Ich halte mich über die Rammsteinthematik nicht durchgehend auf dem laufenden, aber mein letzter Kenntnisstand war, dass es sich um bisher unbestätigte Vorwürfe handelt, die von der Band bisher abgestritten wurden und über die noch kein Gericht geurteilt hat.
Falls das nach wie vor der Stand ist: herzlichen Glückwunsch zur Vorverurteilung, zu der du offensichtlich auf Basis der Bildzeitung gelangt bist. Genau das ist die Cancel Culture von der ich sprach und die wir in Wacken auf keinen Fall brauchen.
Ich muss nichts vorverurteilen, weil ich kein Richter bin und dementsprechend auch nicht die Befugnis habe, irgendwelche Urteile zu vollstrecken.
Das einzige was ich fällen kann, ist ein persönliches Werturteil. Eine Meinung. Diese Werturteile fällen wir alle jeden Tag und in den meisten Fällen auch im voraus. (Oder bildest du dir immer erst eine Meinung, wenn du alle Fakten studiert hast?)
Was Rammstein angeht, reicht mir der bloße Umstand, dass die Band auf ihren letzten Konzerten mehrmals Texte umgedichtet hat, mit welchen sie die ganze Angelegenheit verhöhnen. Wenn es sonst nichts weiter gäbe, ist das mehr als genug um die ganze Kaspertruppe in die Tonne zu kloppen und völlig widerlich zu finden. Auch das ist nichts strafrechtlich relevantes. Das können die legal machen. Es ist nur menschlich absolut unwürdiges Verhalten.
Ansonsten verfolge ich das ganze aber Recht aufmerksam. Das einzige was abgestritten wurde, sind KO-Tropfen und Vergewaltigungen. Alles andere wie Row-Zero, exzessive Backstage-Parties, Suckboxen, etc. gelten alle als bestätigt und wurden nie dementiert, sondern teilweise selbst in Interviews berichtet, oder sogar von Lindemann auf der eigenen Tour auf Großleinwand ausgestrahlt (Eine Kamera die ihm unter die Bühne folgt, wo zwei Frauen auf ihn warten.).
Der Umstand, dass einige Leute auf irgendein Gerichtsurteil warten und all das miese Zeug was ihre Lieblinge abziehen ignorieren, oder feiern, ist das was ich damit meine, wenn ich sage, dass wir mehr Cancel Culture brauchen.
Ich war auch schonmal Security auf nem kleinen Festival - Frauen werden, so wurde mir das beigebracht, im Intimbereich kontrolliert, normalerweise fährt man der Dame dazu mit der Oberseite des eigenen Unterarms zwischen die Beine und streift nach oben raus. Genau da ist aber bei einem Trans, der die OP zur Frau noch nicht durchlaufen hat, immer noch der Penis und der Hodensack.
Ganz ehrlich: ich hätte da auch keine Kontrolle vornehmen wollen.
In Wacken kommen, im Gegensatz zu den vielen kleinen Festivals, Berufs-Security zum Einsatz - du weißt also nicht, wo die weibliche Security vorher eingesetzt war und was dieser bei dieser Tätigkeit bereits widerfahren ist... es ist durchaus im Rahmen des möglichen, dass sie mal an einen Trans Mann-zu-Frau geriet der aber homosexuell veranlagt genau auf eine (Intim)-Kontrolle durch eine Frau steht - gibts alles.
Dieser Security-Dame nun direkt Transfeindlichkeit zu unterstellen, nur weil sie mit den Augen gerollt hat, geht zu weit.
Und genau, jetzt kommt warscheinlich, dass auch ich transfeindlich bin
bloß weil ich einige kenne, gerne mit ihnen feiere - sie alle aber nicht als Security kontrollieren möchte
Die Toleranz, die hier (nach internationalen Studien und Daten aus Deutschland sind 0,33 bis 0,7 % der Bevölkerung Transsexuelle) eingefordert wird, erwarte ich im Gegenzug auch für meine Weigerung, in einer Frauen-Sammeldusche mit einem noch nicht operierten Mann-zu-Frau gemeinsam zu duschen.
Ich glaube das Thema ist sehr schwer in extremen zu diskutieren, weshalb ich versuche es so verständlich wie möglich und nicht angreifend zu formulieren.
Die Frage die ich hier als essentiell erachte ist, wieso genau Leute es als transfeindlich empfinden, wenn es zu solchen Situationen, oder Aussagen kommt.
Es geht dabei um die grundsätzliche Anerkennung, ob man eine trans Person als das jeweilige Geschlecht akzeptiert. In dem speziellen Fall ist eine trans Frau eine Frau ohne Wenn und Aber. Da sollte es eigentlich egal sein, welche sexuelle Präferenz die Person hat, oder was genau dort zwischen den Beinen rumhängt.
Wenn ein Penis stört, weil das für die Personen dann noch ein Mann ist, dann ist dies der Punkt, wo der Vorwurf der Transfeindlichkeit ansetzt, weil die Anerkennung um die es im Kern geht, trotzdem noch nicht da ist. Die Toleranz die dabei andersherum eingefordert wird, halte ich für sehr schwierig, weil es dabei für trans Personen um ihre bloße Existenz geht. Die Person wird nicht als das anerkannt, was sie ist. Ich würde zumindest behaupten, dass es schwer ist an dieser Stelle einen Kompromiss einzugehen.
Natürlich sehe ich andersherum genauso ein, dass Frauen die Räume oder Anerkennung die sie sich erkämpft haben, nicht einfach aufgeben wollen. Was hier wichtig ist, dass dies auch niemand will. Niemand will Frauen und Frauenkämpfen etwas wegnehmen!
Was dein Beispiel mit dem Knast, oder Spannern in Frauentoiletten alle gemeinsam haben, ist der Umstand dass es dabei immer um hetero cis Männer geht, die versuchen dies irgendwie auszunutzen. Und da bin ich voll bei dir: Das ist ein großes Problem.
Was den Knast angeht denke ich, da ist es noch am leichtesten lösbar, indem die Leute die das behaupten, ihre Aussagen von Fachkräften prüfen lassen müssen.
Was öffentliche Toiletten angeht, ist ein komplizierteres Thema. Stand jetzt ist es sowieso nicht strafbar, wenn ein Mann auf eine Damentoilette geht. Es gibt keinen Gesetzestext, der das Thema behandelt. Also es macht sich ohnehin kein Mann strafbar, der auf Frauentoiletten, oder in Umkleiden geht. Das kann je nach Verhalten maximal eine Ordnungswidrigkeit werden. Rein technisch ist sogar das spannen nicht strafbar. Da geht es erst ins strafbare, wenn Bildmaterial angefertigt wird.
Das ganze scheint in meinen Augen also ein Umstand zu sein, über den wir als Gesellschaft sowieso mal reden sollten.
Um zum eigentlichen Thema mit der Security zurück zu kommen:
Was genau wäre, wenn jemand sagt, dass man generell ein Problem damit hätte, Menschen in den Schritt zu fassen? So wie ich dich kenne, würde ich vermuten, dass du den Personen dann nahelegst, ihre Berufswahl zu überdenken. (Korrigiere mich, wenn ich mich da irre!)
Die Frage ist jetzt also auch wieder, was warum zumutbar ist. Eine Frau kann ja genauso gut einen starken Bartwuchs, haben und zusätzlich eine sehr ausgeprägte Klitoris. Für die würde es dann ganz demütigend werden, wenn sich die Security-Dame da weigert.