So. Ich hab jetzt Mass Effect: Andromeda einmal durch und gehe mit deutlich gemischten Gefühlen da raus.
VORSICHT, MASSIVE SPOILER FOLGEN!
Also, was für das Spiel spricht, sind das Kampfsystem, die lange Spieldauer (viele viele Inhalte) und dass es so verdammt gut aussieht. Wirklich verdammt gut. Die Locations sind atemberaubend schön, leider gibt es nicht sehr viele Schauplätze zu entdecken. Die teils sehr großen Planetenhaben an jeder Ecke statische Spawn-Ecken, an denen auch immer wieder neue Gegner spawnen. Sehr statisch, keine Bewegung drin. Die Kämpfe sind schon auf einem recht frühen Level (ab zwischen Level 20 und 30) ziemlich einfach, aber die Kampfmöglichkeiten mit den sehr verschiedenen Waffen, der Jetpack-Sache und dem deutlich aufgebohrten Nahkampf machen schon Laune. Leider gibt es unter den Gegnern hauptsächlich Gunner, bis auf die Kett-Ältesten sieht man kaum mal jemand mit effizienter Biotik oder so.
Das Level-System ist ab Level 60 uninteressant geworden. Man hat nur drei Slots in der aktiven Fertigkeiten-Leiste, aber bei hochleveligen Charakteren hat man so viele Fertigkeitenpunkte übrig, dass man automatisch anfängt, Tech, Biotik und Soldatenfertigkeiten gleichermaßen zu leveln. Eine richtige Spezialisierung ist das nicht. Die Nebenchars haben ab ca. Level 60 alle Fertigkeiten auf Max und keine Verwendung mehr für die übrigen Punkte. Es gibt für die erlangte Loyalität eines Mitglieds auch keine neue Fertigkeit, nur die höchsten Levelstufen der bisherigen Fertigkeiten werden freigeschaltet. So übermäßig geil sind die aber auch nicht. Erlangte Loyalität hat keine Auswirkung mehr auf die Story. Meh.
Die Loyalitätsmissionen sind ganz ok. Richtig cool gelungen sind viele Cutscenes und zufällig auftretende Dialoge zwischen den Teammitgliedern und Ryder. Jede neue Gefährtenkombination birgt eine ganz eigene Dynamik. Drack und Peebee sind z.B. sehr geil. Liams Loyalitätsmission mit der geilen Persiflage auf die Todessternszene in Star Wars Episode IV macht noch am meisten Spaß. Drack leidet leider darunter, dass man versucht hat, aus ihm einen genauso coolen Haudrauf zu machen wie Wrex beim Doppelgänger-DLC in ME3. Zitat: "Kann mal jemand bitte ENDLICH diesen Kroganer töten?!" War göttlich, wirkt hier manchmal wie ein Abklatsch. Bossgegner sind selbst in den Loyalitätsmissionen zu generisch. Hydras, Zerstörer oder Kett-Älteste. Mehr gibt's kaum.
Richtig Asi: Die Langzeitmotivation nimmt stark ab. Man muss bestimmte Dialoge führen, um bestimmte Handlungen und Quests weiterzubringen, das sagt einem aber kein Missionslog. Beispiel "Liams Filmabend": Irgendwie wollte der nicht kommen, nachdem ich Teilmissionen erledigt hatte, wartete das Game drauf, dass ich den nächsten Schritt mache. Dass man dafür aber zu bestimmten Zeiten bestimmte Dialoge führen muss, war gar nicht klar.
Dass man verschiedene Optionen in Dialogen hat (emotional, professionell, wissenschaftlich und sarkastisch (?)), hat keinerlei Auswirkungen auf den eigenen Charakter, die Beziehung zu anderen oder sonst was. Entscheidungen, die man trifft, haben keinerlei Auswirkungen auf die Story. Voll bekackt.
Total verwirrend: Die Romanzen. Dabei hat man eine ganze Menge Möglichkeiten, bisher war es ja immer so, dass man sich für eine entscheiden muss. in MEA ist das jetzt anders, Romanzen gehen unterschiedlich tief und weit, und man kann mehrere nebeneinander haben. Ich habe mich jedoch auf Peebee konzentriert und die anderen beiseite gelassen. Und aus heiterem Himmel gab's dann auf einmal die Sexszene mit Cora, obwohl ich die nicht ein Mal angeflirtet hab. WTF?!
Das alles nimmt einem teilweise echt den Spaß. Man bekommt das Gefühl, es sei egal, was man macht. Ich hab davon gehört, dass es mehrere Enden geben soll, ich will mir mal anlesen, wie man zu den verschiedenen Enden kommt. In meinem Ende haben alle möglichen Spezies und Leute brav gegen den Archon geholfen, der Primus (ein möglicher zukünftiger Kett-Gegenspieler) ist noch da und sinnt auf Rache, und die Arche Hyperion ist abgestürzt. Kann man das verhindern, gibt es Anderes? Ich weiß nicht.
Ganz, ganz schlimm ist die extrem grottige Mimik der Charaktere in Dialogen. Die haben teilweise echt gruselige Gesichtsausdrücke (Sara Ryder z.B.), oder sie sind einfach komplett nichtssagend, wie bei Scott Ryder.
Dann diese überflüssige Quest "Familiengeheimnisse der Ryders". Handelt davon, wie Papa zur Andromeda-Initiative gekommen ist. Es gibt Hinweise auf die Reaper und einen mysteriösen Wohltäter, was eigentlich nur der Unbekannte sein kann. Als es aber so richtig interessant zu werden beginnt, ist der Handlungsstrang einfach zu Ende. Bumm, zack. Hätte man sich sparen können.
Es gibt so viele lose Enden, vielleicht war einiges für DLCs geplant, aber was muss ich erfahren? Die Entwickler streiten sich, Mass Effect liegt komplett auf Eis. Toll.
Und was soll dieses bekackte Multiplayer wieder mal in Mass Effect? Das war bei ME3 schon dermaßen überflüssig.
Also Fakt: Sehr sehr schön gedachtes Spiel, coole Ideen, viel nicht zu Ende gedacht und viel zu lieblos. Macht Spaß, wird auf Dauer aber langweilig. ME2 und 3 haben da ganz andere Maßstäbe gesetzt.