Fazit aus Sicht einer Band (1/2)

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him

Member
26 März 2002
39
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51
Hannover
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Servus, Ihr Leutz.
Viel ist bereits an Rückblicken geschrieben worden, Positives wie Negatives, Interessantes sowie irrelevanter Bullshit - eine Perspektive aber fehlt m.E. bislang, nämlich die der Bands.
Ich will mal versuchen, diese Lücke zu schließen, denn immerhin durften wir dieses Jahr doch tatsächlich auf dem weltgrößten Metal-Open-Air zocken. Wenn auch "nur" auf der W.E.T.-Stage, aber hey?

Ich muss gestehen, 2003 war ich zum letzten Mal auf dem W:O:A, weil's mir einfach zu nervig geworden war, mich 3-6 Tage lang mit einer betrunkenen Masse zu umgeben. War mir irgendwie verzichtbar erschienen.
Als wir dann im vergangenen Jahr die Zusage für 2008 erhielten, haben wir natürlich ein fettes Fass aufgemacht, wie sich jeder vorstellen kann. Sofort war klar, dass das DER Höhepunkt 2008, wenn nicht der Bandgeschichte wird ich mag's vor dem Hintergrund unserer immer wieder überraschenden Vergangenheit noch nicht entgültig sagen).

Jetzt aber zum W:O:A selbst. Ich mache der Übersicht halber einfach eine Positiv/Negativ-Liste auf.

Negativ:
Spielzeit
- Wir hätten uns als letzte Band am Freitag über etwas weniger Strenge bei der Einhaltung der Spielzeit gefreut, da nach uns als letzter Band des Tages nur noch 3 Std. Metaldisco war. Viele der Anwesenden hätten unserer Einschätzung nach gerne noch ne Zugabe gehört - aber die herzige Stage-Managerin war da eiskalt (wie die Coke im Kühlschrank backstage).

VIPs
- Die ganzen VIP-Trollos, die auf irgendner Butterfahrt von nem Furz-Mag nen Backstage-ich-bin-schweinewichtig-Pass ausgehändigt bekommen haben, waren im luxuriös ausstaffierten Backstage-Bereich lustig anzuschauen.
Gestört hat mich viel mehr, dass die Schon-eher-VIPs, die Leute also, wegen denen die Fans auf das W:O:A gekommen sind, sich allenfalls beim Meet&Greet ans Gitter ihres goldenen Käfigs getraut haben. Warum sehe ich Akerfeldt nicht im Pit vor At The Gates, warum habe ich Sabina Claassens Haare nicht bei Kreator im Gesicht oder den Stiefel von Mille beim Gig von Maiden? Haben die wirklich Angst, sie müssten ständig Autogramme geben und peinliche Kniefälle ertragen? Möglich, das kommt vielleicht ein paar mal vor - aber so what?
Natürlich, auch wir haben öfters die nahe Rückzugsmöglichkeit und andere Privilegien backstage genossen, keine Frage - aber ohne die Meute auf dem Festivalgelände, unter der wir uns drei Viertel des Tages mächtig wohl fühlten, hätte sich dieses Festival für uns doch wohl kaum von nem beliebigen Campingurlaub mit ein paar Freunden unterschieden, oder?

Tote Hose im Artist Camp
- Das Gleiche gilt für fast sämtliche anderen Bands auf dem Artists-Campingplatz. Wir haben erstaunt festgestellt, dass wir nahezu die einzige Band waren, die dort nach allen Regeln der Festival-Kunst gecampt, gefeiert, gegrillt, getrunken, laut Mucke gehört und schlicht Open Air gefeiert hat. Ansonsten standen verbreitet nur Autos, Zelte und große wichtige Busse um uns herum. Kein anderer Pavillon weit und breit, keine Partygesellschaft. Ein bisschen schade, wir wären gerne noch mit weiteren Bands außer unseren legendären finnischen Metal-Battle-Nachbarn ("The Howl") in ein üppiges Gelage eingetreten... hehe.
Also, nur mal, um einen Eindruck vom Wacken-VIP-Bereich zu vermitteln: Die beste Party geht nach wie vor auf Festival- und Camp Area! Definitiv, Jungs, Ihr verpasst rein gar nichts da hinten! :)

Toiletten
- Auch das Toilettenproblem sah zumindest auf der Artist-Campingsite nicht viel besser aus: EINE (!) Toilette für den gesamten Zeltplatz! DAS will ich mal als echten und nächstes Jahr sicherlich leicht zu verbessernen Kritikpunkt hinstellen. Zum Glück war auch hier Tredes Maisfeld nicht weit. Sorry, aber es ging oft einfach nicht anders. Aber egal, auch das gehört ja irgendwie zum Festival. Zur Not scheiß ich auch an den Exodus-Bus. :)
Ansonsten waren die Sanitär-Container auch dank des rund um die Uhr liebevoll für Sauberkeit sorgenden Angestellten dort wirklich in Ordnung.

Merch
- Die anfängliche Regelung mit dem Merch war nervig. Ständig anrufen und fragen, ob irgendwas ausverkauft ist. Klar, so ein Merchstand ist keine Lagerhalle, aber etwas mehr als 70 Shirts insgesamt abzugeben (heißt bei 3 Motiven Shirts/Girlies: weniger als fünf Exemplare von jeder Größe), sollte schon drin sein. An dieser Stelle noch mal ein fettes Lob an Tom, der die Lage schon weit realistischer einschätzen konnte und zudem trotz gigantischen Stresses zu jeder Zeit Ansprechpartner auch für unkonventionelle Anliegen war. Ein verdammt guter Mann, mehr von solchen Leuten!

Brennende Dixis
- Die Geschichte mit den brennenden Dixis war beängstigend. Solche Vollidioten gehören mal schön mit Gotthard nicht unter 2 Jahren bestraft. Da hört dann auch der Spaß auf.

Crowdsurfing
- Verbieten ist Unsinn, die Jungs gehören dazu und tragen nicht wenig zur grandiosen Stimmung bei. Der Anblick hat etwas Anarchisches, etwas Verstärkendes. Sie gehören m.E. zu Live-Konzerten dazu wie die Musik. Und wenn man eben vorne stehen will, schaut man hin und wieder zurück, hofft ein bisschen auf sein Glück und die Körperspannung des Surfenden. Wer Crowdsurfen verbieten will, dem kann ich nur sagen: Mädels, ihr seid auf nem verschissenen Metal-Konzert, in WACKEN! und nicht im Streichelzoo! Entweder nimmt man auch mal ne blutige Nase in Kauf oder man stellt sich eben weiter nach hinten. Wo ist das Problem?

(weiter im 2. Beitrag).
 

him

Member
26 März 2002
39
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Hannover
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Fazit aus Sicht einer Band (2/2)

(Fortsetzung)

Positiv
Ablauf / Organisation
- Die Organisation war (wie erwartet) exorbitant gut. Eine beeindruckende Mischung aus Professionalität, wo sie gebraucht wurde, und Lässigkeit, wo's angebracht war. Man merkt, dass dieses Festival schon 19 Jahre Erfahrung auf dem Buckel hat.
Und mancher organisatorischer Hänger wie längere Wartezeiten bei Meetings, weil irgendwo nen LKW stecken geblieben war oder was auch immer - das ist doch vollkommen normal.
Über kleine, eigentlich doch luxuriöse Privilegien haben wir uns manches Mal besonders gefreut: Sei es der Stromanschluss am Camp, die gekühlte Getränkeauswahl nach dem Gig, das Equipmentshuttle, warme (!!!) Duschen usw. usf. Das hat durchweg zur guten Laune und zur Wohlfühlatmosphäre während der Tage beigetragen. Danke!

Stimmung
- Wie schon erwähnt, hier noch mal extra hervorzuheben: Die Stimmung unter den an der Organisation Beteiligten war ausgesprochen locker - zumindest uns gegenüber. Man hat uns zu fest jeder Zeit spüren lassen, dass wir Gäste dieser Party sind und dass wir willkommen sind, und dass wir nichts von dem Stress abbekommen sollen, der ganz offenbar hinter den Kulissen abgeht. Wir haben uns wirklich wohl gefühlt!

Arroganz? No way!
- Von befürchteter Arroganz kleineren Bands gegenüber war vor Ort wenig zu spüren. Wir wurden als Musiker locker behandelt, weder als Stars überhöht (haha!) noch als "W.E.T.-Stager" übergangen. Angenehme Atmosphäre einfach.

Evil Elvis
- Evil Elvis war ein Segen für die Stimmung im Backstage-Bereich. Grandios!

Security
- Die Begegnungen mit der Security waren durchaus skurril. Ein afghanischer Sicherheitsangestellter z.B., der 20 Brüder vom Hamburger Kiez organisieren wollte, um dem Exodus-Trottel die Schneidezähne zu korrigieren, nachdem wir ihn von den unverhohlen anti-muslimischen Statements dieses Scherenschnitt-Amis in Kenntnis gesetzt hatten. :) Kein Witz, der war wirklich in Fahrt plötzlich, obwohl er unterm Strich einen durchaus reflektierten und gebildeten Eindruck machte. Aber diese Geschichte ging ihm wohl ziemlich an die Ehre. Eine weitere interessante interkulturelle Erfahrung auf diesem Global Metal Festival...

Unser Gig
- Kommen wir zu unserem Gig: Wir haben wohl das Konzert unseres Lebens gespielt. Es ist ein ergreifendes Gefühl, wenn du deine Hände zum Klatschen in die Höhe reckst, und im nächsten Moment zeigen dir zehntausend Hände vor dir mit der gleichen Bewegung, dass sie einfach nur Bock zu feiern haben. Eine unbeschreiblich, unsterbliche Erfahrung! Danke und immer wieder danke an alle, die dort mit uns gefeiert haben!

Fazit:
- Mein resümierendes, letztes großes Kompliment geht an die Veranstalter, die diese gigantische Party möglich machen. Aus der neuen Perspektive backstage als auch aus einem kurzen Gespräch mit Holger konnte ich in diesem Jahr erahnen, was es eigentlich bedeutet, so ein Festival auf die Beine zu stellen. Gute Kritik ist natürlich immer angebracht - und sie wird es auch immer geben, denn bei einem Festival diesen Ausmaßes kann man sich nur die Frage nach dem "Muss das sein?" stellen - und wenn man diese mit "Verdammt, ja!" beantwortet, so wie es die Veranstalter jedes Jahr wieder tun, dass weiß man, dass man von 80.000 Besuchern auch immer Kritik erntet, dass immer irgendwo etwas schief läuft und dass es jedes Jahr aufs Neue Verbesserungsbedarf geben wird. Man wird es nie allen Recht machen, man muss das Phänomen "Masse" bewältigen lernen - auch psychisch für sich selbst, denke ich. Denn wo viel Feedback ist, da ist auch viel Kritik, und auch viel unsachliche und an den Haaren herbei gezogene.

Unterm Strich aber denke ich, dass zu wenig die großartige Arbeit der Orga gewürdigt wird. Selbst wenn sie damit ein Schweinegeld machen (ich hab keine Ahnung) - so what? Die Jungs & Mädels reißen sich dafür ja auch ein ganzes Jahr lang den Arsch auf. Und sie hatten einfach eine gute Idee zur richtigen Zeit, haben viel Energie investiert und sie haben immer sehr genau darauf geachtet, den Kontakt zu jenen zu bewahren, die dieses Festival ermöglichen: Die Fans (resp. die Nörgler unter ihnen!), die Bands und die Bewohner des Ortes Wacken.

Man muss ein Festival nicht unbedingt zu dieser Dimension bringen, das will ich nicht behaupten. Aber WENN man dies tut, dann haben die Wackener in jahrelanger Erfahrung ein wirkliches Patentrezept entwickelt. Meine ehrliche Hochachtung!

h!m
Excrementory Grindfuckers
www.grindfuckers.de

PS: Ich muss wohl nicht erwähnen, dass dies nur meine Meinung über das W:O:A ist. Ich habe nur versucht die Stimmung in der Band wiederzugeben, im Detail kann die Meinung der anderen natürlich von meiner abweichen.
 

Mondschatten77

W:O:A Metalhead
16 Jan. 2002
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Darmstadt
www.crusher-metal.com
Danke für den coolen Bericht!
In fast allen Dingen kann ich dir nur zustimmen.

Ich war zwar noch nicht wegen Band oder so backstage, hatte letztes Jahr aber einen Pass und hab da das selbe gesehn wie du: möchtegern Leute die den Pass am liebsten als Din A 4 Ding mit sich rumtragen und niemals mehr ausziehn, haha

Und als ich zum Schluß gelesen hab von welcher Band du bist, da hab ich auch gemerkt, hey, ich war ja auch im Zelt. Zwar gaaaaanz weit hinten, aber egal, war lustig was ihr da abgezogen habt.

Danke für den schönen informatinsreichen Beitrag!
(manchmal dacht ich schon ich steh mit meiner positiven Meinung übers WOA allein da)

Achja und Geld machen: Metallica machen Geld, CocaCola macht Geld, überall wo man hinsieht gibts Leute die eine Idee hatten und die gut war und damit Geld machen, also warum nciht die Veranstallter des WOA?

Dennoch: Getränkepreis muß runter!!! :D
 

Thalamus Grondak

W:O:A Metalhead
4 Aug. 2008
152
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Danke für den Bericht.
Vor allem weil ich jetzt weiß das ich (Wie schon vermutet weshalb ich erst garnicht da war) Backstage nichts verpasst habe.

Die Spielzeiten fand ich bei einigen Bands auch etwas kurz geraten.
Vllt nächstes mal 4-5 Bands weniger und dafür etwas mehr Spielzeit für die anderen.
 

Mr.Keks

W:O:A Metalhead
2 Jan. 2007
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@Home (Hamburg)
Dann kommt ihr halt nächstes Jahr wieder und spielt dafür dann länger ;)
Sehr ausführlicher und informativer Bericht, danke :)
 
5 Aug. 2008
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Niedersachsen
Ja Mensch dass ist dann mal eine andere Art was von euch zu haben ^^

Ich muss nämlich leider gestehen das ich euch zwar sehen wollte, doch wie so oft war der Wille da das völlig nbesoffene Fleisch jedoch nicht.

Um es kurz zu machen ich war betrunken wie seid langem nicht mehr =)

Aber mal back to topic

Es ist schoen das es hinter der Bühne mit warmen Wasser und einer gewissen familiären Atmosphäre zu feieren gilt. Nur genau diese Mangel merkt man vor der Bühne. Es ist nicht mehr familiär es sind nicht mehr im Ansatz saubere Klos es gibt kein warmes Wasser und für Menschen die nicht 2000€ Netto im Monat verdienen ist es auch nciht mehr erschwinglich.

W:O:A - Holger - verdient weiter euer Geld ..... Lebt damit habt Spass so wie es jeder andere tut.

Nur eines solltet Ihr euch bewusst sein. Den Traum den Ihr mal hattet den habt ihr mit der Masse verloren und für Geld ersetzt.

Moral und Gier das älteste Thema der zivilisierten Menscheit.

Gr33tz Aska:rolleyes:
 

Mondschatten77

W:O:A Metalhead
16 Jan. 2002
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46
Darmstadt
www.crusher-metal.com
Also ich hab laufend saubere Klos gehabt (auch Dixis) und lauwarmes Wasser, was bei dem Wetter ausgereicht hat.
In Tschechien aufem Masters of Rock, da gabs nur eiskaltes. Das war so kalt, da konnte man noch nichtmal mehr von "wie groß isser denn" sprechen. Da war nämlich nix mehr ;-))))
 

Nyakyuna

W:O:A Metalhead
Gestört hat mich viel mehr, dass die Schon-eher-VIPs, die Leute also, wegen denen die Fans auf das W:O:A gekommen sind, sich allenfalls beim Meet&Greet ans Gitter ihres goldenen Käfigs getraut haben. Warum sehe ich Akerfeldt nicht im Pit vor At The Gates, warum habe ich Sabina Claassens Haare nicht bei Kreator im Gesicht oder den Stiefel von Mille beim Gig von Maiden? Haben die wirklich Angst, sie müssten ständig Autogramme geben und peinliche Kniefälle ertragen? Möglich, das kommt vielleicht ein paar mal vor - aber so what?

Vielleicht hast Du nicht aufgepasst oder hast bei den Bands nicht an der richtigen Stelle gestanden? Ich habe in Wacken schon genuegend Kuenstler bei den Auftritten anderer Bands gesehen. Dass sie nicht ueberall sein koennen ist ja wohl klar.
 

Käffchen

W:O:A Metalhead
20 Aug. 2006
362
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34
Viele der Anwesenden hätten unserer Einschätzung nach gerne noch ne Zugabe gehört - aber die herzige Stage-Managerin war da eiskalt (wie die Coke im Kühlschrank backstage).

Als Kumpel von jemandem, dessen Band schon auf der Wacken Hauptbühne gespielt hat, muss ich dich wohl leider mal aufklären:
Es ist vollkommen normal dass auf SÄMTLICHEN Festivals die Spielzeit der Bands HAARGENAU eingehalten werden muss; das Verhalten der Stage-Manegerin ist ganz normal.

Auf anderen Festivals wird den Bands, die trotzdem überziehen einfach der Strom abgedreht um mit dem Umbau beginnen zu können!!! :o :p