- 8 Aug. 2006
- 356
- 254
- 88
Hallo Leuts, Kopfschüttler, whatever - einfach: Wacken-Freunde, -Besucher, -Liebhaber!
Ich bin ja nun nicht das ganze Jahr über hier im Forum aktiv, sondern vor allem immer nach dem aktuellen Wacken, um mich ein wenig über die Stimmung, die Meinung anderer Metaller auf dem Laufenden zu halten. Nun sieht es ja die letzten Jahre so aus, dass jedenfalls gefühlt die Kritikerstimmen immer lauter oder mehr werden - wobei natürlich ein Forum immer dazu neigt, eher die Kritiker hervorzubringen als die positiven Stimmen (gibt da so ne "betriebswirtschaftliche Theorie", die besagt, dass ein zufriedener Kunde 2 neue ranschleppt, aber ein unzufriedener Kunde gleich 10 abhält - so ähnlich jedenfalls erscheints mir manchmal in der weltweiten Forenlandschaft).
Was mir jedenfalls auf meiner Stippvisite hier im Forum die letzten Tage extrem aufgefallen ist: was ist eigentlich Wacken? Selbstverständlich habe ich da meine eigene Definition von und starte dann hier durch und stelle fast überall fest - hey, viele sehens ja doch ganz anders (Schande auf meine Allwissenheit, ich versinke im Boden ).
Dabei ist mir unwillkürlich der Gedanke gekommen - mooooment.... wer definiert denn nun eigentlich Wacken? Was ist Wacken? Welche Kritik könnte treffen, welche einfach übers Ziel hinausschießen oder gar meiner Ansicht nach gar nichts mit Wacken zu tun haben?
Die Antwort ist einfach: 42. Quatsch natürlich.... die Antwort ist fies und vielleicht auch ein bischen hart, weil es viele - so auch ich immer irgendwie noch - vielleicht nicht ganz wahrhaben wollen.
Ich hab mal versucht, mich in die Lage der Orga hineinzuversetzen und habe mich gefragt - wie würde ich in so einem Fall handeln? Was würde ich machen? Wie würde ich so ein Ding aufbauen und vor allem - wie würde ich mit dem Erfolg umgehen?
Gehen wir mal zurück - die ersten Jahre. Irgendwie entsteht aufm platten Land ein Festival mit böser Musik, dunklen Gestalten und einem Dorf und einer Bühne. Irgendwie lustig und nach und nach kommen halt wohl erstmal viele "Insider" nachgedackelt. Es wächst und wächst, die gesamtdeutsche bzw. auch europäische Metalgemeinde entdeckt Wacken. Tolle Stimmung, man ist sich im Geiste irgendwie einig, es geht was robuster zu und Dreck sollte man auch nicht fürchten - also irgendwie nix, was die breite Masse anspricht, sondern was einem schon etwas Durchhaltevermögen abringt, um dazu zu gehören. Schnell ist man sich einig: Wacken ist der "Spirit des Metal". Aaaaber - was macht die Orga? Sie sieht die Früchte ihrer Arbeit wachsen und ohne Zweifel haben auch die Jungs und Mädels dort eine gewisse Vorstellung, was Wacken sein soll, wo es hinsoll und was dazu gehört. Es ist nur so, dass am Anfang halt nicht alles einfach so aus dem Boden gestampft werden kann. Vielleicht war auch damals schon Mittelalter total deli, Wrestling spitze und das Ziel, die dicksten und größten Bands des Metal-Universums auf der eigenen Bühne stehen zu haben.
Was liegt also näher, sich dem Ziel, das größte Metalfestival der Welt zu werden, immer weiter anzunähern? Für das Fernziel Maiden, Saxon, was weiss ich braucht man einfach Kies, Publikum, Umsatz. Natürlich ist es auch geil, von sämtlichen Metal-Jüngern gehuldigt zu werden - sicher ein geiles Gefühl. Aber da war ja noch das Fernziel.
Die Jahre vergehen also, die Gemeinde feiert sich selber, ein paar Jahre hält die Größe und irgendwie - ja, es geht einfach noch mehr. Manche rufen nach besseren Sanitärverhältnissen - gut, bauen wir Profi-Klos. Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen - gut, wird die Fressecke zur Fressmeile. Und so weiter und so fort.... ich finde: alles Dinge, bei denen man durchaus nachvollziehen kann, warum sie dazu gekommen sind und sie sind nicht zuletzt auch den Rufen aus dem Publikum geschuldet.
Auf einmal passiert: die Medien entdecken Wacken, die Popularität steigt, die Massen strömen und eigentlich gibt es nun so langsam keine Band mehr, die man nicht kriegen könnte. Dafür ist allerdings der Stand der Zuschauer schon bei 70000 oder mehr.
Jetzt kommt der gemeine Metalfan - also auch ich - und stellt fest: mist, die Heimeligkeit und Kuscheligkeit der vorherigen Phase war doch eigentlich viel geiler. Und nun? Klein und kuschelig vs. groß, populär und voll. Jetzt stehe ich da mit meinen kurzen Hosen und fordere lauthals: ey, gebt mir mein Wacken zurück. Wie damals. Heißt also im Klartext: ich fordere, dass meine eigene Definition von Wacken als das Maß der Dinge genommen werden soll. Damit einhergehend Umsatzeinbußen, Besucherrückgang und ziemlich sicher auch mit Einbußen in Sachen Bands, Infrastruktur und allgemeine Versorgungslage.
Ist es nicht andersrum eher absolut nachvollziehbar, dass eine Orga ein Fernziel verfolgt? In diese Richtung arbeitet und es auch erreicht? Darf ich als Metalfan fordern: hey, ihr da oben, verzichtet gefälligst auf Kohle, damit ICH mein Ding wiederhabe? Jaja, Kohle ist verwerflich, mag sein. Aber sowas dann fordern? Weil ich vielleicht emotional irgendwo in der vielleicht sogar gewollten Übergansphase hängengeblieben bin, die zwar toll war, aber vielleicht niemals als Endziel vorgesehen war?
Kann ich nun hingehen und es verwerflich finden, dass es das Ziel ist, das größte Ding auf Metalerden aufzubauen?
Nu wirds hart:
Es ist doch mehr als nachvollziehbar und zwingend logisch, dass alles, was in Wacken entstanden ist, zwangsläufig den Vorstellungen der Orga von "ihrem" Wacken entspricht und zwar ganz sicher in vielen Fällen mit der Voraussetzung, dass auch dort oben gedacht wird: ja, die Erweiterung macht Sinn und bringt den Leuten was. Sprich: Wacken läuft genau so, wie es von den Organisatoren gewollt wird.
Selbstredend - es gibt Auswüchse in der Preiskultur zum Beispiel, die einfach jeder Beschreibung spotten. Da ist sicher irgendwo Spielraum und man könnte meinen: gut, jeder soll seinen Kies verdienen, aber gebt uns bitte nicht den Eindruck, wir wären wirklich nur noch Melkvieh. Diesen Einwand kann ich noch nachvollziehen.
ABER - bei allem anderen kann ich mir nur schwerlich vorstellen, dass uns jemand einen reindrücken will, sondern dass einfach ein megafettes Ding aufgebaut wird und wurde und dieses auch geworden ist.
Nun versteht mich nicht falsch - ich sage nicht, dass ich den aktuellen Status gut finde. Für mich reift nur immer weiter die Erkenntnis - die Orga is doch nicht blöd, sie wissen, was sie tun und beabsichtigen und wo sie hinwollen. Da ist es schon relativ unverschämt, meinen "Kuschelmaßstab" der kleinen Gemeinde soweit hochzustilisieren. Heißt also - ICH bin derjenige, der überlegen muss: ist es das, was ich will? Warum sollte ich massive Rückschritte und Änderungen fordern, wenn doch offensichtlich ist, dass die Planer der ganzen Sache andere Vorstellungen haben als ich?
Also - was ist und war nun Wacken? Die Übergangsphase? Das eigentliche Ziel (also heute quasi)? Kann ich überhaupt sagen, Wacken war nur "true" wie damals? Ist es nicht eher heute erst "true"?
Wenn ich hier fair und ehrlich bin, habe ich andere Maßstäbe und vergesse immer wieder, dass nicht ich definiere, wo Wacken sein sollte, sondern diejenigen, die es aufgebaut haben. Und ehrlicherweise - es ist weder verlogen, noch unehrlich - es passieren noch genug Dinge "für den Gast", es wird immer mehr geboten und alles wird immer größer. Niemand hat mir "damals" gesagt, dass alles auch in Zukunft so sein wird, wie ich es speziell haben will.
Daraus ergibt sich schon in etwa folgendes: sei froh, dass Du etwas kennenlernen konntest, was Dir viel gegeben hat, aber rechne damit, dass es sich ändert.
So, ich hoffe, der Beitrag trägt ein wenig dazu bei, dass vielleicht auch die ein oder andere Diskussion etwas "neutraler" verläuft und sich manche Leute auch mal Gedanken machen, was sie fordern, warum sie es fordern und mit welchem Recht sie es fordern. Die Antwort gibt sich jeder selber.
Ich für mich weiß - ich kann zwar Vorschläge einbringen, letztendlich bin ich aber auch selbst genug, um zu beobachten und dann zu entscheiden, was ich will.
Gutgehn
stratege
Ich bin ja nun nicht das ganze Jahr über hier im Forum aktiv, sondern vor allem immer nach dem aktuellen Wacken, um mich ein wenig über die Stimmung, die Meinung anderer Metaller auf dem Laufenden zu halten. Nun sieht es ja die letzten Jahre so aus, dass jedenfalls gefühlt die Kritikerstimmen immer lauter oder mehr werden - wobei natürlich ein Forum immer dazu neigt, eher die Kritiker hervorzubringen als die positiven Stimmen (gibt da so ne "betriebswirtschaftliche Theorie", die besagt, dass ein zufriedener Kunde 2 neue ranschleppt, aber ein unzufriedener Kunde gleich 10 abhält - so ähnlich jedenfalls erscheints mir manchmal in der weltweiten Forenlandschaft).
Was mir jedenfalls auf meiner Stippvisite hier im Forum die letzten Tage extrem aufgefallen ist: was ist eigentlich Wacken? Selbstverständlich habe ich da meine eigene Definition von und starte dann hier durch und stelle fast überall fest - hey, viele sehens ja doch ganz anders (Schande auf meine Allwissenheit, ich versinke im Boden ).
Dabei ist mir unwillkürlich der Gedanke gekommen - mooooment.... wer definiert denn nun eigentlich Wacken? Was ist Wacken? Welche Kritik könnte treffen, welche einfach übers Ziel hinausschießen oder gar meiner Ansicht nach gar nichts mit Wacken zu tun haben?
Die Antwort ist einfach: 42. Quatsch natürlich.... die Antwort ist fies und vielleicht auch ein bischen hart, weil es viele - so auch ich immer irgendwie noch - vielleicht nicht ganz wahrhaben wollen.
Ich hab mal versucht, mich in die Lage der Orga hineinzuversetzen und habe mich gefragt - wie würde ich in so einem Fall handeln? Was würde ich machen? Wie würde ich so ein Ding aufbauen und vor allem - wie würde ich mit dem Erfolg umgehen?
Gehen wir mal zurück - die ersten Jahre. Irgendwie entsteht aufm platten Land ein Festival mit böser Musik, dunklen Gestalten und einem Dorf und einer Bühne. Irgendwie lustig und nach und nach kommen halt wohl erstmal viele "Insider" nachgedackelt. Es wächst und wächst, die gesamtdeutsche bzw. auch europäische Metalgemeinde entdeckt Wacken. Tolle Stimmung, man ist sich im Geiste irgendwie einig, es geht was robuster zu und Dreck sollte man auch nicht fürchten - also irgendwie nix, was die breite Masse anspricht, sondern was einem schon etwas Durchhaltevermögen abringt, um dazu zu gehören. Schnell ist man sich einig: Wacken ist der "Spirit des Metal". Aaaaber - was macht die Orga? Sie sieht die Früchte ihrer Arbeit wachsen und ohne Zweifel haben auch die Jungs und Mädels dort eine gewisse Vorstellung, was Wacken sein soll, wo es hinsoll und was dazu gehört. Es ist nur so, dass am Anfang halt nicht alles einfach so aus dem Boden gestampft werden kann. Vielleicht war auch damals schon Mittelalter total deli, Wrestling spitze und das Ziel, die dicksten und größten Bands des Metal-Universums auf der eigenen Bühne stehen zu haben.
Was liegt also näher, sich dem Ziel, das größte Metalfestival der Welt zu werden, immer weiter anzunähern? Für das Fernziel Maiden, Saxon, was weiss ich braucht man einfach Kies, Publikum, Umsatz. Natürlich ist es auch geil, von sämtlichen Metal-Jüngern gehuldigt zu werden - sicher ein geiles Gefühl. Aber da war ja noch das Fernziel.
Die Jahre vergehen also, die Gemeinde feiert sich selber, ein paar Jahre hält die Größe und irgendwie - ja, es geht einfach noch mehr. Manche rufen nach besseren Sanitärverhältnissen - gut, bauen wir Profi-Klos. Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen - gut, wird die Fressecke zur Fressmeile. Und so weiter und so fort.... ich finde: alles Dinge, bei denen man durchaus nachvollziehen kann, warum sie dazu gekommen sind und sie sind nicht zuletzt auch den Rufen aus dem Publikum geschuldet.
Auf einmal passiert: die Medien entdecken Wacken, die Popularität steigt, die Massen strömen und eigentlich gibt es nun so langsam keine Band mehr, die man nicht kriegen könnte. Dafür ist allerdings der Stand der Zuschauer schon bei 70000 oder mehr.
Jetzt kommt der gemeine Metalfan - also auch ich - und stellt fest: mist, die Heimeligkeit und Kuscheligkeit der vorherigen Phase war doch eigentlich viel geiler. Und nun? Klein und kuschelig vs. groß, populär und voll. Jetzt stehe ich da mit meinen kurzen Hosen und fordere lauthals: ey, gebt mir mein Wacken zurück. Wie damals. Heißt also im Klartext: ich fordere, dass meine eigene Definition von Wacken als das Maß der Dinge genommen werden soll. Damit einhergehend Umsatzeinbußen, Besucherrückgang und ziemlich sicher auch mit Einbußen in Sachen Bands, Infrastruktur und allgemeine Versorgungslage.
Ist es nicht andersrum eher absolut nachvollziehbar, dass eine Orga ein Fernziel verfolgt? In diese Richtung arbeitet und es auch erreicht? Darf ich als Metalfan fordern: hey, ihr da oben, verzichtet gefälligst auf Kohle, damit ICH mein Ding wiederhabe? Jaja, Kohle ist verwerflich, mag sein. Aber sowas dann fordern? Weil ich vielleicht emotional irgendwo in der vielleicht sogar gewollten Übergansphase hängengeblieben bin, die zwar toll war, aber vielleicht niemals als Endziel vorgesehen war?
Kann ich nun hingehen und es verwerflich finden, dass es das Ziel ist, das größte Ding auf Metalerden aufzubauen?
Nu wirds hart:
Es ist doch mehr als nachvollziehbar und zwingend logisch, dass alles, was in Wacken entstanden ist, zwangsläufig den Vorstellungen der Orga von "ihrem" Wacken entspricht und zwar ganz sicher in vielen Fällen mit der Voraussetzung, dass auch dort oben gedacht wird: ja, die Erweiterung macht Sinn und bringt den Leuten was. Sprich: Wacken läuft genau so, wie es von den Organisatoren gewollt wird.
Selbstredend - es gibt Auswüchse in der Preiskultur zum Beispiel, die einfach jeder Beschreibung spotten. Da ist sicher irgendwo Spielraum und man könnte meinen: gut, jeder soll seinen Kies verdienen, aber gebt uns bitte nicht den Eindruck, wir wären wirklich nur noch Melkvieh. Diesen Einwand kann ich noch nachvollziehen.
ABER - bei allem anderen kann ich mir nur schwerlich vorstellen, dass uns jemand einen reindrücken will, sondern dass einfach ein megafettes Ding aufgebaut wird und wurde und dieses auch geworden ist.
Nun versteht mich nicht falsch - ich sage nicht, dass ich den aktuellen Status gut finde. Für mich reift nur immer weiter die Erkenntnis - die Orga is doch nicht blöd, sie wissen, was sie tun und beabsichtigen und wo sie hinwollen. Da ist es schon relativ unverschämt, meinen "Kuschelmaßstab" der kleinen Gemeinde soweit hochzustilisieren. Heißt also - ICH bin derjenige, der überlegen muss: ist es das, was ich will? Warum sollte ich massive Rückschritte und Änderungen fordern, wenn doch offensichtlich ist, dass die Planer der ganzen Sache andere Vorstellungen haben als ich?
Also - was ist und war nun Wacken? Die Übergangsphase? Das eigentliche Ziel (also heute quasi)? Kann ich überhaupt sagen, Wacken war nur "true" wie damals? Ist es nicht eher heute erst "true"?
Wenn ich hier fair und ehrlich bin, habe ich andere Maßstäbe und vergesse immer wieder, dass nicht ich definiere, wo Wacken sein sollte, sondern diejenigen, die es aufgebaut haben. Und ehrlicherweise - es ist weder verlogen, noch unehrlich - es passieren noch genug Dinge "für den Gast", es wird immer mehr geboten und alles wird immer größer. Niemand hat mir "damals" gesagt, dass alles auch in Zukunft so sein wird, wie ich es speziell haben will.
Daraus ergibt sich schon in etwa folgendes: sei froh, dass Du etwas kennenlernen konntest, was Dir viel gegeben hat, aber rechne damit, dass es sich ändert.
So, ich hoffe, der Beitrag trägt ein wenig dazu bei, dass vielleicht auch die ein oder andere Diskussion etwas "neutraler" verläuft und sich manche Leute auch mal Gedanken machen, was sie fordern, warum sie es fordern und mit welchem Recht sie es fordern. Die Antwort gibt sich jeder selber.
Ich für mich weiß - ich kann zwar Vorschläge einbringen, letztendlich bin ich aber auch selbst genug, um zu beobachten und dann zu entscheiden, was ich will.
Gutgehn
stratege