Politik
Politik spielte eine eher nebensächliche Rolle, viele Szenemitglieder zeigten sich unpolitisch. Das zumeist einheitliche martialische Auftreten der Anhängerschaft wurde jedoch oftmals als Demonstration eines menschlichen Idealbilds verstanden. Verwendete Symbole wie Hammer, Maschinenrad oder Ährenkranz erinnerten zum Teil an Kennzeichen verschiedener Arbeiter-Organisationen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Musik und Kultur kamen dadurch schnell in den Verruf, faschistisch zu sein. Diese Annahme wurde zusätzlich bestärkt, da führende Künstler wie Front 242 oder Nitzer Ebb von ihrem politischen Standpunkt aus keine klaren Statements abgaben. Ein ähnliches Problem existierte jedoch schon zu Zeiten der Neuen Deutschen Welle. Die Deutsch-Amerikanische Freundschaft nämlich rückte man einst in den frühen 1980er-Jahren ins falsche Licht, ohne deren Beweggründe zu hinterfragen:
„Die Sehnsucht, a-historisch zu sein, ist ja die eigentliche Triebfeder faschistischer Geschichtsschreibung. Da parodistische, ironische oder theatralische Distanz bei DAF nirgends zu spüren sind, wirken ihre Texte als Propaganda.“
– Frankfurter Rundschau, 1980
Robert Görl (DAF) hierzu:
„Damals haben wir mit politischen wie auch mit sexuellen Ideen gespielt, Provokation ging uns über alles. Gleichzeitig waren wir so selbstbewusst, dass uns die Reaktionen der Öffentlichkeit völlig egal waren. Wir kokettierten mit Homo-Erotik, mit Faschismus, mit jeglicher Spielart von Perversion, weil wir der festen Überzeugung waren, dass Kunst alles kann und darf. Wir wollten mit unserer Arbeit totale Freiheit, also haben wir uns diese Freiheit einfach genommen. Zensur war das Schlimmste für uns, die haben wir schlicht abgelehnt.[23] Wir wollten Tabus aus den Löchern holen und sagen: Hier, wir kippen euch das Tabu auf die Tanzfläche – wie gefällt euch das?“[24]“
Jürgen Engler (Die Krupps) zeigte sich indessen verantwortungsbewusst:
„Wir haben uns immer ganz bewusst gegen Rechts gestellt, weil der EBM-Generation dieser faschistoide Touch anhaftete und die tonangebenden Bands sich nie klar abgrenzten, sondern unbekümmert mit solcher Symbolik kokettierten, künstlerisch frei auslegbar bleiben wollten. Dabei musst du deinen Standpunkt klarmachen, denn die wenigsten verstehen doch die künstlerische Aussage oder Provokation …[25]“
Bis heute existieren keine Anzeichen dafür, dass die EBM-Kultur einer rechtsextremen Ideologie folgt. Vielmehr bedient sie sich bereits vertrauter Provokationsformen aus dem Punk- und Industrial-Umfeld. Dessen ungeachtet kam es auf der Internetplattform Indymedia infolge fehlerhafter Berichterstattungen zu Konflikten zwischen Antifa und Angehörigen der EBM-Szene (bspw. anlässlich eines Konzerts der Band Armageddon Dildos im Dessauer Beatclub, 2006).