2024 war mein 5. Wacken und vorerst auch mein letztes.
Da mich hier niemand kennt und die meisten wahrscheinlich W:O:A so tief im Herzen tragen, dass Kritik nicht gehört oder nicht akzeptiert wird, hatte ich lange überlegt ob ich noch meine Meinung posten soll, aber warum eigentlich nicht:
Das Positive (ja gab es definitiv):
1) Die An- und Abreise hat diesmal sehr gut funktioniert. DIe Wartezeiten waren minimal (im Vergleich zu 2020 und 22). Mir stellt sich zwar die Frage, was passiert wäre, wenn ich aus - welchen Gründen auch immer - nicht an dem gebuchten Tag hätte anreisen können, aber ich denke, dafür hätte man evtl. auch eine Lösung gefunden. Die Abreise erfolgte bei uns am Sa Abend, um dem Chaos am Sonntag zu entgehen. Elbtunnel und Unwetter waren eher störend, ansonsten aber alles gut.
2) Die Bändchenausgebe zu dezentralisieren war eine wirklich sehr gute Idee. Das Warten war im Vergleich zu 2022 (sry aber das war eine Vollkatastrophe) sehr gut. Bitte so weiter machen (für die anderen).
3) Die Security war ok. Ich hatte nie Probleme mit hab ich nicht beobachtet, dass andere Schwierigkeiten hatten.
4) Preise auf dem Farmermarket. Fand ich angemessen, wenn die Entfernung nicht wäre (s. negativ).
5) Stimmung auf dem Festival: Wie immer friedlich und ausgelassen. Besser geht es nicht. Metalheads sind einfach entspannte Menschen.
Neutral
1) Cashless pay - Hat im Vergleich zu 2022 (2023 war ich einer der Deppen, der sich an die Spielregeln gehalten hat und nicht aufs Gelände kam) auch gut funktioniert. Positiv, dass man diesmal Trinkgeld geben konnte. Negativ war, dass ich immer wieder die (meist) Damen ansprechen musste, damit man mir den Endpreis ZEIGT. Es kam zwar zu keinen Unregelmäßigkeiten, aber Sinn der Sache ist das nicht.
2) Die Duschen waren zeitweise überfüllt, aber ich daran kann man ja selbst aktiv mitwirken (halt eine andere Zeit aussuchen). Wünschenswert wäre es m.E. immer noch, wenn man für ein wenig mehr Belüftung in den Duschen sorgt. Die Luftfeuchtigkeit ist doch extrem hoch.
3) Eintrittspreis: Im Grunde sind 333 Euro für diesen langen Zeitraum völlig angemessen. Das wir uns noch ein Feld gemietet haben und auch ein Klo ist unser Vergnügen. Schade ist allerdings, dass sich (nach meinem Gefühl) das Bandniveau (zumindest nach meinem Geschmack) deutlich verschlechtert hat. Von den sogenannten Headliniern hat mich in diesem Jahr keiner angesprochen. Bei den Scoprions hatte ich das Gefühl, dass man Klaus Meine an einer Stange festgebunden hat, damit er nicht aus Altersschwäche umfällt. Stimmlich fand ich den Auftritt auch nicht gelungen ...
So bleibt es weiterhin eine Glückssache mit den Bands und die erste Ankündigung für 2025 hat mich nur darin bestätigt, dass ich erst einmal nicht mehr zum WOA fahren werden.
4) Aufschlag fürs Auto:
Hier bin ich hin und her gerissen. Wenn ich daran was positives sehen möchte, dann ist es der Versuch, die Leute zu motivieren sich zusammenzutun und mit weniger Autos anzureisen oder halt ganz darauf zu verzichten. Vor dem Hintergrund eine gute Idee und im Sinne einer Verkehrswende nachhaltig. Auf der anderen Seite, bin ich einfach aus dem Alter raus, um 5 Tage in einem blöden Zeit ohne ein wenig Komfort zu campen. Das führt dazu, dass mehr als 2 Personen nicht ins Auto passen (Rest ist voll mit Gedöns). Da der Kartenpreis gleich geblieben ist, gibt es hier eine neutrale Bewertung.
5) WCs
Ja die WCs wurden deutlich öfter gereinigt als sonst, aber ich war so froh, dass wir unser eigenens hatten. Wenn ich zeitweise die Schlangen davor gesehen habe, dann hätte ich ne Kristallkugel gebraucht um frühzeitig loszugehen und nicht in akute Nöte zu kommen. Das war z.T. wirklich grenzwertig. Wie man das noch optimieren kann - kann ich nicht beurteilen. Dafür fehlt mir der Gesamtüberblick. Durch das eigenen WC war die Sache zum Glück sehr entspannt. Kurzer Weg, praktisch keine Wartzeite (1 Dixi auf 6 Pers.). Hat aber 200 Euro extra gekostet ...
Negative:
1) Die Aussteuerung der Bands (zumindest z.T.). Hier wurde schon über Lautstärke usw. gesprochen - mir ist es viel wichtiger etwas zu verstehen. Wenn der Gesang komplett im Bass untergeht und der Bass dazu auch noch alle anderen Instrumente bügelt, dann ist irgendwas nicht richtig. Das Erlebnis hatte ich bei 2 oder 3 Bands und führte dazu, dass ich wo anderes hin bin. Dazu kommt, dass der Bass z.T. so in der Magengrube virbiert hat (und ich stand gut +50m weg von der Bühne), dass ich es als unangenehm empfand.
2) Lineup:
Für mein Geschmack das schlechteste Lineup ever. Ich hatte drei oder vier Bands auf die ich mich gefreut habe, die gleiche Anzahl auf die ich gespannt war und ein paar die den "nah wenn ich schon mal da bin" Status hatten. Davon spielten blöder weise auch noch drei Bands fast gleichzeitig. Neben der Enttäuschung von den Scorpions haben mich auch Blind Guardien enttäuscht. Wir standen recht weit hinten und viel Interaktion bekamen wir gar nicht mit - so z.B. beim Bard Song (ich hab ihn nur instrumental gehört).
Natürlich wiederholt sich das Lineup immer wieder. Die Künstler werden älter und älter und neue Bands sind eher rar gesät. HIer würde ich dringend empfehlen die Tür ein wenig für Punk mehr zu öffnen. Beton Tod (ein Highlight) um 12:30 Uhr spielen zu lassen empfand ich als Herausforderung (von der Uhrzeit her). Aber der Platz war VOLL. Rappelvoll. Wer das ZEICHEN nicht versteht, sry dem kann ich nicht helfen ... So viele Bands und so wenig Punk ... Schaut mal zum Vainstream Festival - selten so ein geiles Lineup gesehen wie 2024 mit Dauerspaß.
3) Die Entfernung und der Farmer Market:
Unser Campground war 2.5km von Eingang zum Infield entfernt (ich habs mal mitgetrackt). D.h um zu einem Konzert zu gehen, brauchste entspannte 40min (one way). Dazu musste ich noch über die Unfallbrücke rüber (k.A. wie viele sich da lang gemacht haben). Unser CG war noch nicht am weitesten Entfernt und trotzdem ist das wirklich eine Zumutung. Gerade bei Betontod habe ich länger überlegt, ob ich hin soll, da ich danach gut 3h nix hatte. Alleine das hin und her gerenne hat fast die ganze Zeit aufgefressen.
Die Entfernung ist auch der Grund, warum wir den FM praktisch nicht genutzt haben. Ein mal Einkaufen gehen (inkl. Anstehen) hätten locker 2h gedauert. Nee lass mal und dann das ganze Zeug schleppen?
Hier würde es sich auch empfehlen dezentrale FM einzurichten (so wie beim Frühstück).
Insgesamt sollte man an den Entfernungen arbeiten. Ich werde nicht jünger (unserer ältester Teilnehmer ist 72) und alleine das Gelaufe macht einen wirklich platt.
4) Getränke und Essenpreise
Ich nage wirklich nicht am Hungertuch, aber die Preise für das Essen empfand ich schon als grenzwertig. Gerade wenn ich berücksichtige, dass ich 80min zum Campgroud hin- und her renne. 5,50 Euro für ein Krombacher 0,4l ist schon ordentlich. Bei den Essenpreisen stimmt m.E. entweder nicht der Preis oder die Portionsgröße. Da sich die Preise perspektivisch nach oben entwickeln, für mich ein entscheidener Kritikpunkt. Mein Vorredner geht regelmäßig zum BVB ins Stadion. Schön - die Fußballmillionäre wollen ja auch bezahlt werden
.
Ich habe meist Wasser getrunken und auf Bier o.ä. verzichtet. Eigentlich schade ...
5) Mehr ist nicht immer besser
Mein erstes Wacken war 2009. Da war alles kleiner, übersichtlicher und näher. Duschen hat noch 6 Euro extra gekostet und das Flair war ein anderes. Seitdem wird Wacken immer größer und noch kommerzieller. Das ist legitim. Money rules the world - aber leider verliert das Festival (für mich) immer weiter seinen Charm. Der Einstieg des amerikaischen Investors hat den Prozess noch beschleuningt. Die Hardlinier unter Euch werden wieder sagen: "Spinner, soll er doch wegbleiben." aber schaut Euch einfach mal den Kartenverkauf an. Seit 2017 war Wacken fast immer innerhalb von wenigen Tagen ausverkauft. Aktuell bekommst Du noch auf regulären Wege Karten. Die Karten 2024 (wir hatten krankheitsbedingt 2 Stk. über) ist nach für nen Appel und nen Ei losgeworden bzw. ist drauf sitzen geblieben. Man kann diese Indizien ignorieren - sollte man aber vielleicht nicht? Ich kenne viele, die mit WOA "gebrochen" haben, da sie sich hier nicht mehr als "DIE FANS" wahrgenommen fühlen. Natürlich ist das normal, dass es immer unzufriedene gibt - aber in meinem Umfeld ist der Trend immer stärker wahrzunehmen.
6) Giveaways
Mir ist bewusst, dass es auch hierzu unterschiedliche Meinungen gibt. Ich fand den Metalbag immer als positives Highlight. Der Bag kostet max. 5 Euro p.P. (inkl. Inhalt) und hat automatisch Erinnerungsstücke verteilt (die Magnete kleben am Kühlschrank, die Kondome wurden genutzt, die Ohrstöpsel waren ein gutes Signal an die Gesundheit). Ich kann bis heute nicht verstehen, warum man diesen eingestellt hat.
Natürlich kann ich rechnen: 5 Euro x 80.000 Besucher (oder 85.000 oder 90.000 ... weiß ja niemand so genau) sind auch 400.000 Euro. Aber dafür hattet Ihr immer die Sponsoren: Kaufland hat den Buff gesponsort usw.
Wenn ich mir jetzt den Scheiß zusammenkaufen würde, dann zahle ich dafür locker 25-30 Euro. Mach ich aus diesem Grund nicht.
7) Krach auf dem Campground
Wie jedes Jahr braucht man Glück um nicht direkt neben jemanden zu Übernachten, der bis 3 Uhr oder 4 Uhr seine 6000w Boxen auf Maximum betreibt. Wie in jedem Jahr wäre es wirklich schon, wenn man sowas wie "Nachtruhe" ab z.B. 1 Uhr einführen und auch kontrollieren würde. Ohrstöpsel helfen hier auch nur bedingt ...
Fazit
Das Festival ist ein Erlebnis. Aber es wird für mich immer kommerzieller und damit immer unpersönlicher. Hier würde ein "back to the roots" und eine Reduzierung auf vielleicht 75.000 Tickets helfen. Kleiner ist machmal besser.
Ansonsten wünsche ich Euch allen viel Spaß bei 2025. Ich werde es mir aus der Ferne anschaun und hoffe.