Mein Resümee: Eine Seelenreinigung

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niphas

Newbie
5 Aug. 2025
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Ich sehe hier viele kritische Stimmen. Natürlich schreibt man eher, wenn es einem nicht gefallen hat, als umgekehrt. Für mich war es mehr als ein Event. Es war eine Seelenreinigung.

Ich habe zum ersten Mal 2006 von Wacken gehört. Bin aber nie gewesen. Als Studentin konnte ich es mir nicht leisten, später haben mir die Leute gefehlt und als ich Kinder hatte, dachte ich, dass der Zug abgefahren sei. Bis meine beste Freundin letztes Jahr gesagt hat, dass sie mit ihrem Partner hingehen wird. Ich wusste, dass es kompliziert wird mit der Ferienplanung, aber wir haben es trotzdem gemacht. Wir waren zu viert, meine Freundin und ihr Partner im Wohnwagen, mein Mann und ich im Zelt.

Ich habe mir vorab die Bands alle angehört. Die App mit der Favoritenliste und der Anzeige, welche Konzerte wann wo sind, hat supergut geklappt. Meine Gummistiefel gingen leider nur bis zum Knöchel, aber ich hatte Plastiksäcke und Panzertape dabei, damit blieben die Füsse fast bis zum Ende trocken. Vor Wacken ging es mir ehrlich gesagt nicht so gut. Es war mir alles zuviel. Dann dieses Gefühl in Wacken: Hier trifft man auf die menschliche Essenz. So viel, tiefe, echte Gefühle. Alle sind hilfsbereit. Man spürt die realen Menschen, mit all ihren Stärken und Schwächen, und nicht nur die 27 darüber gepackten Schichten. Man wird nur rumgeschupft, wenn man es wirklich möchte, und wenn man stürzt, wird man sofort von starken Armen wieder aufgehoben. Meinem Mann sind die Schuhe kaputt gegangen. Es hat 5min gedauert, bis er Gummistiefel in seiner Grösse geschenkt bekommen hat. Überall fühlt man sich willkommen, egal wie komisch man sich verhält. Ich habe täglich mehrmals geweint, weil es so schön war und ich mich Teil von einer Bewegung gefühlt hatte, in der man sich selbst sein kann. Wo auch die Seiten ok sind, die eben in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Wacken hat damit irgendwie den untersten Layer meiner Identität berührt (klingt jetzt sehr Möchtegern-poetisch, aber so war es einfach!)

Zur ganzen Organisation: 85'000 Menschen und es gab kaum Stau, alles verteilte sich, es gab immer zu Essen und zu trinken, man musste kaum anstehen, alles war grossartig ausgeschildert. Jedes Konzert hat pünktlich begonnen und so pünktlich geendet, dass man jedesmal noch Lust auf mehr hatte. Ich hatte auf meiner Liste 30 Bands, davon 20 gehört und 18 davon waren grandios! (Zugegebenermassen waren die 2 nicht so guten auf der Hauptbühne. Aber die kleineren Bühnen sind eh viel geiler, da näher und metalliger). Ein paar Bands sind wirkliche Perlen, die all den Stress aus der Seele geklopft hatten. Es gibt Leute, die sich über den Schlamm beklagen. Verstehe ich, aber bitte, macht Wacken nicht schlammfrei! Er ist so entschleunigend. Natürlich hat man erst etwas Angst vor diesem Schmutz. Erst wenn man einmal längs reinfällt, merkt man: hey, das bringt mich nicht um! Es ist nicht mal schlimm! Ich bin so krass! Jetzt ist WIRKLICH alles scheissegal! Niemand beurteilt einen. Jegliche Angst verschwindet. Und das Gefühl ist so befreiend! Und dann gab's sogar noch einen Gratis-Abschleppdienst am Morgen, danke euch fleissigen Helfern, die ihr unermüdlich alle aus dem Schlamm gezogen habt! Und hey, die Klos! Sie wurden so oft geleert und geputzt, ich bin tatsächlich kein einziges Mal in einer unbenutzbaren Toilette gewesen!

Also grosses Lob an das Team, die Organisation, die Menschen, die Musiker, es war einfach phantastisch!!!!

Vielleicht doch noch eine Mini-kritische Anmerkung: Lieber Payton Parrish, es ist schön, wenn du Jesus für dich gefunden hast, aber Wacken ist definitiv der falsche Ort, um die Leute zu konvertieren! Versteh mich nicht falsch, ich hab nichts gegen Götter und ähnliche Verehrungsobjekte, Odin, Satan, Hephaistos, Spaghettimonster, ich verehre die ja alle auch. Und ich habe irgendwo zwischen den Menschen auch einen Jesus gesehen, den ich toll fand :) Aber seriously, just don't do it.
 

hankarus

W:O:A Metalhead
6 Sep. 2023
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Karlsruhe
social.bopinions.de
Bevor hier mit Sarkasmus alles kaputt gemacht wird.

So ging es mir auch, eine Woche hat man eine bessere Welt erleben können und vor allem mal all den Scheiss hier draussen vergessen können. Die einzige Sorge war wie viel Regen fällt und wie man am besten soviele Bands sieht wie man gerne würde. Fertig, sonst nix.

Ich habs heute am ersten Arbeitstag gemerkt das ich viel entspannter bin und auch geduldiger. Hält nicht lange an, aber die pasr Tage sind was feines.
 

carmeno76

W:O:A Metalhead
8 Aug. 2022
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Auf anderen Festivals kann man natürlich nicht den Alltag vergessen, das geht exklusiv nur auf dem Wacken.

Sie war das erste mal auf Wacken, woher weisst du ob sie nicht schon auf anderen Festivals war?

Ich als 50 Jähriger Mann hatte beim lesen Pippi in den Augen
Ich danke dir das du mich an die schönen momente erinnert hast
Trotz Schlamm war es schon eine geile Zeit.
 

Metalstratege

W:O:A Metalhead
8 Aug. 2006
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Den Text hätte ich sicher vor einigen Jahren auch über Wacken exakt so geschrieben und habe mir immer mein Reset auch in Wacken geholt. Das geht inzwischen allerdings auf anderen, kleineren Festivals einfach (für mich) besser. Wacken ist halt zwischen beiden Welten - ner Metalwelt und einer Welt "da draußen", so dass aus beiden Richtungen viele Menschen heranströmen, ich fühl mich da nicht mehr so sehr in "meiner Metalwelt". Klar, ich fahre auch seit 30 Jahren auf Metalfestivals, da verschiebt sich der ein oder andere Anspruch und Gedanke - aber ich finde solche Texte wie hier auch deswegen schön, weil es immer noch viele Menschen gibt, die mit und in Wacken gut leben und sich ausleben können.

Ich muss gerade so ein bischen an Whisky denken - Deinen ersten guten Whisky vergisst Du nicht, aber im Laufe der Jahre trinkst Du einfach andere Whiskys. Das macht weder den ersten schlecht noch die anderen besser :D .

Wacken hat in meinen Augen auch immer noch eine echte Daseinsberechtigung, auch wenn Teile der Metalcommunity inzwischen ihr Seelenheil woanders suchen. Alleine für solche Erfahrungen wie von niphas. Klar hat da Wacken kein Monopol drauf, ich kenne aber eine Menge Leute, die auch heutzutage noch sehr sehr geflasht sind von ihrem ersten Wacken-Besuch und die dem "Holy Ground" immer noch verfallen.

Ist doch prima, gehet hin und habt Spaß und erleuchtet Euch. Und wenn das in Wacken ist - dann ists halt in Wacken :D.
 
17 Juli 2025
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@niphas Du sprichst mir aus der Seele und ja, in einem Forum schreiben die Leute meist nur, wenn sie etwas schlecht fanden.

Ich bin 55 Jahre alt, autistisch und Metalfan. Ich war das erste Mal in Wacken, weil es auf meiner Bucketlist stand. Ich bin nicht sehr gut zu Fuß und der Schlamm war eine große Herausforderung. Der Lärm, das Gedränge, die Gerüche ... alles eine sehr große Herausforderung für eine Autistin. Aber ich wusste vorher, worauf ich mich einlasse und es war Megageil! Ich habe jeden Tag genossen, besonders die Menschen. Alle waren freundlich, hilfsbereit und humorvoll. Und wenn ich lese, dass der Schlamm oder auch andere Dinge unzumutbar waren - vieles davon ist die Konsequenz eures eigenen Handelns 😉 Ja, eure Taten haben tatsächlich Konsequenzen - wenn du keinen Schlamm magst, dann geh halt nicht nach Wacken oder bereite dich entsprechend vor. Wenn Du Angst vor großen Menschenmengen mitten in der Pampa hast, dann geh halt nicht hin.

Ich schließe mich niphas an - ich fands mega gut organisiert für eine solch riesige Veranstaltung. Sowas muss man erstmal hinbekommen. Ich jedenfalls zehre da noch ein paar Tage von und bin weit entspannter und fröhlicher - es war eine Woche pures Leben, danke Wacken! Und Karten fürs nächste Jahr liegen bereits in meinem Ticketcenter :)