|----> STATEMENT ZUM BUDDHISTISCHEN LEHRER
Dr. Roman Schweidlenka
Der Däne Ole Nydahl gilt als Lehrer des tibetischen Buddhismus
und tritt weltweit für diesen ein. Seine Legitimation soll er vom verstorbenen
Karmapa erhalten haben, der ihn als "Dharma General" eingesetzt haben
soll. Kritiker werfen ihm etliche Sexaffären und militante Reden gegen
den Islam vor.
Ole Nydahl fiel kritischen Beobachtern immer wieder durch seine sozialdarwinistische
Interpretation der Karmalehre auf, d.h. alle Formen des Leidens und gesellschaftlicher
Missstände werden auf "schlechtes Karma" aus früheren Leben
zurückgeführt und damit auch legitimiert; diesem heute oft gebräuchlichen
Karmabegriff steht z.B. die Auffassung Mahatma Gandhis gegenüber, der meinte,
solange noch ein Mensch auf der Erde leide, sei es sein Karma, diesem zu helfen.
Im Frühjahr 1998 erklärte Ole Nydahl: "Wir sind die Rasse
der blonden, blauäugigen, großgewachsenen und zivilisierten Arier,
die ursprünglich aus dem Ural, der Ukraine und Sibirien stammen ... Der
Buddha war auch weiß mit blauen Augen ... Diese Ausländer aus den
warmen Regionen gefährden unsere Zivilisation ... Alle diese schwarzen
Frauen sind immer schwanger, denkt nur an die Huti- und Tuti-Frauen, ich meine
die Tuti in Ruanda. Wie sie sich abschlachten lassen. Das ist typisch für
diese Schwarzen und Braunen ... Es ist nicht normal, sich mit anderen Rassen
zu vermischen ... Türken sind keine Weißen ... Wir müssen uns
gegen diese Gefahr wehren und aufhören, nett zu sein." (Zit. in Victor
und Victoria Trimondi, Der Schatten des Dalai Lama, S. 669, zu Nydal vergl.
ebd. S. 668f1)
Es sei darauf hingewiesen, dass es im (tibetischen) Buddhismus viele
verschiedene Schulen und Strömungen gibt und sich der Buddhismus im Westen
als pluralistische religiöse Strömung präsentiert. Die Aussagen
Nydahls sind somit nicht als allgemeines buddhistisches Ideengut anzusehen.
.1) Zu zitiertem Buch (Victor und Victoria Trimondi: Der Schatten des
Dalai Lama. Sexualität, Magie und Politik im tibetischen Buddhismus, Patmos,
Düsseldorf 1999, 816 Seiten, ATS 423.-, ISBN 3-491-72407-4) vertrete ich
folgende Position:
Ganz konkret zeigen die Autoren den Weg des tibetischen Buddhismus von
eher egalitär anmutenden Gesellschaftssystemen hin zu einer straffen Theokratie.
Kritisiert werden kriegsverherrlichende Mytholgien, sexualmagische Praktiken,
Verbindungen zu esoterischen Rechtsextremisten und eine fest verankerte Frauenfeindlichkeit.
Es ist an der Zeit, auch den tibetischen Buddhismus einer kritischen
Überprüfung zu unterziehen. Dazu bietet dieses Buch Material in Hülle
und Fülle. Dennoch ist etliches übersehen worden, was zu einer ausgewogenen
Darstellung dazugehört: Der Reformwille des Dalai Lama, der mit ersten
demokratischen Gehversuchen bereits umgesetzt wurde. Auch die Weltherrschaftgelüste
einer um ihr Überleben kämpfenden Kultur überzeugen nicht. Der
Vorwurf, der Dalai Lama sei ein Freund des japanischen Sektenbosses Shoko Asahara,
der bekanntlich den Giftgasanschlag auf die U-Bahn in Tokyo zu verantworten
hat, übersieht, dass der Dalai Lama nach einer ersten Begegnung zum Sektenchef
auf Distanz ging.
Fazit: Ein Buch, dass zum Nachdenken anregt und auch praktizierenden
Buddhisten zu empfehlen ist - aber nicht zum Nachbeten, sondern zur kritischen
Lektüre, da die schwarz-weiß-Malerei den Blick immer wieder zu sehr
verzerrt. Die Zitate in diesem Buch wurden bis jetzt nicht widerlegt - auch
das hier verwendete von Nydahl nicht.
Quelle:
http://logo.at/artikel.dws?ffitem=391&TEMPLATE=NEWS&TID=HABFFDQAQEOENM