Kritik
Babynahrung
In den 1970er- und 1980er-Jahren wurden Nestlé und andere Unternehmen für ihre Vermarktung von Säuglingsnahrung in Entwicklungsländern heftig kritisiert. Ihnen wurde vorgeworfen, aggressive Verkaufsmethoden anzuwenden, etwa Verkaufspersonal als Krankenschwestern zu verkleiden und Gratismuster zu verteilen, deren Verwendung bei damit einhergehender Einstellung des Stillens zum Versiegen der Muttermilch führt. Damit würden Mütter dauerhaft von den teuren Produkten abhängig gemacht, die aber gerade in Entwicklungsländern für Teile der Bevölkerung unerschwinglich sind, zudem würden gesundheitliche Schäden und Tod von Säuglingen durch Zubereitung mit verschmutztem Wasser in Kauf genommen.
Als die Arbeitsgruppe 3. Welt Bern 1974 die Studie Nestlé tötet Babys zum Thema herausgab, klagte Nestlé gegen sie wegen Ehrverletzung. Als ehrverletzend empfand das Unternehmen den Titel sowie die Angaben, Nestlé sei verantwortlich für den Tod tausender Säuglinge, Nestlés Verhalten sei unethisch und Nestlé-Verkaufspersonal werde als Krankenschwestern verkleidet. Der «Nestlé-Prozess» endete 1976 mit einer Busse wegen des Studientitels und Freispruch in den übrigen Punkten sowie einer Ermahnung des Richters an Nestlé, ihre Marketingpraktiken zu überdenken. 1984 erklärte sich das Unternehmen schliesslich dazu bereit, den 1981 von der WHO und UNICEF verabschiedeten Internationalen Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten einzuhalten.
Gentechnisch veränderte Zutaten
Kritisiert wurde Nestlé auch wegen der Verwendung gentechnisch veränderter Zutaten. So wurde 1999 das Produkt Butterfinger, ein Schokoriegel mit gentechnisch veränderten Bestandteilen, nach Protesten der Umweltschutzorganisation Greenpeace und mangelndem Erfolg am Markt wieder vom deutschen Markt genommen. Nach eigenen Angaben verwendet Nestlé heute für den europäischen Markt keine gentechnisch veränderten Rohstoffe mehr. Bei den 2010 von Greenpeace überprüften Nestlé-Schokoriegeln Butterfinger und BabyRuth mit gentechnisch veränderten Zutaten auf dem deutschen Markt handelte es sich offenbar um nicht gekennzeichnete Importe aus den Vereinigten Staaten.
Kinderarbeit
In der westafrikanischen Elfenbeinküste, dem bedeutendsten Exportland von Kakao, werden laut Menschenrechtsorganisationen etwa 12.000 Kinder als Sklaven auf Kakaoplantagen eingesetzt. Nestlé und anderen kakaoverarbeitenden Unternehmen wurde vorgeworfen, zu wenig zur Verbesserung dieser Zustände zu unternehmen. Daraufhin unterzeichnete die Schokoladenindustrie, darunter auch Nestlé, im September 2001 das sogenannte Harkin-Engel-Protokoll. Dieses Protokoll beinhaltet Massnahmen, die bis 2005 zur Beendigung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit bzw. -sklaverei in der Kakaoindustrie führen sollten. Die vereinbarten Massnahmen führten unter anderem zur Gründung der International Cocoa Initiative, die gegen Kinderarbeit und Zwangsarbeit im Kakaoanbau vorgehen soll. Eine Reportage der ARD kam allerdings 2010 zu dem Schluss, dass große Firmen wie Nestlé, Mars Inc. und Kraft Foods Kindersklaverei nach wie vor «zumindest dulden.» Die österreichischen Enthüllungsjournalisten Klaus Werner Lobo und Hans Weiss werfen dem Konzern «Ausbeutung und Kindersklaverei» auf den Kakaoplantagen an der Elfenbeinküste vor. Eine Evaluation der Tulane-Universität stellte 2011 fest, dass von den sechs im Harkin-Engel-Protokoll genannten Massnahmen keine einzige vollständig umgesetzt wurde. In Großbritannien hat Nestlé das Produkt Kitkat nach massiven Verbraucherprotesten gegen die mit dem Produkt verbundene Regenwaldzerstörung vollständig auf Kakao aus fairem Handel umgestellt.
Unfairer Handel
In Kolumbien werden Nestlé der Massenverkauf abgelaufenen Milchpulvers und Repressionen gegen Gewerkschaften vorgeworfen.
Auf Kritik von Oxfam und weiteren Organisationen, angesichts der Kaffeekrise zu wenig für die Existenzsicherung von Kaffeebauern in Entwicklungsländern zu unternehmen, reagierte das Unternehmen 2005 mit der Einführung von fairhandelszertifiziertem Kaffee in Grossbritannien und Irland.
Im September 2011 lancierte die NGO Solidar Suisse eine Kampagne[38], in der sie die Nestle-Marke Nespresso dazu aufforderte, fair gehandelten Kaffee anzubieten. Das Unternehmen „Nestlé Nespresso AG“ mit Sitz in Lausanne gehört zwar zum Nestlé-Konzern, agiert jedoch selbstständig am Markt. 2010 betrug der Umsatz 3,2 Milliarden Schweizer Franken und der Absatz 4,8 Milliarden Kaffeekapseln. Im Zentrum der Kampagne stand die Parodie eines Nespresso-Werbespots mit George Clooney. Der Spot wurde innerhalb weniger Tage über 500.000 Mal auf Youtube angesehen. Der Mutterkonzern Nestlé verweigert zu den Vorwürfen jegliche Stellungnahme.
Tierversuche
Im August 2011 warf die Tierrechtsorganisation PETA der Nestlé vor, Tierversuche für Tee bzw. Inhaltsstoffe dessen für die Marke Nestea durchzuführen bzw. durchführen zu lassen. Die Mäuse und Ratten würden für die Tierversuche verwendet und nach ihrem Leiden enthauptet, obwohl diese Tierversuche für Getränkehersteller nicht gesetzlich vorgeschrieben wären. Ausserdem hätten amerikanische und europäische Aufsichtsbehörden betont, dass Tierversuche als Nachweis für die gesundheitsfördernden Eigenschaften eines Getränkes oder Lebensmittels weder erforderlich seien, noch diese ausreichend belegen könnten.
Regenwaldzerstörung
Wie Greenpeace im März 2010 öffentlich machte, bezog Nestlé einen Teil seines Palmöls, das unter anderem zur Herstellung von Schokoriegeln und Keksen verwendet wird, von der Sinar Mas Group, die für den Anbau der Ölpalmen entgegen internationalem und indonesischem Recht grosse Flächen des indonesischen Regenwaldes rodet. Es begann eine grössere Social-Media-Kampagne gegen den Konzern. Nestlé kündigte daraufhin zwar die direkte Zusammenarbeit mit Sinar Mas, bezog jedoch weiterhin Palmöl indirekt über das Handelsunternehmen Cargill aus Sinar-Mas-Produktion. Im Mai 2010 teilte Nestlé mit, dass man eine Allianz mit The Forest Trust eingehen werde. Zunächst sollten beim Einkauf von Palmöl strenge Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden, danach auch bei Zellstoff und Papier. Greenpeace begrüsste dies, der Konzern bewege sich damit in die richtige Richtung. Die von Greenpeace initiierte «Kitkat-Kampagne» gilt (auch wegen der grossen Beteiligung von Verbrauchern) als bis dahin erfolgreichster Umweltprotest im Bereich Social-Media.
Wasser
Im 2009 erschienenen Dokumentarfilm „Abgefüllt“ wurde kritisiert, dass der Konzern ohne Rücksicht auf die Bevölkerung in ländlichen Gemeinden deren Wasser praktisch kostenlos abpumpen lasse und mit großem Gewinn weiterverkaufe. Darüber hinaus belasteten die Plastikflaschen die Umwelt und stellten eine Gefahr für die Weltmeere dar. Plastikflaschen gäben chemische Substanzen an das Wasser ab und seien damit ungesünder als Leitungswasser. Etwas Lebensnotwendiges wie Wasser dürfe nicht zu einem reinen Wirtschaftsgut werden.
Im Jahr 2012 kam die Dokumentation Bottled Life – Nestlés Geschäfte mit dem Wasser in die Kinos, die sich mit der Vermarktung von in Flaschen abgefülltem Trinkwasser beschäftigt. Darin bezeichnete die ehemalige UNO-Chefberaterin für Wasserfragen Maude Barlow Nestlé als ein „Raubtier auf der Suche nach dem letzten sauberen Wasser dieser Erde“. Insbesondere in der Dritten Welt würde Nestlé auch mit korrupten Regierungen zusammenarbeiten und beispielsweise Grundwasser aus armen Gegenden absaugen und dann für teures Geld an die wohlhabende Oberschicht verkaufen. Nestlé schildert seine Sicht dazu auf der Firmen-Website, wo es heisst, im Film würden Tatsachen meist falsch dargestellt und es fehle an Objektivität.
Pferdefleischskandal
Im Rahmen des Pferdefleischskandals 2013 wurde bei eigenen Kontrollen Spuren von Pferdefleisch in Produkten der Tochterfirma Buitoni nachgewiesen. Nestlé nahm die betroffenen Produkte daraufhin vom Markt.
Sonstiges
2007 wurden Aktionäre und verantwortliche Manager des Nestlé-Konzerns von der Stiftung Ethik & Ökonomie (ethecon) mit dem Internationalen Black Planet Award für «herausragende Verantwortung bei Zerstörung und Ruin unseres Blauen Planeten hin zu einem Schwarzen Planeten» ausgezeichnet.
In Kolumbien wurden mehrere kritische Nestle-Gewerkschafter ermordet. In diesem Zusammenhang reichten am 5. März 2012 das in Berlin ansässige Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) und Kolumbiens nationale Gewerkschaft der Beschäftigten in der Lebensmittelindustrie (Sinaltrainal) gemeinsam Strafanzeige gegen die Konzernleitung ein. Sie werfen dem Lebensmittelkonzern vor, den Mord an dem kolumbianischen Gewerkschafter Luciano Romero mitverursacht zu haben. Es wurde jedoch kein Strafverfahren durch die zuständigen Staatsanwaltschaften in den Kantonen Kanton Zug und Kanton Waadt eröffnet, wogegen die Kläger beim Schweizer Bundesstrafgericht Berufung einlegten.
Im Januar 2013 wurde Nestlé zusammen mit Securitas vom Bezirksgericht Lausanne wegen «unerlaubter Infiltration» bei der globalisierungskritischen Organisation Attac zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an zwei Aktivistinnen von jeweils 3000 Franken verurteilt. Nestlé hatte eine Attac-Arbeitsgruppe, welche an einem kritischen Buch über Nestlé arbeitete, von 2003 bis 2005 durch einen Maulwurf der Securitas überwachen lassen. Der Fall war bereits im Juni 2008 vom Fernsehsender TSR in der Sendung Temps Présent aufgedeckt worden.