Neee... IHR verdreht eure eigene Regel, so wie IHR sie grade braucht!!! Des
Goldene Regel blablabla... Das nennt man nicht Freiheit, sondern Anarchie...
Weil jeder machen kann, was er will, weil es ihn ja angeblich selbst nicht stört, wenn man ihm gleiches tut...
Und sowas hat noch nie funktioniert!!
Nein, eigentlich nicht. Du hast von vornherein nicht verstanden, was in diesem 16 Jahre alten Dokument ausgesagt wurde. Nachdem dein Beruf Jura zum Inhalt hat, wundert mich das auch nicht großartig. Immerhin bringt man euch systematisch bei, nicht mehr zwischen den Zeilen zu lesen.
Ich habe es verstanden. Ich lebe es seit über 8 Jahren. Und es funktioniert. Weil wir Netizens die Goldene Regel nicht als ein Gesetz betrachten, sondern als eine Richtung. Sie schränkt nicht ein, sie rät nur, und das in zwei Richtungen:
1. Beanspruche nicht selbst maximale Freiheit.
2. Lass anderen ihre Freiheit, auch wenn sie mehr in Anspruch nehmen als du.
Die Goldene Regel ist keine Linie, auf der man balanciert, sie ist ein breites Band, auf dem man sehr ausladend torkeln kann. Ich habe eine größere Amplitude als du - das ist OK. Andere haben eine noch größere. Auch das ist OK. Wer die Straße komplett verlässt, wird irgendwann nicht mehr angesehen werden. Ganz einfach. Ich zeig dir mal so einen
Fall. Such dort nach dem Nicknamen Golf-Variant. Du wirst schnell auch die Postings erkennen, wo er sich den Namen gespart hat.
Um den Fall noch zu kommentieren: Ja, er beleidigt humania, Jesusfan, mich und alles, was nicht seinem Glauben angehört. Das ist OK, ich nehme dann auch kein Blatt vor den Mund. Er hält Atheisten für ungeziefer, das vergast werden müsste (merkst du die Analogie?). Meinetwegen, seine Meinung. Dann entspreche ich gerne
Godwins Law. Er will atheistische Meinungen aus dem Netz verbannen lassen? Darüber lache ich - denn seine Äußerungen stehen nur im Netz, weil für sie die gleiche Freiheit gilt wie für die Atheisten.
Ich gebe dir einen Rat, Klappi: Vor dir sitzt kein Computer, sondern ein Mensch. Dieser Mensch hat wie du gute und schlechte Tage, verschiedene Stimmungen und es ist oft so, dass man missverstanden wird. Das Internet kommuniziert über Schrift, und jede Schrift hat ein Problem: Gefühle und Gedanken sind nur unzureichend darstellbar; in einem Gespräch gibt es dafür Tonlagen und Mimik, im Netz nur Smileys. Ein Smiley ist wie ein Holzbein - er verbessert die Situation zwar, aber nur rudimentär.
Die Declaration Of Independence Of Cyberspace wurde für Netizens, für
Digital Natives geschrieben, nicht für Digital Immigrants. Sie wurde von Menschen für Menschen geschrieben, die "hier" bereits heimisch sind. Ich kann dir nicht beschreiben, wie ein Elefant aussieht, sich anfühlt und reagiert - das musst du selbst herausfinden. Insofern kannst du sie auch nicht richtig verstehen, so wie ich nie verstehen werde, wie man sich eine E-Mail oder eine Webseite ausdrucken kann.
Ach, zur Anarchie noch ein Wort:
Aristoteles schrieb:
Dies habe ich durch Philosophie gewonnen: Dass ich tue, ohne befohlen zu werden, was andere nur aus Furcht vor dem Gesetz tun.
Edith meint: Ich werd dich wohl auch noch ne Weile ärgern müssen - nachdem ich im Mai einen VHS-Kurs "Internet" für alle Altersstufen geben werde, brauch ich nen bisschen Einblick in eure Offline-Kultur.