Blödheit
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Der Ausdruck Blödheit bedeutete in seiner Sprachentwicklung unter anderem Schüchternheit oder Ungeschicklichkeit und wird heute oft gleichgesetzt mit Dummheit.
Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Wortgeschichte
2 Blödheit als Schwäche
3 Blödigkeit im Recht
4 Blödheit im heutigen Sprachgebrauch
5 Blödigkeit
6 Siehe auch
Wortgeschichte
Sprachgeschichtlich leitet sich Blödheit von althochdt. blodi = schwach, kraftlos bzw. mhdt. blœde = schwach, zart ab. Im dänischen Wort blød hat sich die Bedeutung „weich“ bis heute erhalten.
Das Suffix -heit hat sich in Verbindung mit Adjektivstämmen in althochdeutscher Zeit zur beliebtesten Möglichkeit, Abstrakta zu bilden, entwickelt (vgl. Eigenschaftsnominalisierung). (In Konkurrenz zu -heit stand schon damals das Suffix -ung, das aber vorzugsweise an Verbalstämme angehängt wurde; vgl. Ereignisnominalisierung oder Ereignisabstraktum).
-heit stammt vom gotischen Wort haidus = Ehre, Art und Weise, Geschlecht, Stand, Eigenschaft ab, das im Althochdeutschen zu heid/heit wurde und im 8. und 9. Jahrhundert als Übersetzungsmöglichkeit für die lateinischen Wörter persona und sexus dienen konnte. Im Mittelhochdeutschen ist heid/heit nur noch selten als eigenständiges Wort belegt und auf die Bedeutung Art und Weise, Beschaffenheit reduziert. Als Suffix trat es schon sehr früh neben -î und -ida, das es bald verdrängte, auf. Blödheit ist also ein typisches Beispiel für eine Eigenschaftsnominalisierung. Das entsprechende Ereignisabstraktum wäre Verblödung.
Varianten sind Blödigkeit, als Adjektiv blödsinnig und blöde. In Luxemburgischer Umgangssprache wird auch als Synonym von blöd das wort JEFF benutzt.
Blödheit als Schwäche
Zeitweise beschränkte sich die Bedeutung von Blödheit und blöde noch auf die alte Vorstellung von der Kraftlosigkeit oder Schwäche, die bei diesem Wort offenbar immer mitschwingt:
Sie zogen weiter und fanden einen am Weg sitzen, der hatte die Augen zugebunden.
Sprach der Königssohn zu ihm: "Hast du blöde Augen, dass du nicht das Licht sehen kannst?" (Grimms Märchen, Die sechs Diener)
In Fontanes Effi Briest ist zu lesen:
[...] sie war damenhafter als die beiden anderen, dafür aber langweilig und eingebildet, eine lymphatische Blondine, mit etwas vorspringenden, blöden Augen, die trotzdem beständig nach was zu suchen schienen, weshalb denn auch Klitzing von den Husaren gesagt hatte: "Sieht sie nicht aus, als erwarte sie jeden Augenblick den Engel Gabriel?"
Und Sievert Tiburtius in Buddenbrooks hat
Augen, die gemeinhin eng zusammengekniffen ein wenig blöde umherblinzelten.
Hier werden zunächst körperliche Merkmale beschrieben, allerdings zumindest in den beiden letztgenannten Zitaten nicht ausschließlich. Das Auge gilt als einer der ausdrucksfähigsten Körperteile des Menschen, als Eingang zu seiner Seele, und lässt auch auf seinen Geisteszustand und seine geistige Aufnahmefähigkeit schließen.
Ähnlich liegt der Fall in Genesis Kap 29, wo es heißt: Lea hatte ein blödes Gesicht. Rahel aber war hübsch und schön.
Die imbecilitas intellectus nostri bei Thomas von Aquin kann dementsprechend auch mit Blödheit und Stumpfheit unserer Erkenntniskraft übersetzt werden (vgl. 1).
Blödheit wurde, auch ohne Berücksichtigung besonderer körperlicher Merkmale bzw. des Blicks einer Person, auch zu einem Wort für Geistesschwäche oder Idiotie. Von hier aus kam es dann zu unserem heutigen Wortverständnis.
In E. T. A. Hoffmanns Der Sandmann etwa macht sich das Publikum über die Automatenpuppe Olimpia lustig. Da es nicht erkennt, dass deren Wortkargheit auf ihrer Künstlichkeit beruht, beurteilt es Olimpia als blöde Person.
Noch deutlicher wird die Konnotation der Unzurechnungsfähigkeit - mit den entsprechenden juristischen Konsequenzen - in Jaroslav Hašeks Schwejk, z. B. an folgender Stelle:
Er schaute blutdürstig auf Schwejk und sagte:
"Benehmen Sie sich nicht so blöd!"
"Ich kann mir nicht helfen", antwortete Schwejk ernst, "man hat mich beim Militär wegen Blödheit superarbitriert. Ich bin amtlich von der Superarbitrierungskommission für einen Idioten erklärt worden. Ich bin ein behördlicher Idiot."
Noch in Heinrich Bölls Roman Und sagte kein einziges Wort wird ein geistig behinderter Junge als "der Blöde" bezeichnet.
Auch das Wort blödsinnig wurde zeitweise in diesem Sinn gebraucht, etwa im Zerbrochenen Krug von Heinrich von Kleist.
Heute würde man keinem Menschen mit einer kognitiven Behinderung mehr "Blödheit" unterstellen, da das Wort inzwischen als Beschimpfung gilt.
Blödigkeit im Recht
"Blödigkeit" als seelische Eigenschaft wurde in der Vergangenheit in der Rechtssprache benutzt, um einer Person Unzurechnungsfähigkeit wegen bestimmter seelischer Schwächen zuzuschreiben:
"menschen, welchen das vermögen, die folgen ihrer handlungen zu überlegen, ermangelt, werden blödsinnig genannt" (Strein-Linsmairscher Entwurf des niederösterreichischen Landrechts von 1599. Quelle)
"Item, ob ain raisender von plöttigkeit wegen oder ain schwangere frau ain weinbeer auf der straaß abbrech, die seint darumb nichtß schuldig." (Niederösterreichische Weisthümer, Mannhartsbergviertel Mitte 1400 Quelle)
Blödheit im heutigen Sprachgebrauch
Das Substantiv Blödheit ist weit seltener in Gebrauch als das Adjektiv oder Adverb blöd. Dieses kann nicht nur dumm bedeuten, wie etwa in dem bekannten Werbeslogan Ich bin doch nicht blöd!, sondern in bestimmten Zusammenhängen auch unangenehm oder bedrohlich, z. B. wenn jemand sagt, er habe ein blödes Gefühl. Auch mit Ausrufen wie Blöde Kuh! oder Blödmann! drückt man weniger ein Urteil über das intellektuelle Niveau seines Gegenübers aus, sondern erklärt ihn eher für lästig, störend oder auch albern.
Die ursprüngliche Wortbedeutung der Blödheit als Schwäche oder Scheu wird noch in der Redensart sich nicht entblöden tradiert. Schon seit dem 17. Jahrhundert ist diese Form als sich entblöden, also die Schwäche abtun, sich erkühnen, sich erfrechen, bekannt. Das zusätzliche nicht dient dabei in der doppelten Verneinung nur der Verstärkung.
Blödigkeit
Nicht immer wurde das Word "Blödigkeit" pejorativ gebraucht. So heißt es in der dritten Strophe des Liedes Komm, Heiliger Geist, Herre Gott:
O Herr, durch dein' Kraft uns bereit
Und stärk des Fleisches Blödigkeit,
Daß wir hier ritterlich ringen,
Durch Tod und Leben zu dir dringen!
Heutigem Sprachgebrauch kommen diese Verse ebenso befremdlich vor wie Hölderlins Odentitel Blödigkeit.
Siehe auch
Pejoration, Wahnsinn
Von „
http://de.wikipedia.org/wiki/Blödheit“
Kategorie: Persönlicher Charakter