Sowieso und überhaupt ist der aufgesetzte Horror um den 1. November herum ja gar nichts gegen die subtile Angst, die einen während mancher Fernsehveranstaltung überfallen kann, wenn man mal einen Moment nicht aufpasst.
So zum Beispiel am 1. November im Vorabendprogramm auf RTL.
Manch einer – aber zum Glück nicht alle – kennen vielleicht die Serie „Die Autoverkäufer“, in denen die Kölner Jörg und Dragan ahnungslosen Hausfrauen überteuerte Gebrauchtwagen unter den Rock schieben.
Bei RTL sah man sich aufgrund des wohl weltweiten Erfolges der Serie dazu verpflichtet, ein Special über die beiden Vögel zu drehen, wie sie nach Polen reisen.
Wer bei der Vorschau der Sendung noch nicht wegezappt oder den Fernseher komplett zerstört hat, hatte entweder eine Kürbisvergiftung oder muss Wochenrückblicke schreiben.
Für die, die das Spektakel verpasst haben, lasst es Euch gesagt sein: Euch ist ein wahres Feuerwerk entgangen.
Jörg, Dragan und der Lehrling Michael – der immer nur mit „Micha“ angesprochen wurde, mehr als zwei Silben verursachten bei den Autoverkäufern wohl Kopfschmerzen – erlebten in einer Woche Polen mehr als mancher Buddhist in seinem ganzen Leben zusätzlich zweier Wiedergeburten:
Mercedes geklaut, Falschgeld angedreht bekommen, mit Falschgeld in ner Kneipe bezahlt, in den Knast gekommen (genau: wegen Falschgeld), einen Unfall gebaut, dem Unfallgegner das Auto abgekauft, ein Auto abgefackelt, den geklauten Mercedes in Einzelteilen auf nem polnischen Automarkt wieder gefunden, man sieht schon, das alles wirkt recht authentisch, zumal der Kameramann nicht mit in den Knast musste, der durfte ausserhalb der Gitterstäbe fröhlich weiterfilmen.
Jörg und Dragan sind natürlich nicht aus lauter Jux und Dollerei nach Polen gedüst, sondern um Tante Marthas Mann zu helfen, der einen Unfall hatte und nun jemanden braucht, der seinen Autohof weiter führt.
Dort trug sie sich dann auch zu, jene legendäre Unterredung, die in die Annalen der RTL-Dialoge einging und fortan auf einer einsamen Insel erzählerischer Glückseligkeit überwintern darf:
„Ey Micha, mach ma die Preise von allen Autos 30 % rauf!“
„Ja wie jetzt, also doppelt so teuer?“
„Ne, du Vollspacken, datt wären ja dann 50 %!“
Um Gottes Willen, nur drei Gründe sind mir eingefallen, warum der Kölsche Fernsehsender dies auch wirklich exakt so ausgestrahlt hat:
Bei RTL hat man kaum Zeit, dreht die Sendungen runter und schmeisst dann alles fix in den Schneideraum, wo ein armer, blinder und tauber Praktikant mit einer Schere und einigen Rollen Tesafilm herumhockt.
RTL hat den dezenten Rechenfehler bemerkt, der zuständige Regisseur tat aber alles mit einem „da soll der Herr Pisa sich mal schön drum kümmern“ lässig ab.
Jörg und Dragan sind wahre Rechenkünstler und haben die Aufgabe auch zunächst gelöst. Doch irgendein Knilch bei RTL mit einem subtilen Sinn fürs humoristische war der Meinung, dass das eine gute Stelle für einen proletarischen Witz sondergleichen wäre und der beim staunenden Publikum bestimmt klasse ankommt.
Gruselig, nicht wahr?