Hier is eine für dich reiter:
Begründung zur Kriegsdienstverweigerung
Nach Artikel 4, Absatz 1, Satz 1 des Grundgesetzes darf niemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst an der Waffe gezwungen werden. Dieses Recht möchte ich in Anspruch nehmen und die Motive für diesen Schritt im Folgendem erläutern.
Schon in meiner Erziehung wurde viel Wert auf ein tolerantes und respektvolles Verhalten gegenüber meinen Mitmenschen gelegt. Die wohl bedeutendsten Erkenntnisse, die ich aus dieser Erziehung mitnahm, waren neben der unbedingten Achtung der Menschenwürde eines jeden Einzelnen, gleich welcher Religion oder Philosophie dieser nachgeht, auch die kategorischen Ablehnung von Gewalt als Konfliktlösungsmittel, sei sie nun physischer oder psychischer Natur.
Neben der Erziehung durch mein Elternhaus stellte sich meine schulische Laufbahn als ein ergänzendes Fundament im Prozess meiner Gewissenbildung heraus, dessen Ergebnis meine heutige Ablehnung von Gewalt ist.
Schon früh entwickelte ich ein reges Interesse an Geschichte und wurde dabei auch zwangsläufig mit den Kriegen der Menschheit konfrontiert, die sich als schwarze Flecken in unsere ehemals „weiße Vergangenheit“ gebrannt hatten.
Diese ersten, meist nur oberflächlichen Erfahrungen und Eindrücke wurden in den für mich sehr prägenden Jahren an der Oberstufe meiner Schule vertieft. Hier offenbarte, neben dem Unterricht in Ethik und Politik, vor allem der Geschichtsunterricht erschreckende Details über die menschliche Natur.
So wurde und wird Gewalt in gewissenloser Art und Weise zur Durchsetzung niederer Ziele angewandt. Als abscheulichstes Beispiel steht hier wohl der Nationalsozialismus, der bar jeglicher Moral Millionen von Menschen aufgrund von primitiven und gegenstandslosen Vorurteilen, oft auf bestialischste Art und Weise, das Leben gekostet hat.
Diesen Zeitraum von 1933 bis 1945 , in dem sich die NSDAP unter Hitler im Deutschen Reich manifestiert hatte, muss man leider nur als ein einzelnes Kapitel der Geschichte menschlicher Brutalität ansehen, denn Verbrechen gegen die Menschlichkeit gab es schon vor Adolf Hitler und - fast noch schlimmer - auch nach ihm.
So beschrieb Thomas Hobbes, ein englischer Philosoph, der von 1588 bis 1679 lebte, den Menschen als ein von Egoismus und aggressiven Selbsterhaltungstrieb gelenktes Wesen, das sich seinen Mitbürgern als Wolf zeigt. Dieses Bild des aggressiven Menschen, der nur auf sein eigenes Wohl bedacht ist, drängt sich mir vor allem bei der Erkenntnis auf, dass man offensichtlich nicht aus den Gräueln und Verbrechen der Kriege der vergangenen Jahrhunderte und Jahrtausende gelernt hat – gelernt, dass Gewalt nie eine legitime und vor allem humane Lösung von Konflikten war, ist und sein wird; zum einen weil ein Krieg immer Menschen in Mitleidenschaft zieht, die rein gar nichts mit dem Konflikt zu schaffen haben, also nur – wenn überhaupt - sehr bedingt kontrollier- und eingrenzbar ist, zum anderen weil ein Krieg dem Menschen das edelste, dass er besitzt, nehmen kann: das Leben.
Schon allein diese Möglichkeit des Krieges oder der Kriegsparteien, anderer Leben zu nehmen, ob diese Macht nun juristisch abgedeckt wird oder nicht, ist – zumindest für mich - zweitrangig, und den Menschen somit ihr kostbarstes Gut zu entreißen, ist für mich untragbar.
Dass nun der Krieg, dessen mögliche Konsequenz das Töten ist und die in den meisten Fällen einkalkuliert wird, für viele als legitim gilt, um nationale Interessen durchzusetzen, ist für mich nicht nur untragbar, sondern auch widerwärtig und zynisch, vor allem vor dem bereits erläuterten Hintergrund einer Geschichte, aus der augenscheinlich nicht die Erkenntnis gezogen wurde, dass Gewaltanwendung, gleich welcher Motivation, immer der falsche Weg zur Erarbeitung einer Lösung ist, eine Erkenntnis die heutzutage meine oberste Maxime ist. Eben dies zeigen aktuelle Konflikte wie in Tschetschenien oder Israel, in denen Gewalt immer wieder Gegengewalt hervorruft und man in eine Spirale zu geraten droht, aus der ein Ausweg in immer weitere Ferne rückt und in der das Leid eskaliert.
Aus diesen persönlichen Erkenntnissen habe ich eben jenen Schluss gezogen: Nichts und niemand kann Gewalt, gleich ob psychischer oder physischer Natur, rechtfertigen und nichts und niemand könnte mich von jenem gewaltfreien Weg abbringen, den mir mein Gewissen gebietet.
Nun Teil der Bundeswehr zu sein, in welcher ich dazu ausgebildet werden würde zu Töten, den „Feind“ als solchen zu betrachten und nicht den Menschen, der eine Familie hat, vielleicht selbst Kinder oder einen Partner, also ein Umfeld, dass ihn liebt, ein Umfeld, über das ich unsägliches Leid bringen würde, sollte ich den „Feind“ töten, wäre für mich absolut untragbar und unvereinbar mit meinen Überzeugungen und meinem Gewissen.
So könnte ich mich nicht mehr im Spiegel betrachten, wüsste ich, dass mein Mitwirken - ob direkt oder indirekt, ob als kämpfender Soldat oder als Sanitäter, der verwundete Soldaten wieder fit macht für deren Wiedereintritt in die Schlacht - an einem solchen Konflikt, der zum Verlust von Menschenleben geführt hätte, und ich würde jegliche Achtung vor mir selbst verlieren.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Gründe, die mich veranlassen, den Dienst an der Waffe zu verweigern, verständlich machen und Sie dazu bewegen, meinem Gesuch auf Kriegsdienstverweigerung statt zu geben.
Mit freundlichen Grüßen