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Judas Priest
Der „Metal God“ und der Zahn der Zeit
Von Peter Badenhop
Der Zahn der Zeit hat auch an Judas Priest seine Spuren hinterlassen
08. März 2009 Am Ende bewegt er sich gar nicht mehr. Gekrümmt steht er am Bühnenrand. Die Augen geschlossen, hält er das Mikrofon mit beiden Händen umklammert. Stimmlich ist Rob Halford ganz der Alte, aber von seiner früheren Präsenz und Agilität, von seinen legendären Qualitäten als Rampensau des Heavy Metal, davon ist nur noch wenig zu spüren. Sparsam sind seine Gesten, floskelhaft die wenigen Sätze, die er an das Publikum richtet. Und selbst, als er zur Zugabe mit der unvermeidlichen Harley auf die Bühne fährt und das hymnische „Hellbent for Leather“ anstimmt, wirkt er seltsam entrückt und teilnahmslos. Vielleicht ist es der paillettenartig mit Nieten und Metallemblemen verzierte Ledermantel, der dem Sänger von Judas Priest die Kraft nimmt. Darunter muss es 1000 Grad heiß sein, aber Halford trägt das schwere Stück auch noch nach eindreiviertel Stunden. Vielleicht ist es aber gar nicht der Mantel, sondern sind es die 57 Lebensjahre, die der einstige, selbsternannte „Metal God“ inzwischen auf dem Buckel hat. „The Priest is back“, hatte er zu Beginn der Show in die brechend volle Offenbacher Stadthalle gebrüllt, aber am Ende des Abends müssen selbst die eingefleischtesten Fans einsehen, dass der Zahn der Zeit auch an den Härtesten der Harten seine Spuren hinterlässt.
Gründerväter der Metal-Branche
Rob Halford und Judas Priest sind so etwas wie die Gründerväter der Metal-Branche. Ende der sechziger Jahre praktisch zeitgleich mit Black Sabbath in der englischen Arbeiterstadt Birmingham als Blues-Band gegründet, entwickelten sie in den späten Siebzigern ihren Leder-und-Nieten-Stil und lösten 1980 mit dem inzwischen legendären Album „British Steel“ die Bewegung „New Wave of British Heavy Metal“ aus, die in den folgenden Jahren Bands wie Saxon, Iron Maiden oder Def Leppard hervorbrachte. Der volle, von den Gitarristen K. K. Downing und Glenn Tipton dominierte Sound und die markante, viereinhalb Oktaven umfassende Stimme Halfords machten Judas Priest zu einer der einflussreichsten Gruppen des Genres. Bis zum Ausstieg des Sängers 1991 produzierte die Band zahllose, kommerziell sehr erfolgreiche Platten, dann wurde es still um sie.
Aber auch Halford, der zwischenzeitlich noch mit dem öffentlichen Bekenntnis seiner Homosexualität für Aufmerksamkeit in der Metal-Szene sorgte, konnte mit seinen Soloprojekten nicht an die früheren Erfolge anknüpfen – und kehrte 2003 zu Judas Priest zurück. Seither touren die fünf Briten durch die Welt, als sei nichts geschehen. Ganz in Leder und Nieten kommen sie im Nebel auf die Bühne. Die Aufbauten sind bombastisch wie eh und je, selbst in der Offenbacher Stadthalle erlauben sie es dem glatzköpfigen Halford, sich ein ums andere Mal in heldenhafter Pose hoch über den Köpfen der Fans aufzubauen. Die Gitarristen duellieren sich mit ihren „Flying Vs“ wie in besten Zeiten und der Sound ist wuchtig, aber präzise.
Der Schwung ist dahin
Und doch fehlt Judas Priest die Durchschlagskraft der frühen Jahre. Die Fans – die meisten deutlich jenseits der 35 – warten auf die Klassiker, geraten bei „Breaking the Law“ und „Sinner“ in Verzückung, recken die Arme und singen die fast drei Jahrzehnte alten Refrains mit. Aber die Songs jüngeren Datums, vor allem jene des neuen Albums „Nostradamus“, wirken blass und blutleer. Der Schwung von einst ist dahin. Heavy Metal mag krisensicher und zeitlos sein. Seine Protagonisten sind es nicht.
Text: F.A.Z.
Judas Priest
Der „Metal God“ und der Zahn der Zeit
Von Peter Badenhop
Der Zahn der Zeit hat auch an Judas Priest seine Spuren hinterlassen
08. März 2009 Am Ende bewegt er sich gar nicht mehr. Gekrümmt steht er am Bühnenrand. Die Augen geschlossen, hält er das Mikrofon mit beiden Händen umklammert. Stimmlich ist Rob Halford ganz der Alte, aber von seiner früheren Präsenz und Agilität, von seinen legendären Qualitäten als Rampensau des Heavy Metal, davon ist nur noch wenig zu spüren. Sparsam sind seine Gesten, floskelhaft die wenigen Sätze, die er an das Publikum richtet. Und selbst, als er zur Zugabe mit der unvermeidlichen Harley auf die Bühne fährt und das hymnische „Hellbent for Leather“ anstimmt, wirkt er seltsam entrückt und teilnahmslos. Vielleicht ist es der paillettenartig mit Nieten und Metallemblemen verzierte Ledermantel, der dem Sänger von Judas Priest die Kraft nimmt. Darunter muss es 1000 Grad heiß sein, aber Halford trägt das schwere Stück auch noch nach eindreiviertel Stunden. Vielleicht ist es aber gar nicht der Mantel, sondern sind es die 57 Lebensjahre, die der einstige, selbsternannte „Metal God“ inzwischen auf dem Buckel hat. „The Priest is back“, hatte er zu Beginn der Show in die brechend volle Offenbacher Stadthalle gebrüllt, aber am Ende des Abends müssen selbst die eingefleischtesten Fans einsehen, dass der Zahn der Zeit auch an den Härtesten der Harten seine Spuren hinterlässt.
Gründerväter der Metal-Branche
Rob Halford und Judas Priest sind so etwas wie die Gründerväter der Metal-Branche. Ende der sechziger Jahre praktisch zeitgleich mit Black Sabbath in der englischen Arbeiterstadt Birmingham als Blues-Band gegründet, entwickelten sie in den späten Siebzigern ihren Leder-und-Nieten-Stil und lösten 1980 mit dem inzwischen legendären Album „British Steel“ die Bewegung „New Wave of British Heavy Metal“ aus, die in den folgenden Jahren Bands wie Saxon, Iron Maiden oder Def Leppard hervorbrachte. Der volle, von den Gitarristen K. K. Downing und Glenn Tipton dominierte Sound und die markante, viereinhalb Oktaven umfassende Stimme Halfords machten Judas Priest zu einer der einflussreichsten Gruppen des Genres. Bis zum Ausstieg des Sängers 1991 produzierte die Band zahllose, kommerziell sehr erfolgreiche Platten, dann wurde es still um sie.
Aber auch Halford, der zwischenzeitlich noch mit dem öffentlichen Bekenntnis seiner Homosexualität für Aufmerksamkeit in der Metal-Szene sorgte, konnte mit seinen Soloprojekten nicht an die früheren Erfolge anknüpfen – und kehrte 2003 zu Judas Priest zurück. Seither touren die fünf Briten durch die Welt, als sei nichts geschehen. Ganz in Leder und Nieten kommen sie im Nebel auf die Bühne. Die Aufbauten sind bombastisch wie eh und je, selbst in der Offenbacher Stadthalle erlauben sie es dem glatzköpfigen Halford, sich ein ums andere Mal in heldenhafter Pose hoch über den Köpfen der Fans aufzubauen. Die Gitarristen duellieren sich mit ihren „Flying Vs“ wie in besten Zeiten und der Sound ist wuchtig, aber präzise.
Der Schwung ist dahin
Und doch fehlt Judas Priest die Durchschlagskraft der frühen Jahre. Die Fans – die meisten deutlich jenseits der 35 – warten auf die Klassiker, geraten bei „Breaking the Law“ und „Sinner“ in Verzückung, recken die Arme und singen die fast drei Jahrzehnte alten Refrains mit. Aber die Songs jüngeren Datums, vor allem jene des neuen Albums „Nostradamus“, wirken blass und blutleer. Der Schwung von einst ist dahin. Heavy Metal mag krisensicher und zeitlos sein. Seine Protagonisten sind es nicht.
Text: F.A.Z.