Samstag, letzter Tag. Am frühen Nachmittag gehts zu UNLEASHED. Ich kenn nicht viel von der Band, kann also nur sagen, daß mir die Songs von der Hammer Battalion recht gut gefallen, hatte allerdings auf "Black Horizon" und "Execute them All" gehofft. Die Hitze ist unerträglich und ich verzicht daher auf Overkill und geh zum Zelt zurück, um den gestrigen Auftritt von Sotm unter unserem schattigem Pavillon bei der Lektüre der Gesänge des Maldoror Revue passieren zu lassen. Ich sammle Kraft für den Abend, bei dem noch einige meiner Lieblingsbands bis tief in die Nacht spielen werden.
Um 8 Uhr abends gehts dann los. Wegen einem nicht eingeplantem Dixiaufenthalt verpasse ich leider den Anfang von SOLSTAFIR, dürften aber nur ein paar Minuten gewesen sein, falls der erste Song des Sets tatsächlich "Köld" war. Ich bin mit dem Songmaterial der Band noch nicht vertraut, jedenfalls ist der abschließende 15-minütige Track "Rituals of Fire" sowas von großartig, daß ich mir schleunigst die Alben der Band besorgen muß.
Ich schau mal zur Party Stage und Candlemass beim Aufbauen zu, die ganze Band ist schon auf der Bühne und stimmt ihre Gitarren, Sänger Robert Lowe macht ein paar Witzchen mit den paar Leuten die schon anwesend sind und in der ersten Reihe stehen. Dann: Rüber zur W.et. Stage wegen LAKE OF TEARS. Ganz fiese Überschneidung mit Candlemass, weshalb ich nur die Hälfte des Auftritts sehen kann, welcher mir überaus gut gefällt und die passende Einstimmung für Candlemass ist. Hoffe ich bekomme nochmal die Chance Lake of Tears live zu sehen. Herzlich Dank nochmal an die Idioten, die 2 der wohl ohnehin nur 3 Doom Bands gleichzeitig spielen lassen.
CANDLEMASS: Zum Glück ist am Gelände nicht so viel los, ich komme also schnell zur Party Stage rüber und höre am Weg dorthin schon den Marche Funebre erklingen. Einstieg dann mit "Dark are the Veils of Death". Die Bühne in blutrotes Licht getaucht und kaum betritt Lowe die Bühne wird man vom Charisma des Manns regelrecht erschlagen. Ich glaube ich hab noch nie ein dermaßen geniales, souveränes, atmosphärisches, furchteinflößendes und zugleich sympathiches und witziges Auftreten auf einer Bühne wie von Lowe erlebt. Der Mann, der während des Soundchecks noch so nett und entspannt gewirkt hat ist ein richtig guter Grimassenschneider und sieht dabei aus wie der Leibhaftige in Person. In Verbindung mit der geschmackvollen, nicht überladenen Lightshow wirkt der Auftritt dadurch noch besser.
Es geht weiter mit Mirror Mirror, Samarithan, The Gallows End, Emperor of the Void, If I ever die, The Hammer of Doom, The Bleeding Baroness, Solitude. Fast perfekte Setlist, auch wenn ich wirklich gerne mal Demons Gate und Embracing the Styx live hören möchte. Bei Samarithan und The Gallows End gefällt mir Lowe sogar besser als Messiah, da Lowe Gesang etwas wärmer, melancholischer, weniger opernhaft ist. Bei manchen Songs baut er auch ein paar Growls ein, welche Black- u. Death Metal Vocalisten in nichts nachstehen. Paßt bei härteren Songs wie "The Hammer of Doom" ganz hervorragend.
Die leichten Soundprobleme lösen sich bald in Wohlgefallen auf und traten auch am Anfang nur selten auf, die Band ist gut aufeinander eingespielt und extrem gut drauf. Lowe "nervt" während der Show die Gitarristen indem er sich hinter sich stellt und so tut, also würde er mit ihnen gemeinsam spielen und dem Publikum die Riffs erklären, geht mal backstage und holt sich ein Bier um dem Publikum zuprosten zu können, was ihm Leif dann nachmacht, und meint am Ende dann auch noch als Anspielung auf den für eine Doomband recht seltsamen Bühnennamen auf der sie spielen müssen: "We ve got one more song for you, and then we ll get off that...ähm...party stage!" Ich muß allerdings sagen, daß die Bühne schon gepaßt hat, denn trotz des düsteren Songmaterials hatte man bei Candlemass dank des lockeren Stageactings und der witzigen Zwischenansagen mehr Spaß und mehr zu lachen als bei manchen selbsternannten "Stimmungskanonen". Grandios. Bewegend. Einsame Spitze. Ganz herzlichen Dank nach Schweden.
Danach rüber zur True Metal Stage zu SOULFLY. Mir gefällt die Band nicht wirklich und bin v.a. wegen der Sepultara Songs da. "Prophecy" kommt allerdings richtig gut, von Sepultura gibts Refuse/Resist, Troops of Doom und Roots Bloody Roots zu hören. Der Sound ist recht matschig, baßlastig, zu wenig Gitarre zu hören. Ich wollte Roots mal live hören, aber wenn die genialen Parts alle vom Publikum mitgesungen werden kann ich drauf verzichten. Irgendwie klingt auch der Gesang von Max nicht gut, so genial der Song auf Platte ist, diese Liveversion gefällt mir überhaupt nicht und der Auftritt der Sepultura mit Derrick am Metalfest gefiel mir viel besser.
Dann wieder rüber zur Party Stage, wo TIAMAT ihr Album "Wildhoney" gleich komplett spielen werden. Die letzten beiden Tiamat Konzerte fand ich eher durchschnittlich, zuviel von den neuen Gothic Sachen, und die Band wirkte irgendwie nicht so motiviert. Heute paßt aber alles, Edlund kann noch immer growlen und die Songs klingen genauso genial wie auf Platte bzw. live noch besser. Ansagen zwischen den Songs gibts keine, nur am Schluß ein kurzes Danke. Das Album wird ohne Ansagen durchgespielt und das ist auch gut so. Die Stimmung im Publikum ist dennoch großartig, auf so eine Jubiläumsshow haben offenbar viele gewartet. Lästig nur, daß in den ruhigen Passagen der Auftritt von der Black Stage etwas zu hören ist, aber nicht extrem störend. die kurzen Zwischenstücke des Albums gibts nur playback zu hören, aber diese Soundcollagen wären wohl auch nicht anders umsetzbar. Ein paar nette Projektionen gibts auch, psychedelische Bilder im Stile des Wildhoney Albumartworks in Endlosschleife, nicht spektakulär aber sehr passend! Die Lichtshow tut ihr übriges, ebenfalls im Stil des Artworks gehalten, v.a. Rot/Orange/Gelbtöne. Die Band hat sich für diesen Auftritt sichtlich gut vorbereitet und überzeugt restlos. Ganz ausgenutzt wird die Spielzeit leider nicht, 2 Tracks hätte man schon noch bringen können, allerdings macht es auch durchaus Sinn, das Konzert mit dem letzten Song des Albums auch wirklich abzuschließen. Tracklist: Wildhoney!
Wir sind schon ziemlich fertig nach fünf Tagen Wacken, zur Stärkung erstmal einen der sauguten dänischen Hot Dogs und ne Maß Bier. Am Ende sind wir noch zu zweit und gehen zur W.e.t. Stage um uns THE DEVILS BLOOD anzusehen. Erst im Stehen, dann im Sitzen, dann im Liegen, Mann bin ich müde und 2 Uhr morgens ist es auch schon! Der Auftritt selbst ist ziemlich gut, die meisten Songs kommen zum Glück von der Come, Reap EP, welche mir im Gegensatz zum aktuellen Album sehr gut gefällt. Die 3 Gitarristen spielen sich in einen wahren Rausch, die Sängerin ist sehr gut bei Stimme, Spitzenauftritt, der mit noch etwas mehr Spaß gemacht hätte wenn ich nicht völlig übermüdet gewesen wäre. Knapp vor 3 Uhr geht der Auftritt zu Ende und mein Freund hätte wohl bis zum Ende bleiben sollen, da er auf dem Rückweg zum Zeltplatz einen der wenigen heftigen Regengüsse erwischt.
Am Sonntag gings dann nach Haue, auf den kurzen Nordseeurlaub hatte keiner mehr Lust. War wohl die richtig Entscheidung, da wir bei der Heimfahrt ohnehin Dauerregen hatten. Mit 4 h Stau heißt das 20 h Heimfahrt mit nem alten klapprigen Wohnmobil. Jeder total fertig und müde, daß wir heil zu Hause angekommen sind und niemand am Steuer eingeschlafen ist wundert mich noch immer. Das nächste Mal wär ne Übernachtung in nem Hostel nach Hälfte der Strecke wohl die beste Entscheidung.
FAZIT:
Bei gutem Billing komm ich im nächsten Jahr wieder. Es war bandmäßig ein geniales Festival mit in 90 % der Fälle Topsound. Es waren viele weniger Idioten und Proleten anwesend als ich befürchtet hatte und ich habs tatsächlich geschafft, bis auf Overkill jede Band zu sehen die ich sehen wollte. Das Wetter war top, meistens leicht bewölkt ohne Reigen zwischen 20 und 30 Grad, im Schatten immer kühl mit leichtem Wind, kaum Regen.
Außerdem hab ich mit Orphaned Land, Tiamat, Candlemass und Secrets of the Moon 4 der bisher besten Konzerte überhaupt gesehen. Ich bin echt froh, daß ich dort war, und jeder Cent war gut investiert.
PS: rund 20 Bands gesehen, nicht schlecht. Hab mich diesmal auf die Musik und nicht aufs Feiern konzentriert, und hatte mit weniger Promille diesmal wesentlich mehr Spaß. Das selbstgebraute Starkbier von einigen unserer Nachbarn war dennoch nicht zu verachten.