Sehr geehrter Herr Kemper,
für Ihre Eingabe vom 25. Februar 2002 an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Herrn Dr. Penner, bedanke ich mich. Er hat mich beauftragt, Ihnen zu antworten.
Aufgrund mehrerer gleich gelagerter Eingaben zum Haar- und Barterlass des Bundesministeriums der Verteidigung habe ich bereits eine Überprüfung eingeleitet, die jedoch noch nicht abgeschlossen ist.
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen zunächst mitteilen, dass ich Ihre Argumente, mit denen Sie sich gegen die geltende Regelung aussprechen, nachvollziehen kann. Die Öffnung aller Verwendungs- und Dienstbereiche für Frauen zum 1. Januar 2001 bedeutet eine entscheidende Zäsur für die Bundeswehr, die auch nach meinem Dafürhalten eine kritische Auseinandersetzung mit der gängigen Praxis erforderlich macht.
Dies habe ich gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung zum Ausdruck gebracht, nachdem mir von dort zunächst mitgeteilt wurde, dass kein Anlass gesehen werde, von der bisherigen Linie abzuweichen. Insbesondere halte ich den Hinweis des Bundesministeriums der Verteidigung auf die „gesellschaftlichen Gepflogenheiten und Wertmaßstäbe der überwiegenden Mehrheit“, die die Ungleichbehandlung rechtfertigen sollen, angesichts der vielen mir vorliegenden abweichenden Äußerungen von Soldaten und Soldatinnen in dieser Pauschalität für nicht nachvollziehbar.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat mir daraufhin mitgeteilt, dass es die Regelungen zur Haar- und Barttracht und zum Tragen von Schmuck in Uniform wiederholt eingehend mit den militärischen Organisationsbereichen erörtert und einer rechtlichen Bewertung unterzogen habe und betonte nochmals, dass im Ergebnis einvernehmlich festgestellt worden sei, dass zurzeit kein Anlass gesehen werde, die geltenden Vorschriften zu ändern.
Allerdings räumt das Bundesministerium der Verteidigung ein, dass es nicht auszuschließen sei, dass die derzeit geltenden Bestimmungen im Laufe der Zeit Veränderungen erfahren würden. Die Streitkräfte würden auch weiterhin die Sachlage beobachten und ggf. steuernd eingreifen. Aus diesem Grunde habe man das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr beauftragt, ein Gutachten zur Haar- und Barttracht und zum Tragen von Schmuck in Uniform zu erstellen. Nach Vorliegen dieses Gutachtens würden die Bestimmungen zum äußeren Erscheinungsbild der Soldaten in Uniform einer erneuten Überprüfung unterzogen.
Ich werte dies als eine Lockerung der bisher strikt ablehnenden Haltung des Bundesministeriums der Verteidigung. Im Rahmen des Aufgabenbereichs des Wehrbeauftragten werde ich die weitere Entwicklung kritisch beobachten und sehe dem zu erwartenden Gutachten mit besonderem Interesse entgegen.
Falls Ihrerseits Interesse besteht, werde ich Sie über den weiteren Ausgang des Verfahrens gerne informieren. Hierfür bitte ich um Ihre Rückmeldung.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez. Axel Wiemann