Teil Eins
Es kommt mir gar nicht so lange vor, obwohl seit diesem Abend gewiss mehr als 18 Jahre vergangen sind. Jedes noch so kleine Detail spielt sich in meinem Kopf ab, so als ob ich es erst vor einigen Tagen erlebt hätte. Oder gar erst vor wenigen Stunden.
Ich stand in der dunklen, königlichen Halle, gehüllt in einen kostbaren, smaragdgrünen Umhang, der mich vor der eisigen Kälte des nordischen Winters schützte, die trotz der Dicke der Wände in den Palast gelangte, und sagte laut: „Ha, ho.“
Die Worte hallten durch die riesige Halle, umfassten die vielen Säulen und er antwortete laut: „La.“
Nie hatte ich dies weise Wort vergessen, aus meiner Erinnerung gestrichen.
Nachdem er von uns gegangen war, stand ich noch oft allein in meinem Gemach und wiederholte dieses Wort laut und deutlich, sprach zu mir selbst.
Und so ist es noch heute.
Doch vor 18 Jahren war ich noch ein Kind und die Welt anders, als sie jetzt ist. Damals war ich noch nicht im Stande die tiefe Bedeutung dieses Wortes zu begreifen. Ich wollte verstehen, doch es gelang mir nur zur Hälfte. Und wäre ich damals nur einige Sonnenuntergänge älter gewesen, dann wäre meinem Land sein Leiden erspart geblieben.
Mit nur 2 Monaten war ich zur Königin meines eigenen Königreiches ernannt worden, da mein Vater durch die neuste Entwicklung der Menschen, die darin bestand, sich mit einem kleinen Kasten, der mit vielen Flaschen gefüllt war, vor einen großen Kasten zu setzen und diesen unentwegt anzublicken, zu sehr von seinen Regierungsgeschäften abgelenkt war und meine Mutter eine Frau war und es damals einem weiblichen Wesen noch nicht gestattet war zu regieren.
Und ich war schließlich noch ein Kind, ein Säugling. Und ich war unschuldig, fromm und rein.
Was machte es da schon aus?
Dass ich jedoch zu einer Frau heranwachsen würde, damit hatte niemand in meinem Königreich gerechnet.
Es erhoben sich Proteste, als das Gerücht sich nicht als solches, sondern als Wahrheit entpuppte und überall im ganzen Lande schrieen aufgebrachte Stimmen gegen mich. Sie forderten die Erhebung meines Bruders zum König.
Das einzige Problem an dieser Sache war das nicht Vorhandensein meines Bruders, denn meine Eltern hatten nie ein weiteres Kind bekommen, ich war ihr einziges.
Dennoch sandten die gelehrten, königlichen Berater meines Landes einen Suchtrupp aus, der alle Wälder, Seen und Dörfer durchstreifte, auf der Suche nach meinem Bruder und einem neuen König.
Wohl wahr war es, dass sie viele Kinder und Erwachsene fanden, die mir sehr ähnlich sahen, doch die heidnischen D.N.A. Tests, die eigentlich als ketzerisch angesehen wurden, dennoch von Zeit zu Zeit durchgeführt wurden, erwiesen, dass diese Menschen unmöglich mit mir verwandt sein konnten.
Verzweiflung packte meine Bevölkerung und so mancher tüftelte sicher an einem Plan mich umzubringen, um so den Thron freizubekommen und sich dann zu überlegen, wie es weitergehen sollte, bis mein Vater sich von dem Kasten erhob und zu meinen Untertanen sprach.
Unser Palast hatte einen riesigen Balkon, eine Art Kanzel, von der der König aus zu seinem Volke sprach, welches sich vor dem Palast versammelte.
Mein Vater sah sein Volk, welches immer noch gegen mein Pontifikat protestierte ernst an, räusperte sich und sprach dann mit gelassener Stimme, die einige Anzeichen der Aggressivität nicht im Verborgenen hielt:
„Mein Volk, haltet die Fresse!“
Und obwohl er nicht oft zum Volke sprach, begrüßte es dennoch euphorisch seine mit Bedacht gewählten Worte und jubelte ihm lauthals zu.
Sofort wurden die Proteste eingestellt und diejenigen die sich weigerten zu Tode gesteinigt, erhängt, erschossen, den Löwen zum Fraß vorgeworfen, geköpft, oder in die von Ratten überfüllten Kerker geworfen.
Das war ein schöner Tag und ich war 6 Jahre alt.
TzzzzzZZZZzzzzzzzzzzz!
Für Fee