Ich weiß, dass das Thema Crowdsurfen schon viele viele Male in diesem Forum durchgekaut wurde, aber ich muss trotzdem dazu unbedingt ein paar Gedanken loswerden, weil es mich nicht nur seit diesem Wacken sehr beschäftigt und mich nachdenklich stimmt.
Vorweg: An und für sich hab ich erstmal prinzipiell nichts gegen Crowdsurfen. Ich finde allerdings, dass das seit einigen Jahren ein Maß angenommen hat, bei dem mein persönlicher Konzertgenuss über Gebühr verringert wird. Bestes Beispiel dieses Jahr war Nightwish. Ich hab mich sehr auf den Auftritt gefreut, mir ne entsprechend gute Sichtposition gesucht und wollte einfach nur in Ruhe dieses Konzert und das Zusammenspiel auf der Bühne sehen. Sehr schnell kamen dann übermäßig viele Crowdsurfer bei mir entlang. Damit meine ich im Schnitt jede Minute einer, bei einigen Songs auch jede halbe Minute ein Surfer. Das führte dann dazu, dass ich mehr Zeit dafür aufgewendet habe, Surfer zu tragen und nach hinten zu gucken, als die Band auf der Bühne zu sehen . Unter den Surfern waren wirklich ziemlich viele - geschätzt jeder zweite vllt auch mehr - die überhaupt keine Körperspannung hatten. Auch viele schwere Leute und solche, die mit den Stiefeln voraus gesurft haben, waren dabei. Irgendwann war ich so erschöpft, dass ich meinen Platz verlassen habe und nach hinten gegangen bin, bis hinter die Soundtürme.
Soweit mal der Erlebnisbericht, jetzt meine Gedanken dazu:
Ich gehöre selbst zu der schweren Fraktion und war deswegen selbst noch nie crowdsurfen und habe es auch nicht vor. Zugleich wird aufgrund meiner Statur aber von mir erwartet, dass ich ordentlich mit anpacke. Ohne jetzt den Egoisten raushängen lassen zu wollen, muss ich aber mal festhalten, dass das für mich schon ein ziemlich asymmetrisches Vergnügen darstellt. Ich würde dagegen auch nie was sagen, wenn so etwas Einzelfälle wären, so ist es aber längst nicht mehr.
Was sind die Optionen?
1. Stehplatz verlassen
Im Zweifel das, worauf es eh hinaus läuft, aber das heißt im Endeffekt nichts Anderes, als dass ich meine Lieblingsbands nur noch aus der Ferne sehen kann, weil einzelne Leute meinen, sich von der Allgemeinheit tragen lassen zu müssen. Finde ich ehrlich gesagt massiv ungerecht.
2. Sich beiseite stellen
Nehm Ich mir zwar häufig vor, kann ich aber in der konkreten Situation nicht machen, wenn ich sehe wie sich die Hinterleute abschuften und Nicht-Helfen sonst zu einem echten Fiasko führt.
3. Surfer runter holen
Hab ich nun zum ersten Mal gemacht, weil es bei mehreren Surfern zugleich nicht mehr anders ging. Aber dabei hab ich festgestellt, dass das genauso viel Arbeit und Konzentration erfordert wie das Weitertragen. Das Absetzen muss ja auch mit den anderen Trägern kommuniziert werden. Somit auch keine Alternative.
4. Verbieten
Halte ich auch für ne schlechte Lösung, denn in Maßen ist das ja wie gesagt kein Problem. Außerdem gibt es auch Notfälle, die natürlich nicht bestraft werden sollen. Außerdem lebt das Festival davon, dass eben nicht alles direkt verboten wird, was ich richtig finde.
Vielleicht sollte man es einfach mal mit entsprechenden Aufrufen an die Fans und mit Videos in den Pausen versuchen. Diese könnten einerseits anleiten, wie richtig gesurft wird, zweitens daran appellieren, es in puncto Menge und Masse nicht zu übertreiben und drittens auf die Gefahren hinweisen. Ich hab bei dem Konzert ein 15 oder 16 jähriges Mädel gesehen, das mit Tränen in den Augen und mit sichtlichen Schmerzen aus der Menge rausgegangen ist nachdem es von nem Brocken die Stiefel an den Kopp geknallt bekommen hat. Etwas Ähnliches hab ich 2014 bei King Diamond schon erlebt und auch ich hab diesmal beim Tragen ordentlich einen verzwirbelt bekommen, wo ich danach nur noch Sterne gesehen habe. Tatsächlich halte ich Crowdsurfen für deutlich gefährlicher als nen Moshpit.