Macht man es sich aber nicht etwas zu leicht, wenn man sich jetzt speziell den Boykott von RTN aussucht, um gegen Ungerechtigkeit in der Welt vorzugehen, nur weil es mit wenig Aufwand verbunden ist, zuhause zu bleiben? Wir haben andere Probleme in der Welt... andere Missstände, die wir für unseren täglichen Lebensstandard in Kauf nehmen. Wie groß ist da im Vergleich die Rolle eines popligen Konzertveranstalters, der für unsere Freizeitbespaßung zuständig ist? Ich würde da lieber erstmal anfangen, keine Produkte von beipspielsweise Nestlé zu kaufen (um nur einen Konzern zu nennen, der für eine Menge Scheiße in der Welt verantwortlich ist, die schwerwiegender ist, als ein paar Nachwuchsbands, die auf einen pay-to-play-Vertrag reinfallen). Aber bringt das wirklich was? Den Konzern wird man damit nicht in die Knie zwingen können und das Produkt des anderen Herstellers, das ich stattdessen kaufe, landet sehr wahrscheinlich unter ähnlichen Umständen im Supermarktregal. Im Endeffekt erreicht man doch gar nichts. Genauso wie wenn ich einer RTN-Veranstaltung fernbleibe. Das tun vielleicht noch 20 andere Leute, die ebenfalls diesen Artikel über RTN gelesen haben. Am Ende boykottiere ich aber doch nur mich selbst, indem ich zuhause bleibe und mich um meinen Spaß bringe, den ich auf dem Konzert gehabt hätte. Und wer sagt, dass die anderen Konzert- und Festival-Veranstalter nicht ähnliche Praktiken haben, die nur noch nicht publik gemacht wurden?
Zu leicht machen würde ich nicht sagen. Es sollte natürlich nicht das einzige sein, was man tut, das wäre in der Tat etwas wenig. Es gibt übrigens auch einige Großkonzerne, von denen ich nichts kaufe, solange es sich irgendwie vermeiden lässt.

Davon geht der Konzern natürlich nicht pleite, aber mein Geld kriegt jemand, der zum Beispiel seine Lieferanten nicht mit Hungerlöhnen abspeist. Analog funktioniert das Ganze für regionale Produkte, warum soll ich mir beispielsweise Zucker aus Südamerika oder Indien kaufen, wenn ich ne Zuckerfabrik in der Region habe. Dennoch machens Leute, warum ist für mich halt nicht nachvollziehbar; wesentlich teurer ist der nämlich auch nicht - und er war nicht wochenlang auf nem Schiff unterwegs. Aber ich schweife ab.
Worauf ich hinauswill: Man kann sehr wohl etwas ändern, aber nur im Kollektiv. Das bedeutet natürlich, dass die Menschen bewusster leben und hinterfragen müssen, wem sie da eigentlich ihr Geld hinterherwerfen - was natürlich nicht einfach ist und viel Arbeit (das Sammeln von Informationen) ist. Ich nehm auch nicht für mich in Anspruch, das immer zu tun.
Zum Thema Spaß auf dem Konzert: Sicher hab ich den Spaß dann nicht, aber das ist ja auch nicht die einzige Möglichkeit, Spaß zu haben. Es ist ja nicht so, dass ich in der Zeit heulend daheim im Bett liege.

Und ja, natürlich kann es sein, dass andere Veranstalter das auch vergleichbar handhaben. Das ist aber meiner Ansicht nach kein Argument, ich will nicht jedem (grundlos) etwas unterstellen. Wir haben juristisch gesehen ja die Unschuldsvermutung, so behandle ich das Thema auch.
Was ich konkret machen werde: Keine Festivals von RTN mehr, Konzerte nur, wenn ich die Bands in absehbarer Zeit nicht irgendwo anders sehen kann.