Der Tsunami aus der Sicht vom Jrisno

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W:O:A Metalhead
23 Apr. 2002
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61
bremen
Ich habe meine Erlebnisse in Thailand ab dem 26.12.2004 für diejenigen hier im Wackenforum aufgeschrieben, die sich dafür interessieren (Okay, und für mein nicht vorhandenes Tagbuch ;) ). Jeder der denkt ich möchte mich hier nur profilieren, benutzt bitte jetzt schon den Zurück-Button oder sonstige seitenwechselnde Funktionen seines Browsers und hält die Fresse. Danke.

Die Buchstaben in eckigen Klammern entsprechen den Standpunkten im Bild
http://wounded-metal.com/thai/phuket.jpg

View1-3 im Bild entsprechen den Blickwinkeln der Fotos (urls) die ich letztens im Netz gefunden hab und das Hotel 2 wochen nach der Flut zeigen.
http://wounded-metal.com/thai/view1.jpg
http://wounded-metal.com/thai/view2.jpg
http://wounded-metal.com/thai/view3.jpg

Unser Zimmer von innen etwa
http://wounded-metal.com/thai/zimmer.jpg

Vorgeschichte:

Von allein wäre ich wohl nie auf die idee gekommen mal nach thailand zu fliegen. Als mich meine tante jedoch im späteren sommer 2004 anrief ob ich nich Lust hätte mit ihr, meinem onkel und meinem cousin mal einen auf touriurlaub zu machen und mit nach patong beach auf der halbinsel Phuket abzudüsen hab ich natürlich sofort zugestimmt. Als vom Staat geschröpfter Zivi hätt ich mir das von alleine nie leisten können, so brauchte ich nur meine Verpflegung zu bezahlen und das war da schweinebillig (so wie eigentlich alles andere dort).

Gesagt getan, der Hinflug verlief unspektakulär. Bremen-München;München-Phuket und dann mit nem Bus zum Hotel unter Begleitung eines ziemlich bekifften Einwohners der übers Mikro versuchte was auf englisch zu erklären. Das warme Klima dort wehte uns angehm beim verlassen des Flughafens von Phuket um die Ohren, 29° sind halt besser als 1° ;)

Die ersten paar Tage in der Touristenhochburg Patong waren extrem cool, nachdem man sich an die aufdringlichen Verkäufer, die einen jedesmal beim Vorbeilaufen mit Sätzen wie "hello my best friend" oder "taxi? tuktuk?" oder am späteren Abend auch mit Sachen wie "handsome man? hm?" *zwinker*, gewöhnt hatte fühlten wir uns ganz wohl da. Stundenlanges in der Sonne braten, kühles CHANG oder SINGHA Bier saufen und billich semioriginale Ware einkaufen, war ganz nett. Vor allem KEIN beschissener Dosenpfand! Die morgendliche Runde im Pool war auch nobel, das Meerwasser da war mir ne Spur zu aggressiv. Mein Cousin und ich lachten noch "gut dass wir n Zimmer im Erdgeschoss direkt vorm Pool haben, stell dir ma vor wir müssten da oben im 2ten Stock wohnen". Naja hätten wir oben n Zimmer gehabt wär alles besser gelaufen wie sich später rausstellte ;)

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Okay, viel blabla, kommen wir zum 26.12.2004 vormittags. Ich und mein Cousin lagen mit lustig Restalk intus in unseren Betten (hatten uns am Vortag diverse Cocktails und so zur Gemüte geführt und zu ner extrem pansigen Liveband abgerockt), als ich von irgendwelchem relativ leisen Gerumpel wach wurde. Ähnliche Geräusche hab ich am vorigen Morgen vernommen als die Putzkolonne im Nebenzimmer am Werkeln war und uns dann 5 Minuten später die Zimmertür aufriss, wir sie allerdings weggescheuchten weil wir weiterpennen wollten. Dementsprechend scheisse sah das Zimmer [ A ] aus, so dass eine Reinigung nötig war :)

Ich zog mir also meine frisch erworbene hellgelbe Badeshorts und mein weisses Bio´rot Shirt an um mich wankend ins Badezimmer zu begeben welches im hinteren Teil des Zimmers war. Beim Ablassen des Morgenurins fing plötzlich das Licht an zu flackern und die Klimaanlage auszusetzen. "Scheiss Hotel" dachte ich mir noch, dann wars wieder fürn paar Sekunden ruhig. Durch die unterdimensionierte Belüftungsklappe hörte ich von draussen ein junges Mädchen lachend sagen "Oh mein Gott", denk ma dass sich da schon die ersten Autos über die Strasse haben wegtragen lassen, jedenfalls hat sich diese Stimme nachträglich doch ziemlich stark in mein Hirn eingebrannt.

Völlig unerwartet fing dann mein Cousin wie n bekloppter an die Badezimmertür mit Faustschlägen zu penetrieren und zu brüllen ich solle schnell rauskommen. Im ersten Moment dacht ich noch er will mich verarschen, als ich jedoch die Tür öffnete und sah, dass unten durch die Zimmertür Wasser drang, wusste ich dass wohl doch mehr dahintersteckte. Aufgeregt berichtete er mir von Schussähnlichen Geräuschen und Schreien, so waren wir zuerst der Meinung es liefe ein Terroranschlag oder ein Wassertank ist auseinandergebrochen oder so. Naja was soll man in so einer Situation machen, wir sprangen erstmal aufs Bett weil wir davon ausgingen dass das Wasser sich gleich wieder verzieht. Sein Koffer war noch geöffnet auf dem Boden und er versuchte ihn vom Bett aus zu angeln damit seine ganzen Klamotten nicht nass werden.
Spätestens als das Bett anfing sich vom Boden zu erheben und wir durchs Fenster zum Hotelinnenhof bemerkten dass dort die braune Suppe schon bis auf ca. 1,30 angestiegen ist kam doch schon ein wenig Panik auf. Verstärkt wurde dieses Gefühl dann von der Zimmertür, die ziemlich geräuschvoll im unteren Drittel nach innen eingedrückt wurde und so ein ziemlich grosser Wasserschwall ins Zimmer stürzen konnte, einen grossen Strudel im Raum erzeugte und alle Möbel sowie auch uns durcheinanderwarf. In den Sekunden in denen wir beiden herumgewirbelt wurden brach dann wohl auch der Rest Tür, so dass sich der Pegel angleichen konnte und sich die Strömung "einigermassen" beruhigte. Hätten die Wassermassen nicht die Tür sondern das Fenster zersplittert, hätten wir ein zusätzliches Problem bekommen wie ich mir später überlegte. Problem war nur dass es einfach nicht aufhören wollte zu steigen, so war klar dass wir, egal wie, aus dem scheiss Zimmer rausmussten. Die ersten Versuche meinerseits mich zum Ausgang zu strampeln scheiterten an diversen grossen Teilen unter Wasser die mir gegen die Beine hämmerten sowie unserem Kleiderschrank der mich doch glatt an der Wand zerquetschen wollte. Als ich endlich bis zum Türrahmen kam war nur noch durch eine handbreite Spalte nach draussen zu gucken. Meinen Cousin hatte ich übrigens da schon nicht mehr gesehen, es ging alles viel zu schnell. Als ich schliesslich unter einem recht starkem Adrenalinstoss raustauchen konnte, sah ich, dass er es schon vor mir geschafft hatte und sich in der Strömung zur Treppe durcharbeitete. Ich will nicht wissen was das für Gegenstände waren die ich auf der Strecke zur Treppe mit Beinen und Armen berührte bzw wegstossen musste, doch wie durch ein Wunder ist mir bis auf 2 kleine Schnittwunden und ner Nackenzerrung nichts weiter passiert, meinen cousin übrigens auch nicht. Der einzige von uns der nennenswerten körperlichen Schaden davon trug war mein Onkel, der schon früher als wir auf den Beinen war und das Event als erster bemerkte. Da er und meine Tante nicht wussten ob wir beide noch schliefen versuchte er sich durch die bis dahin knietiefe Strömung von ihrem [ B ] zu unserm Zimmer [ A ] zu kämpfen, was allerdings an diversen Metallteilen scheiterte, die ihm 2 grosse Risse ins rechte Bein schlugen. Tante und Onkel warteten übrigens schon auf der Treppe die mit Blut und Kotze vollgeschmiert war. Als auch ich die Treppe erreichte und mich in den ersten Stock [ C ] retten konnte, war ich dem Kotzen auch extrem nahe, das schmutzige Salzwasser das ich leider schlucken musste bei der ganzen Aktion, reizte Magen und Speiseröhre doch aufs Äusserste. Zum Glück gab es dort noch Trinkwasserflaschen, die ich mir auch literweise über un in den Kopp schüttete, so blieb mein Mageninhalt doch noch in mir.

Jetzt erst kam so langsam der Punkt an dem man das ganze ein wenig realisierte und sich etwas dem Umfeld widmen konnte. Da waren schreiende, teils nackte, blutende, kotzende und unter Schock stehende Menschen, die nicht genau wussten wie ihnen geschah. Ich für meinen Teil, der etwas unsanft aus dem Schlaf einer halb durchgezechten Nacht gerissen wurde, zählte mich eher zu denen in den der Schock so langsam aufstieg, mein Kreislauf verliess mich jedenfalls von Minute zu Minute mehr. Während die ersten Verletzten notdürftig versorgt wurden und ein Grossteil der Leute (aus allen möglichen Ecken der Welt) auf den überfluteten Hotelinnenhof starrten, waren sogar einige Leute am Filmen. Das Bild das sich bot war auch eines, das man nicht jeden Tag zu Gesicht bekommt. Man muss sich einen Innenhof vorstellen, in dem etwa 3 Meter hohes, dunkles Wasser schwappte und alle möglichen Teile (von Fahrrädern bis zu Schuhen, Sträuchern u.ä. hat man alles gesehen) an uns vorbeitrug. Unter der Wand die in Richtung Lobby bzw Strasse zeigte haben sich inzwischen 3-4 Autos übereinander gequetscht und bildeten zusammen mit diversen anderen Autos ein mehrstimmiges, nervtötendes Hupkonzert (Alarmanlagen), das erst aufhörte als die Batterien irgendwann kläglich versagten. Einen Videoausschnitt von jemandem der vom Gang des 2ten Stockes aus auf die Strasse gefilmt hat, hab ich sogar auf N-tv gesehen als ich wieder zu Hause war.
Die Blutfontäne die aus dem Bein meines Onkels schoss wurde irgendwie versucht zu stoppen und notdürftig verbunden, aber viel Zeit blieb dazu nicht, denn jedes etwas lautere Geräusch und jeder Schrei den man hörte löste eine erneute Panikwelle aus, auch der ganze restliche Tag Patongs war von hunderten kleinen Massenpaniken geprägt.
 

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W:O:A Metalhead
23 Apr. 2002
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bremen
So liefen auf einmal alle aufgeregt einen weiteren Stock nach oben, einige der Hotelgäste und angestellten kletterten sogar aufs Dach und verharrten dort unter der stechenden Sonne. Da mein Onkel logischerweise alleine nicht wirklich schnell vorankam, nahmen mein cousin und ich ihn unter den Arm und stützten ihn beim Gang über die Treppen nach oben. Oben angekommen taten sich bald schon einige souveräne Ersthelfer hervor, besonders die, die ihre Zimmer im zweiten Stock hatten und dort auch etwas Verbands- und Desinfektionsmittel parat hatten. Andere wiederum versuchten sich durch schwarzhumoristische Bemerkungen o.ä. zu beruhigen, mein Puls jedenfalls war in jenem Moment nur damit beschäftigt meinen Kreislauf ausser Gefecht zu setzen. Ich sass mit meinen Verwandten vor einem Zimmer und war mit ungefähr 20 Milliarden verschiedenen Gedankengängen beschäftigt (was genau eigentlich die Ursache für das Wasser war konnte bis dahin niemand mit Sicherheit sagen!) als ich eine Frau neben mir bemerkte, die in ihrem mehr als extrem erschöpften Zustand fast aus ihrem Plastikstuhl fiel. Ich sprach sie an und aus ihrer schwach gekeuchten Antwort konnte ich erahnen, dass sie deutsch sprach. Ich machte andere auf sie aufmerksam und es stellte sich heraus dass die Frau nicht zum Hotel gehörte sondern nur zufällig auf unserer Strasse spazierte als die Flut kam und sich irgendwie in unser Hotel retten konnte. Auf die Frage wo sie denn überall verletzt sei erwiderte sie leise "ich weiss es nicht, mich haben im Wasser so viele Teile getroffen, überall.." Nachdem wir sie mit Schmerzmittel und Wasser versorgten, beschlossen wir sie in eines der Betten des Zimmers zu legen vor dem wir uns befanden. Das war nicht wirklich einfach da sie, egal wie wir sie bewegten, anfing zu schreien. Wie sich später herausstellte war die Frau, der das Zimmer gehörte, auch anwesend. Sie war in Sorge um ihren Mann der des Morgens zu einem Spaziergang aufbrach und noch nicht wieder auftauchte.

Als sich das Wasser so langsam verzog, stiegen die ersten Mutigen herab und wateten durch die wadenhohe Brühe um Koffer u.ä. aus ihren Zimmern zu holen, sofern man davon noch was finden konnte. Uns waren in diesem Moment aber die materiellen Sachen mehr als egal. Ein Autoinsasse, der in sein Vehikel eingequetscht im Innenhof stand, machte mit einem unregelmässigen Hupen auf sich aufmerksam und hob sich somit aus dem Lärm der wenigen noch funktionierenden Alarmanlagen ab, dieser konnte nun auch befreit werden. Einige Leute befanden sich immer noch auf den Dächern, für mich sah das gefährlich aus, denn wie leicht kann denen etwas herunterfallen und uns auf den Kopf.. Wär ja ganz toll dass man sone drecks Überschwemmung überlebt und direkt danach von nem Gegenstand erschlagen wird, den irgendein Trottel da oben herunterfallen lässt. Meinem Cousin wär es jedenfalls fast passiert, denn als er ein paar Schritte Richtung Treppe ging zersplitterte direkt vor seinen Füssen eine massive Glasflasche.. viel hatte da nicht gefehlt.

Der Spaziergänger ist nach ein paar Minuten auch aufgetaucht, er war glücklicherweise ein Katastropenarzt in Rente und berichtete von der "Aussenwelt". Er betrachtete das Ganze mit einer unglaublichen Lässigkeit, was zumindest mich extrem beruhigte. "Das reinste Chaos da draussen" sagte er. Er hat es fast nicht geschafft, die Polizei an einer provisorisch errichteten Strassenabsperrung zu überreden ihn durchzulassen. "Schliesslich muss ich meiner Frau sagen dass ich noch lebe. [...] Ich musste auf dem Weg hierhin viel erste Hilfe leisten, man musste nur noch abwägen bei den vielen Körpern die dort lagen ob jemand noch eine Chance hat zu überleben und sich diesen widmen". Das Bett auf das wir die Verwundete gelegt hatten, stellte sich als das seinige raus, er kümmerte sich natürlich auch um sie.
Was aus ihr wurde hab ich leider nie erfahren, denn als die Hotelleitung bemerkte dass das Hotel einzustürzen drohte, wurden sämtliche Menschen die Treppen herunter auf die Strasse geschickt. Das war gar nicht so einfach, denn einerseits mussten wir natürlich wieder meinen Onkel mitnehmen der immerhin inzwischen etwas besser verarztet worden war und voll unter schmerzlindernden Drogen stand, andererseits waren da die rutschigen Treppen und dieser von einer Schlammschicht bedeckte Boden der einem die Sicht auf den Fleck Boden versperrte auf den man seinen Fuss setzte.

Auf dem kurzen Weg zur Strasse wurde uns klar, dass das, was wir vom Hotel aus sehen konnten, kein Vergleich war zu dem Rest der Umgebung. Die Strasse selbst war sogar noch bis zur Bordsteinkante geflutet, was das Vorankommen noch schwieriger machte und den Verband meines Onkels auflöste. Welches Chaos auf den Strassen zu sichten war, brauche ich glaube ich nicht grossartig zu beschreiben, diese endzeitlichen Bilder sah man inzwischen tausendfach in den Medien (Autos lagen aufm Dach, Scherben, Schlamm, umgeknickte Bäume und Strommasten). In diesem Moment beschloss ich jedenfalls dass es mir zu riskant war zu laufen und pickte mir 2 der Schuhe die in irgendeinem Schlammhaufen auf dem Bürgersteig steckten und klemmte diese, viel zu kleinen und völlig verschiedenen, unter meine Füsse. Verwundert war ich über die Gelassenheit einiger Leute die nicht vom Strand weg, sondern locker in die Gegenrichtung gingen, Fotos machten und sich alles anguckten. Unter diesen Leuten war auch jemand auf einem Moped, den wir auch gleich anhielten um unseren Onkel wegtransportieren zu lassen.

Da Gerüchte um weitere Wellen im Umlauf waren, liefen wir drei weiter vom Strand weg (das Wasser hörte zum Glück nach etwa 100 Meter, bei der eben erwähnten Absperrung auf), um uns in einer Hotellobby auszuruhen, die nicht vom Wasser betroffen gewesen zu sein schien. Wir gingen zwar eigentlich davon aus, dass der Mopedfahrer meinen Onkel ins Hospital bringen würde, brachte ihn aber stattdessen in ein grosses Hotel wo sich schon viele Leute gesammelt hatten die von der Flut überrascht wurden. Er wurde dort aber gut versorgt.

So, die ganze Geschichte bis hierhin spielte sich innerhalb von schätzungsweise 50 Minuten ab, mir kam es allerdings vor wie 4 Wochen.



Glücklicherweise hatte in dieser Lobby ein Amerikaner seinen Laptop aufgebaut und surfte im Netz. Obwohl ich extrem versifft in diesem Moment aussah (komplett dreckige und durchnässte Klamotten, schlammige Beine und Haare, dann die beiden dreckigen und völlig unpassenden Schuhe) ergriff ich die Gelegenheit um auf dem PC eine Mail an meine Eltern und an meine Freundin zu schicken.. die Gewissheit über ihre Ungewissheit hat mich fertig gemacht, ich machte drei Kreuze als ich die Mails erfolgreich versendet hatte. Ein deutscher Urlauber dort hat uns sogar mit seinem Handy mit meinen Eltern telefonieren lassen. Da meine Tante zufälligerweise noch ihr Portemonnaie in der Tasche hatte konnten wir uns was zu trinken dort bestellen.

Naja den Rest der Geschichte fasse ich kurz zusammen. Wir kamen für die Nacht direkt danach in ein Hotelzimmer im ersten Stock unter, es war eine mehr als unruhige Nacht in der ich kaum geschlafen hab. Zumindest konnte man sich in diesem Zimmer den ersten Dreck notdürftig abspülen und seine Sachen trocknen, es waren schliesslich die einzigen eigenen Kleidungsstücke die wir aus dem Urlaub wieder zurückbrachten. Ausserdem konnten wir uns dank NBC, CNN usw. über das Geschehen informieren...
Am nächsten Tag dann gingen wir zum Hotel in dem mein Onkel untergekommen war und warteten dort vergeblich auf eine Neckermanvertretung (Neckermann, fuck you! Wie sich später herausstellte ham die in der ganzen Sache extrem viel Kacke gebaut! Meidet diesen Verein, Sammelklage läuft), während die meisten andern dort nacheinander von ihrer Reisegesellschaft abgeholt wurden. Dass sich unter den Wartenden einen Tag später immer noch viele Geschockte und Verletzte befanden wunderte keinen.
 

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W:O:A Metalhead
23 Apr. 2002
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bremen
Von den Einheimischen jedenfalls wurden wir gut versorgt, bekamen Essen und etwas Kleidung umsonst. Mein Cousin und ich machten uns auf zu unserem zerstörten Hotel um zu gucken ob man ein paar Sachen aus den Trümmerhaufen ziehen konnten. Auf dem Wege dorthin liehen wir uns ein Brecheisen mit dem wir glücklicherweise unseren Safe aufknacken konnten (ein Wunder dass dieser nicht geplündert war, in der Nacht liefen viele Pünderungen!) und unsere Portemonnaies sowie die völlig durchweichten Reisepässe ergattern konnten. Das hat vieles um einiges einfacher gemacht. Aus den komplett verwüsteten Zimmern aber konnte man fast nichts retten.. wieo hab ich Trottel auch 15 Metalshirts mitgenommen.... R.I.P.!!!
Überhaupt konnte man sagen dass wir 4 unglaubliches Glück hatten, wir kamen als komplette Familie wieder da raus und hatten noch einen Teil unseres Geldes sowie die Pässe.. Sehr vielen ging es anders, wie wir später mehrfach von Urlaubern berichtet gekriegt haben. (Einer musste mit ansehen wie seine beiden Kinder von einem Bus zerquetscht wurden und sein Frau ertrank, ein anderer wurde von der Welle auf eine Palme geschleudert und verlor auch alles, usw, viele solcher Geschichten von völlig am Boden zerstörten Personen gehört...)

Irgendwie wurden wir dann mit einer thailändischen Militärmaschine nach Bangkok geflogen und sind dort von der deutschen Botschaft in ein richtig fettes Hotel gebracht worden (im 24sten Stock... muahaha); die 2,5 Tage dann in Bangkok gaben uns dann die Gelegenheit ein paar Sachen zu kaufen. Auch dort traf ich jemanden im Einkaufszentrum aus der Schweiz, dessen Frau als vermisst galt. Neben dem Hotelaufenthalt, den Flügen und anderen Sachen wurde uns von der thailändischen Regierung auch Telefonate ins Ausland bezahlt. So konnte ich, nachdem ich endlich die Nummer rausgefunden hatte, meine Freundin bei ihrer polnischen Verwandtschaft anrufen und endlich beruhigen...

Mein Onkel verbrachte diese Zeit jedenfalls in einem Bangkoker Krankenhaus, eine Flugmaschine nach Düsseldorf haben wir dann auch irgendwann auch gekriegt. Von da aus dann mit dem ADAC Richtung Bremen. Im Flugzeug und auf den Flughäfen natürlich auch noch diverse krasse Sachen erlebt, aber hab keine Lust mehr zu schreiben.


so dat wars

Ich bin vielleicht nicht der überragene Erzähler (mit Sicherheit habe ich viele wichtige Details bei dieser Erzählung ausgelassen) und diese Story ist im Vergleich zu denen, die man u.a. im Spiegel liest, relativ harmlos. Sie hat mir jedoch deutlich wie nie zuvor gezeigt wie schnell alles vorbei sein kann und - im Bezug dazu - wie lächerlich im Grunde manche menschliche Denkweisen, Gesellschaftszwänge u.ä. sind. Zu Hause angekommen holte mich leider schon nach ein paar Wochen der dumme Alltag wieder ein mit all den eben angesprochenen Sachen und engstirnigen Personen, das ist das was mich an der ganzen Scheisse persönlich am meisten ankotzt.


Jan
 

KaeptnKorn

W:O:A Metalmaster
16 Juli 2003
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186
118
40
Hamburg
Stell dein Licht mal nicht so weit unter den Schemel. Die Geschichte ist,äh, wie soll man das sagen... cool bestimmt nicht. keine Ahnung. Auf jeden danke, daß du dir die Mühe machst.

;)
 
L

Lord Soth

Guest
Bin wahnsinig froh, daß du's überlebt hast!

Danke...


Daniel
 

ScoX

W:O:A Metalmaster
11 Dez. 2001
5.134
4
83
37
Erfurt
Website besuchen
auch von mir danke für den ausführlichen bericht.
wie schon gesagt, hätte keinen bock gehabt wegen sowas nen guten kumpel zu verliehren.
aber schön dass du was über das örtliche bier geschrieben hast *hüst* ;)