziert betrachten können? Ach ja - Kröten haben ja genug Material auf ihren Handys - na wunderbar, schnell nochn Splatter mehr dazu geladen, vor allem dann total cool und deli, wenns vom eigenen Lehrer ist.
Ich und viele von Euch kennen den Metalbereich seit Jahren, können sicher mittlerweile vieles abschätzen und differenziert betrachten, aber eben mit dieser "Erkenntnis" kommt die nächste Anforderung - selber wieder von hier aus differenzieren zu können, was die Leute wie sehen, die eben NICHT mit dieser Metalszene vertraut sind. Und die nehmen nach außen hin (also in diesem speziellen Fall) nur eines wahr: Gewalt und Pornographie. Und nein, ich kann eben nicht von der allgemeinen Gesellschaft erwarten, dass sie die hintergründigen Motive derartiger Provokationen erfasst und versteht und dementsprechend gut damit umgehen kann. Sonst wären es ja auch keine Provokationen mehr.
Genau aus diesem Aspekt heraus kann ich nur immer wieder feststellen - was ist daran so schwierig, nach A entsprechend auch B zu sagen? Ich will provozieren? Die Gesellschaft schocken? Halte ihr Gewalt und Blut vor Augen und bin dann beleidigt, wenn diese Gesellschaft mir sagt: "Junge, Du machst sicher viel, aber nicht unsere Kröten erziehen". Da ist es im Grunde genommen nur konsequent, mit seiner Entscheidung zu leben, zu provozieren, aber auch die Konsequenzen zu tragen.
Eigentlich ist das Angebot der Schulbehörde im Kern genau richtig - lass die Provokationen und Du bekommst Deine Gelegenheit, unsere Kinder zu erziehen oder propagiere weiter Gewalt (im Auge der öffentlichen Wahrnehmung), aber dann erziehe auch nicht unsere Kinder.
Letzten Endes ist das Angebot der Schulbehörde hier in diesem speziellen Fall genau richtig - jeder muss seine Entscheidungen treffen und mit den Konsequenzen leben. Lässt er seine bisherige Darstellung in der ÖFFENTLICHKEIT bleiben, dann kann man sich wieder zusammensetzen, entscheidet er sich weiter für den Weg der Provokation, dann muss er die Konsequenzen tragen.
Letztlich bleibt einfach der Gedanke an seinen Lehrauftrag - er wird mit Kröten zu tun haben, die vielleicht schon diverse Filmchen auf ihren Handys haben, aber die Leute werden sicherlich eines tun: Google benutzen. Da kann ich mich noch tausend Mal fragen, warum man Zeit damit verbringt, Leute im Netz zu googlen - warum haben denn Facebook, StudiVZ oder andere Social Communities so einen Erfolg - richtig, weil verdammt viele Leute googlen werden. Schüler, Eltern, andere Lehrer, Medien und und und.... und sie alle werden fündig werden. Dann steht da ein Lehrer blutverschmiert auf der Bühne und dann ist der Katzenjammer groß. Eltern, Lehrer und andere "erwachsenen" Menschen sind vielleicht nicht bereit, sich mit der Materie auseinander zu setzen, was man ihnen vielleicht noch als Verfehlung vorwerfen kann. Aber die eigentlichen Personen, um die es geht sind die Schüler, vor allem die jüngeren unter ihnen - dann bei denen liegt es nicht an mangelnder Bereitschaft, sondern es ist klar und deutlich abzusehen, dass diese einfach noch nicht in der Lage SIND, Unterscheidungen zu treffen. Und eben ja, es gibt gravierende Unterschiede, ob jemand lediglich Metal hört und sonst weiter nichts davon bekannt wird oder ob jemand derart in der Öffentlichkeit auftritt wie in diesem Fall. Ebenso gibt es Unterschiede, ob jemand einen Beruf ausübt, bei dem ich mir aussuchen kann, ob ich mit ihm zu tun habe oder eben nicht.
Das Schulsystem an sich ist sicher in vielen Punkten in Frage zu stellen, da besteht kein Zweifel. Aber sich in der Selbstgerechtigkeit zu wälzen, dass ja alle anderen so total offen, tolerant und differenzierungsfähig sein sollen, aber selber überhaupt nicht zu überlegen, welche Konsequenzen manche Dinge haben - das passt einfach nicht.
So... das mal mein - zugegebenermaßen lang gewordener - Senf zu der ganzen Sache.
Gutgehn
stratege