Sintflut

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Tiara

W:O:A Metalmaster
31 Jan. 2003
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MUC
Die Sintflut II in Kurmark - Blätter 2002



Nach vielen Jahren sprach Gott wieder zu Noah: "Noah, bau noch einmal eine Arche aus Zedernholz. Ich will in sechs Monaten eine zweite Sintflut über die Erde bringen. Im Übrigen läuft alles wie damals."

Noah stöhnte zwar auf, war aber gehorsam und versprach, alles genau so zu tun, wie Gott ihm aufgetragen hatte. Nach sechs Monaten fragte Gott "Wo ist die Arche, Noah? Der Regen beginnt!" Noah wischte die Tränen aus seinem Gesicht und zeigte dem Herrn eine leere Bergwiese.

"Herr, was hast du mir angetan? Sofort nach deinem Auftrag beantragte ich beim Landratsamt eine Baugenehmigung zur Errichtung der Arche auf dieser trockenen Bergwiese. In meiner Einfalt habe ich nicht erkannt, dass dies ein naturschutzrechtlich geschützter Magerrasen mit Wacholderheide ist. Fast wäre mein Vorhaben auch daran gescheitert, weil es sich um ein baupla-nungsrechtlich unzulässiges Vorhaben im Außenbereich handelt. Die Gemeinde hat aber ein Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes eingeleitet, weil sie sich von der Arche eine touristische Attraktion verspricht. Übrigens liegt schon eine Bauvoranfrage für eine Gaststätte auf dem Nachbargrundstück vor.

Die fehlenden Zufahrten, Ver- und Entsorgungsleitungen waren auch ein großes Problem und sollten mir eine Menge Geld kosten; es war sinnlos zu erklären, dass eine schwimmende Arche nicht angeschlossen werden kann. Ein Mitarbeiter der Wasserwirtschaftsverwaltung erklärte mir schließlich, dass mobile Kläranlagen bereits mit Erfolg getestet worden seien und kurz vor der Bauartzulassung stünden, vielleicht bekomme ich dann eine Ausnahmegenehmigung. Wegen der angekündigten Auflagen für feuerhemmende Türen, eine Sprinkleranlage und einen Löschwassertank für die Arche habe ich mich maßlos aufgeregt. Auf meinen Hinweis, ich hätte im Ernstfall rundherum genug Löschwasser, glaubten die Beamten, ich sei nicht ganz dicht und schickten mich in die Psychiatrie. Nach vielen Tests wurde mir mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für weitere Maßnahmen nach dem Unterbringungsgesetz nicht gegeben seien und die vorläufige Unterbringung aufgehoben werde. Ich weiß zwar nicht, was das bedeuten soll, aber ich durfte gehen. Trotzdem gingen aber meine Probleme weiter.

Die Einfuhr von Zedernholz ist verboten. Als ich deshalb heimisches Bauholz beschaffen wollte, wurde mir das Fällen von Bäumen unter Hinweis auf die Baumschutzverordnung verboten. Mein Hinweis, dass die Bäume sowieso überflutet werden, wurde als belanglos abgetan, Vorschrift sei Vorschrift. Auch das Einsammeln der Tiere verursacht nur Probleme:

Herr, ist dir eigentlich klar; dass ich auch nach der EG-Verordnung über den Schutz von Exemplaren wild lebender Tier- und Pflanzenarten eine besondere Genehmigung brauche? Ich bin schon auf Seite 22 des Antragsformulars und grüble im Moment darüber; was ich als Transportziel angeben soll. Und wusstest du, dass z.B. Geweih tragende Tiere während der Brunft -zeit überhaupt nicht transportiert werden dürfen. Außerdem haben schon einige Jagdausübungsberechtigte, die von meinem Vorhaben hörten, Betretungsverbote für ihr Jagdrevier ausgesprochen, deshalb habe ich auch Probleme mit Tieren, die den Jagdgesetzen unterliegen. Übrigens, wo hast du eigentlich die Bombina bombina - du weißt schon, die rotbauchige Unke - versteckt?

Weißt du eigentlich, dass ich die 43 Vorschriften des Binnenmarkt-Tierschutzrechts beim Transport der Kaninchen beachten muss? Meine Rechtsanwälte prüfen gerade, ob diese Vorschriften auch für Feldhasen gelten.

Hoffnung schöpfte ich, als das Oberkommando der Marine von mir eine Karte der künftig überfluteten Gebiete erbeten hat. Ich habe ihnen einen blau angemalten Globus geschickt. Herr, du kannst dir trotz Allwissenheit nicht vorstellen, welche Probleme ich mir damit eingehandelt habe! Die Bezirksregierung hatte auch von der Sache gehört und teilte mir telefonisch mit, sie sei inzwischen ein kundenorientiertes Dienstleistungsunternehmen und darum wolle man mich darauf hinweisen, dass ich bei der EU in Brüssel eine Werftbeihilfe beantragen könne; allerdings müsste der Antrag noch am gleichen Tag achtfach in den drei Amtssprachen eingereicht werden.

Als letzte Chance prüfen meine Anwälte, die Arche als fremdflaggiges Schiff registrieren zu lassen, die Genehmigungen wären z. B. in Liberia leichter zu beschaffen. Ich komme so nicht weiter, Herr, ich bin verzweifelt! Reicht es nicht, eine kleinere Arche zu bauen und nur meine Rechtsanwälte mitzunehmen?"

Noah fing wieder an zu weinen - er war sichtlich am Ende. Da hörte der Regen auf, der Himmel wurde strahlend blau und die Sonne schien wieder. Und es zeigte sich ein wunderschöner Regenbogen. Noah blickte auf und lächelte. "Danke Herr, du wirst der Erde also doch keine neue Sintflut schicken?"

Da sprach der Herr: "Ich werde die Erde nicht mit einer neuen Sintflut strafen, die Flut eurer Vorschriften reicht schon!"