- 27 Apr. 2002
- 87.162
- 18
- 123
- 55
@Baden Devil:
Wenn du selber JAVi warst und Gewerkschaftsmitglied bist, wieso fällst du dann auf die Totschlagargumente der Arbeitgeber rein???
Die Standortlüge der Arbeitgeber ist doch schon lange entlarvt.
OK, ich versuchs aber einfach noch mal ganz kurz.
Die Arbeitgeber behaupten, der Kündigungsschutz ist ein Hinderungsgrund für ausländische Investoren und für hiesige Arbeitgeber neue Arbeitnehmer einzustellen.
Wenn dem so wäre, dann würde es verdammt wenig Arbeitslose in Deutschland geben.
Deutschland hinkt was den Kündigungsschutz angeht, weit hinter anderen europäischen Ländern hinterher.
Selbst in der Streikstatistik liegen wir auf den letzten Plätzen.
In Deutschland haben wir eine Arbeitslosenquote von 8,1 %
(Und nicht zu vergessen, nach deiner Aussage einen absoluten Standortnachteil)
In Holland herrscht ein viel strengerer Kündigungsschutz als bei uns. Die Gründe, die ein Arbeitgeber zur Kündigung berechtigen sind zwar die gleichen wie bei uns, aber das Arbeitsamt muss dort jeder Kündigung zustimmen. Ein ungeheurer Aufwand für jeden Arbeitgeber der Kündigen will.
Und jetzt kommts: Holland hat eine Arbeitslosenquote von 2,6%.
In Österreich gibts ebenfalls die selben Kündigungsgründe wie bei uns, aber dort sieht das Gesetz wesentlich höhere Abfindungen vor als bei uns.
Und welch Wunder: Die Arbeitslosigkeit beträgt dort 4,0%
Und selbst in Italien, wo die Arbeitslosenquote annähernd gleich der deutschen ist, gibt es bessere Bedingungen als bei uns.
Dort ist eine Abfindung bei Kündigung sogar gesetzlich festgeschrieben.
Von der gesetzlichen 35 Std. Woche in Frankreich brauche ich wohl erst gar nicht sprechen.
Und die Länder wie Dänemark und Schweden, die für Arbeitnehmerfreundliche Gesetze sehr bekannt sind herrschen Arbeitslosenquoten von 4,2% und 5,1%
[size=0,5](Die Arbeitslosenzahlen stammen aus Monat Mai)[/size]
Wenn man also diese ganzen Aspekte berücksichtigt, schwimmt Deutschland weit hinten. Warum also nicht bei der Arbeitslosenquote??
Geht es da vielleicht um ganz andere Dinge???
Und warum ist auch nach Mitte der 90er Jahre, als die Kohl-Regierung den Kündigungsschutz gelockert, die Entgeltfortzahlung gekürzt und das Streikrecht eingeschränkt hat, die Arbeitslosigkeit ständig weiter gestiegen???
Hinkt da etwa was in der Argumentation??
Ich schrieb bereits weiter oben, dass Arbeitgeber ein natürliches Interesse an einer hohen Arbeitslosigkeit haben.
Nicht nur weil Arbeitnehmer damit erpressbar sind, nein, sie haben auch noch ein schönes Potential an ständig verfügbaren Fachkräften die frei (arbeitslos) auf dem Arbeitsmarkt herumschwimmen.
Überall da, wo Arbeitgeber das Heuern und Feuern erleichtert wird, entstehen keine neuen Arbeitsplätze. Ganz im Gegenteil, es werden immer mehr vernichtet. Weil der Leistungsdruck auf die übrigen Arbeitnehmer ständig steigt.
Wenn man dass erkennt, dann erkennt man auch, das die Gesetze in Deutschland viel zu locker sind. Sie geben Arbeitgebern viel zu viele Möglichkeiten, Arbeitnehmer auf die Straße zu setzen.
Und überhaupt, wie interessant müssen wir denn als Wirtschaftsstandort werden?
Die Arbeitszeit verlängern, so wie es mein Arbeitgeber fordert?
Vor einem halben Jahr hat er gesagt, dass es uns so schlecht geht, dass alle Beschäftigten eine viertel Stunde pro Tag umsonst arbeiten sollen.
Da haben wir ihn als Betriebsrat nur ausgelacht.
Warum sollten wir auf etwas verzichten, wofür wir und unsere Väter und Großväter lange gekämpft haben?
Und auf wieviel sollten wir verzichten und wieviel Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen sollten wir dafür brechen?
Warum sollen wir täglich „nur“ ¼ Stunde unbezahlt länger arbeiten? Warum nicht gleich ½ Stunde?
Warum den Französischen Konkurrenten "nur" mit der 40-Stunden-Woche und den Englischen Konkurrenten „nur“ mit der 45-Stunden-Woche schlagen? Warum nicht den Philippinischen mit der 60-Stunden-Woche?
Und wenn wir schon mal dabei sind: Warum ist Kinderarbeit eigentlich verboten? Das schreckt doch Asiatische Investoren ab?
Wo würden wir hinkommen?????????????????????
Und was passiert, wenn der Konkurrent nachzieht und ebenfalls Leistungen kürzt??????????
Und nochwas zu der Sache mit den ausländischen Investoren und den deutschen Gesetzen, weils grade so passt.
Ich war gestern auf einer Betriebsrätekonferenz (wie passend), auf der Prof. Wolfgang Däubler (Prof. für deutsches und europäisches Arbeitsrecht an der Uni Bremen und Ehemann unserer Bundesjustizministerin Hertha Däubler-Gmelin) referiert hat.
Er berichtete, dass er vor kurzem eine Rede vor einer Versammlung von brasilianischen Arbeitgebern und Personalchefs halten musste. Seine Rede handelte von dem deutschen Mitbestimmungssystem und er befürchtete schon im Anschluss gesteinigt zu werden.
Doch was geschah?
Im Anschluss gab es tosenden Ablaus und es gab ausschließlich Zuspruch!
In Brasilien gibt es so etwas wie Betriebsräte nicht.
Dort herrscht viel Chaos in den Betrieben, weil die Arbeiter ihren Frust darin zum Ausdruck bringen, dass sie sich krankschreiben lassen.
Die Arbeitgeber erfahren oft nichts von betrieblichen Problemen, von Mobbing und Stress am Arbeitsplatz. Und der Krankenstand ist dort immens und liegt teilweise bei über 90%.
Es gibt keine Betriebsräte die vermitteln und auf Probleme aufmerksam machen.
Sie hatten selbstverständlich verstanden, dass Mitbestimmung durch Betriebsräte schon Einschränkung in ihrer unternehmerischen Freiheit bedeutet, aber das würden sie in Kauf nehmen wollen........
Das deutsche Mitbestimmungssystem ist in der ganzen Welt bekannt und wird von vielen ausländischen Konzernen bewundert.
So viel mal zu ausländischen Unternehmen......
Das erste Betriebsrätegesetz im 19.Jahrhundert ist schließlich nicht umsonst entstanden......erst durch Arbeiterunruhen und wilde Streiks ist der Kaiser darauf gekommen, dass Ganze per Gesetz in geordnete Bahnen zu lenken.
So, ich denke ich habe jetzt alles gesagt, was ich zu diesem Thema sagen wollte.
Ach ja, eins ist mir noch aufgefallen:
Du kritisierst weiter oben, dass Gewerkschaften sich auf Sonderregelungen mit Arbeitgebern einlassen, wenn es den Betrieben schlecht geht.
Wie passt das mit der Argumentation aus deinem letzten Beitrag zusammen?
Ich entnehme deinem letzten Beitrag nämlich, dass du der Meinung bist, dass deutsche Gesetze, Betriebsräte und Gewerkschaften ausländische Unternehmen abschrecken zu investieren und deutsche Unternehmen ins Ausland treiben.
Wenn Gewerkschaften aber flexibel auf betriebliche Probleme eingehen und Haus-, Ergänzungs- oder Beschäftigungssicherungstarifverträge abschließen, dann stört dich das auch???
Wie passt das zusammen? Das verstehe ich nicht?
Wenn du selber JAVi warst und Gewerkschaftsmitglied bist, wieso fällst du dann auf die Totschlagargumente der Arbeitgeber rein???
Die Standortlüge der Arbeitgeber ist doch schon lange entlarvt.
OK, ich versuchs aber einfach noch mal ganz kurz.
Die Arbeitgeber behaupten, der Kündigungsschutz ist ein Hinderungsgrund für ausländische Investoren und für hiesige Arbeitgeber neue Arbeitnehmer einzustellen.
Wenn dem so wäre, dann würde es verdammt wenig Arbeitslose in Deutschland geben.
Deutschland hinkt was den Kündigungsschutz angeht, weit hinter anderen europäischen Ländern hinterher.
Selbst in der Streikstatistik liegen wir auf den letzten Plätzen.
In Deutschland haben wir eine Arbeitslosenquote von 8,1 %
(Und nicht zu vergessen, nach deiner Aussage einen absoluten Standortnachteil)
In Holland herrscht ein viel strengerer Kündigungsschutz als bei uns. Die Gründe, die ein Arbeitgeber zur Kündigung berechtigen sind zwar die gleichen wie bei uns, aber das Arbeitsamt muss dort jeder Kündigung zustimmen. Ein ungeheurer Aufwand für jeden Arbeitgeber der Kündigen will.
Und jetzt kommts: Holland hat eine Arbeitslosenquote von 2,6%.
In Österreich gibts ebenfalls die selben Kündigungsgründe wie bei uns, aber dort sieht das Gesetz wesentlich höhere Abfindungen vor als bei uns.
Und welch Wunder: Die Arbeitslosigkeit beträgt dort 4,0%
Und selbst in Italien, wo die Arbeitslosenquote annähernd gleich der deutschen ist, gibt es bessere Bedingungen als bei uns.
Dort ist eine Abfindung bei Kündigung sogar gesetzlich festgeschrieben.
Von der gesetzlichen 35 Std. Woche in Frankreich brauche ich wohl erst gar nicht sprechen.
Und die Länder wie Dänemark und Schweden, die für Arbeitnehmerfreundliche Gesetze sehr bekannt sind herrschen Arbeitslosenquoten von 4,2% und 5,1%
[size=0,5](Die Arbeitslosenzahlen stammen aus Monat Mai)[/size]
Wenn man also diese ganzen Aspekte berücksichtigt, schwimmt Deutschland weit hinten. Warum also nicht bei der Arbeitslosenquote??
Geht es da vielleicht um ganz andere Dinge???
Und warum ist auch nach Mitte der 90er Jahre, als die Kohl-Regierung den Kündigungsschutz gelockert, die Entgeltfortzahlung gekürzt und das Streikrecht eingeschränkt hat, die Arbeitslosigkeit ständig weiter gestiegen???
Hinkt da etwa was in der Argumentation??
Ich schrieb bereits weiter oben, dass Arbeitgeber ein natürliches Interesse an einer hohen Arbeitslosigkeit haben.
Nicht nur weil Arbeitnehmer damit erpressbar sind, nein, sie haben auch noch ein schönes Potential an ständig verfügbaren Fachkräften die frei (arbeitslos) auf dem Arbeitsmarkt herumschwimmen.
Überall da, wo Arbeitgeber das Heuern und Feuern erleichtert wird, entstehen keine neuen Arbeitsplätze. Ganz im Gegenteil, es werden immer mehr vernichtet. Weil der Leistungsdruck auf die übrigen Arbeitnehmer ständig steigt.
Wenn man dass erkennt, dann erkennt man auch, das die Gesetze in Deutschland viel zu locker sind. Sie geben Arbeitgebern viel zu viele Möglichkeiten, Arbeitnehmer auf die Straße zu setzen.
Und überhaupt, wie interessant müssen wir denn als Wirtschaftsstandort werden?
Die Arbeitszeit verlängern, so wie es mein Arbeitgeber fordert?
Vor einem halben Jahr hat er gesagt, dass es uns so schlecht geht, dass alle Beschäftigten eine viertel Stunde pro Tag umsonst arbeiten sollen.
Da haben wir ihn als Betriebsrat nur ausgelacht.
Warum sollten wir auf etwas verzichten, wofür wir und unsere Väter und Großväter lange gekämpft haben?
Und auf wieviel sollten wir verzichten und wieviel Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen sollten wir dafür brechen?
Warum sollen wir täglich „nur“ ¼ Stunde unbezahlt länger arbeiten? Warum nicht gleich ½ Stunde?
Warum den Französischen Konkurrenten "nur" mit der 40-Stunden-Woche und den Englischen Konkurrenten „nur“ mit der 45-Stunden-Woche schlagen? Warum nicht den Philippinischen mit der 60-Stunden-Woche?
Und wenn wir schon mal dabei sind: Warum ist Kinderarbeit eigentlich verboten? Das schreckt doch Asiatische Investoren ab?
Wo würden wir hinkommen?????????????????????
Und was passiert, wenn der Konkurrent nachzieht und ebenfalls Leistungen kürzt??????????
Und nochwas zu der Sache mit den ausländischen Investoren und den deutschen Gesetzen, weils grade so passt.
Ich war gestern auf einer Betriebsrätekonferenz (wie passend), auf der Prof. Wolfgang Däubler (Prof. für deutsches und europäisches Arbeitsrecht an der Uni Bremen und Ehemann unserer Bundesjustizministerin Hertha Däubler-Gmelin) referiert hat.
Er berichtete, dass er vor kurzem eine Rede vor einer Versammlung von brasilianischen Arbeitgebern und Personalchefs halten musste. Seine Rede handelte von dem deutschen Mitbestimmungssystem und er befürchtete schon im Anschluss gesteinigt zu werden.
Doch was geschah?
Im Anschluss gab es tosenden Ablaus und es gab ausschließlich Zuspruch!
In Brasilien gibt es so etwas wie Betriebsräte nicht.
Dort herrscht viel Chaos in den Betrieben, weil die Arbeiter ihren Frust darin zum Ausdruck bringen, dass sie sich krankschreiben lassen.
Die Arbeitgeber erfahren oft nichts von betrieblichen Problemen, von Mobbing und Stress am Arbeitsplatz. Und der Krankenstand ist dort immens und liegt teilweise bei über 90%.
Es gibt keine Betriebsräte die vermitteln und auf Probleme aufmerksam machen.
Sie hatten selbstverständlich verstanden, dass Mitbestimmung durch Betriebsräte schon Einschränkung in ihrer unternehmerischen Freiheit bedeutet, aber das würden sie in Kauf nehmen wollen........
Das deutsche Mitbestimmungssystem ist in der ganzen Welt bekannt und wird von vielen ausländischen Konzernen bewundert.
So viel mal zu ausländischen Unternehmen......
Das erste Betriebsrätegesetz im 19.Jahrhundert ist schließlich nicht umsonst entstanden......erst durch Arbeiterunruhen und wilde Streiks ist der Kaiser darauf gekommen, dass Ganze per Gesetz in geordnete Bahnen zu lenken.
So, ich denke ich habe jetzt alles gesagt, was ich zu diesem Thema sagen wollte.
Ach ja, eins ist mir noch aufgefallen:
Du kritisierst weiter oben, dass Gewerkschaften sich auf Sonderregelungen mit Arbeitgebern einlassen, wenn es den Betrieben schlecht geht.
Wie passt das mit der Argumentation aus deinem letzten Beitrag zusammen?
Ich entnehme deinem letzten Beitrag nämlich, dass du der Meinung bist, dass deutsche Gesetze, Betriebsräte und Gewerkschaften ausländische Unternehmen abschrecken zu investieren und deutsche Unternehmen ins Ausland treiben.
Wenn Gewerkschaften aber flexibel auf betriebliche Probleme eingehen und Haus-, Ergänzungs- oder Beschäftigungssicherungstarifverträge abschließen, dann stört dich das auch???
Wie passt das zusammen? Das verstehe ich nicht?