Kate McGee
W:O:A Metalgod
http://www.shz.de/?RUBRIKID=890&MID=30&REDID=1422655
Telekom: Mitarbeiter um Rente betrogen?
Satrup / sh:z - Die Deutsche Telekom AG hat offenbar für zahlreiche ehemalige Mitarbeiter keine Rentenbeiträge gezahlt. Sie hatten mit der Privatisierung ihren Status als Beamte aufgegeben und gekündigt. Zugesicherte Zahlungen in die Rentenkasse erfolgten jedoch nicht. Der Fall von Iris Jacobsen aus Satrup.
Vor Iris Jacobsen (53) aus Satrup (Kreis Schleswig-Flensburg) liegt ein dicker Aktenordner auf dem Küchentisch. Er enthält Dokumente eines erbitterten Kampfes. Gegner ist die Deutsche Telekom AG - doch in diesem Fall wird nicht um Telefonrechnungen gestritten, sondern um Rentenbeiträge. Und die Sache betrifft vermutlich Tausende von ehemaligen Telekom-Mitarbeitern - die meisten wissen es nur noch nicht.
"Ich fühle mich um meine Rentenansprüche betrogen", sagt die Frau aus Satrup. Iris Jacobsen war von 1981 bis 1998 Beamtin bei dem Kommunikationsunternehmen, zuletzt als Fernmeldeobersekretärin. Sie erklärt: "Ich habe damals meinen Beamtenstatus aufgegeben, kurze Zeit als Angestellte gearbeitet und dann die Telekom mit einer Abfindung verlassen."
Mit der Privatisierung des Postbetriebs schieden zahlreiche Beamte auf diese Weise aus dem Dienst aus, verzichteten auf ihre Pensionsansprüche. Die Telekom sicherte Iris Jacobsen in einem Auflösungsvertrag zu: "Ihre Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung wird veranlasst."
"Darauf habe ich mich verlassen", sagt Iris Jacobsen. Doch als sie vor zwei Jahren erstmals eine Auflistung der in die Rentenkasse eingezahlten Beiträge erhält, ist sie schockiert - die 17 Jahre bei der Telekom fehlen. Auf Nachfrage gibt ihr ehemaliger Arbeitgeber zu: "Trotz intensiver Suche konnten wir keinen Hinweis auf eine durchgeführte Nachversicherung finden." Dann folgt der Hinweis, sich an den zuständigen Rentenversicherungsträger zu wenden.
Das ist die Deutsche Rentenversicherung Bund. Sprecher Stefan Braatz sagt: "Tatsächlich verweigert der ehemalige Dienstherr von Frau Jacobsen die Zahlung der Nachversicherungsbeiträge und beruft sich auf eine vierjährige Verjährungsfrist." Im Klartext: Weil Iris Jacobsen ihrem ehemaligen Arbeitgeber vertraute und nicht rechtzeitig nachgefragt hat, soll sie nun kein Recht mehr auf ihre Ansprüche haben.
"Leider ist dieser Vorgang kein Einzelfall", erklärt Stefan Braatz. Der Rentenversicherer führt vor dem Sozialgericht München bereits einen Musterprozess gegen die TelekomAG (Az: S 45 R 5469/04). "Wir sind der Auffassung, dass bei öffentlichen Arbeitgebern eine Verjährungsfrist von 30 Jahren gilt", erklärt Braatz.
Die Telekom äußerte sich gestern nicht zu dem Fall. Wie der Konzern die Sache sieht, wurde Iris Jacobsen in einem Schreiben mitgeteilt: Unversorgt aus dem Beamtenverhältnis ausgeschiedene Beschäftigte könnten vom Rentenversicherer verlangen, dass dieser die Zeiten ihrer Beschäftigung einträgt - und zwar unabhängig davon, ob es diesem gelingt, die Beiträge vom Arbeitgeber einzufordern. Die Experten bei der Deutschen Rentenversicherung Bund sind entsetzt. Rente ohne einen Cent vom Arbeitgeber? Braatz: "Die Rechnung würde dann die Gemeinschaft der Versicherten zahlen. Das geht nicht."
Wie viele ehemalige Telekom-Mitarbeiter betroffen sind, ist unklar, doch die Zahl könnte sehr hoch sein - mit der Privatisierung wurden weit mehr als 100 000 Stellen gestrichen. Möglicherweise sind also Millionen an Rentenbeiträgen in den Kassen des Konzerns verblieben.
"Gegen jedes Unternehmen, dass Sozialabgaben nicht zahlt, wird ermittelt", sagt Rechtsanwalt David Blumberg (30) von der Kieler Kanzlei Ruge, Purrucker und Makowski, die Iris Jacobsen jetzt vertritt. "Es ist ja unstrittig, dass die Nachversicherung nicht erfolgt ist", so der Anwalt weiter. "Warum die Telekom sich nun sträubt, den Fehler zu korrigieren, ist mir unverständlich. Gerade große Konzerne sollten ein großes Maß an Verantwortung für ihre Mitarbeiter tragen. "
Iris Jacobsen hat ebenfalls Klage gegen die Telekom eingereicht, drückt sich weniger höflich aus: "Ich habe gearbeitet, die Leistungen stehen mir zu. Alles andere ist Betrug."
Eckard Gehm
Telekom: Mitarbeiter um Rente betrogen?
Satrup / sh:z - Die Deutsche Telekom AG hat offenbar für zahlreiche ehemalige Mitarbeiter keine Rentenbeiträge gezahlt. Sie hatten mit der Privatisierung ihren Status als Beamte aufgegeben und gekündigt. Zugesicherte Zahlungen in die Rentenkasse erfolgten jedoch nicht. Der Fall von Iris Jacobsen aus Satrup.
Vor Iris Jacobsen (53) aus Satrup (Kreis Schleswig-Flensburg) liegt ein dicker Aktenordner auf dem Küchentisch. Er enthält Dokumente eines erbitterten Kampfes. Gegner ist die Deutsche Telekom AG - doch in diesem Fall wird nicht um Telefonrechnungen gestritten, sondern um Rentenbeiträge. Und die Sache betrifft vermutlich Tausende von ehemaligen Telekom-Mitarbeitern - die meisten wissen es nur noch nicht.
"Ich fühle mich um meine Rentenansprüche betrogen", sagt die Frau aus Satrup. Iris Jacobsen war von 1981 bis 1998 Beamtin bei dem Kommunikationsunternehmen, zuletzt als Fernmeldeobersekretärin. Sie erklärt: "Ich habe damals meinen Beamtenstatus aufgegeben, kurze Zeit als Angestellte gearbeitet und dann die Telekom mit einer Abfindung verlassen."
Mit der Privatisierung des Postbetriebs schieden zahlreiche Beamte auf diese Weise aus dem Dienst aus, verzichteten auf ihre Pensionsansprüche. Die Telekom sicherte Iris Jacobsen in einem Auflösungsvertrag zu: "Ihre Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung wird veranlasst."
"Darauf habe ich mich verlassen", sagt Iris Jacobsen. Doch als sie vor zwei Jahren erstmals eine Auflistung der in die Rentenkasse eingezahlten Beiträge erhält, ist sie schockiert - die 17 Jahre bei der Telekom fehlen. Auf Nachfrage gibt ihr ehemaliger Arbeitgeber zu: "Trotz intensiver Suche konnten wir keinen Hinweis auf eine durchgeführte Nachversicherung finden." Dann folgt der Hinweis, sich an den zuständigen Rentenversicherungsträger zu wenden.
Das ist die Deutsche Rentenversicherung Bund. Sprecher Stefan Braatz sagt: "Tatsächlich verweigert der ehemalige Dienstherr von Frau Jacobsen die Zahlung der Nachversicherungsbeiträge und beruft sich auf eine vierjährige Verjährungsfrist." Im Klartext: Weil Iris Jacobsen ihrem ehemaligen Arbeitgeber vertraute und nicht rechtzeitig nachgefragt hat, soll sie nun kein Recht mehr auf ihre Ansprüche haben.
"Leider ist dieser Vorgang kein Einzelfall", erklärt Stefan Braatz. Der Rentenversicherer führt vor dem Sozialgericht München bereits einen Musterprozess gegen die TelekomAG (Az: S 45 R 5469/04). "Wir sind der Auffassung, dass bei öffentlichen Arbeitgebern eine Verjährungsfrist von 30 Jahren gilt", erklärt Braatz.
Die Telekom äußerte sich gestern nicht zu dem Fall. Wie der Konzern die Sache sieht, wurde Iris Jacobsen in einem Schreiben mitgeteilt: Unversorgt aus dem Beamtenverhältnis ausgeschiedene Beschäftigte könnten vom Rentenversicherer verlangen, dass dieser die Zeiten ihrer Beschäftigung einträgt - und zwar unabhängig davon, ob es diesem gelingt, die Beiträge vom Arbeitgeber einzufordern. Die Experten bei der Deutschen Rentenversicherung Bund sind entsetzt. Rente ohne einen Cent vom Arbeitgeber? Braatz: "Die Rechnung würde dann die Gemeinschaft der Versicherten zahlen. Das geht nicht."
Wie viele ehemalige Telekom-Mitarbeiter betroffen sind, ist unklar, doch die Zahl könnte sehr hoch sein - mit der Privatisierung wurden weit mehr als 100 000 Stellen gestrichen. Möglicherweise sind also Millionen an Rentenbeiträgen in den Kassen des Konzerns verblieben.
"Gegen jedes Unternehmen, dass Sozialabgaben nicht zahlt, wird ermittelt", sagt Rechtsanwalt David Blumberg (30) von der Kieler Kanzlei Ruge, Purrucker und Makowski, die Iris Jacobsen jetzt vertritt. "Es ist ja unstrittig, dass die Nachversicherung nicht erfolgt ist", so der Anwalt weiter. "Warum die Telekom sich nun sträubt, den Fehler zu korrigieren, ist mir unverständlich. Gerade große Konzerne sollten ein großes Maß an Verantwortung für ihre Mitarbeiter tragen. "
Iris Jacobsen hat ebenfalls Klage gegen die Telekom eingereicht, drückt sich weniger höflich aus: "Ich habe gearbeitet, die Leistungen stehen mir zu. Alles andere ist Betrug."
Eckard Gehm