macht doch mal einer......

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W:O:A Metalmaster
27 Nov. 2001
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DÜSS-HELL-DORF
"Eine schöne Leich", wie mensch in Oberbayern folgenden Exzess umschreibt:

Vor dem Friedhof trifft sich die trauernde Verwandtschaft; so manches Papiertaschentuch wird wegen reichlich fliessender
Tränen seiner ordnungsgemäßen Bestimmung zugeführt, während in Gedanken (leise Trauermusik von der Beerdigungskapelle
ist zu hören) bereits das Fell^WErbe des verstorbenen Onkel Herbert verteilt wird. Vetter Hermann und Bruder Thomas, die
schon seit Jahren die Straßenseiten wechseln, sollten sie sich aus Versehen in der Stadt treffen, versichern sich gegenseitig ihre
tiefe Trauer, während Tante Hermine spitz bemerkt, dass Cousine Rosalie ihren Bauch wohl nicht alleine vom Essen und Trinken
bekommen habe. Nachdem leiser Schneefall einsetzt, machen die in weiser Voraussicht mitgeführten Flachmänner verstohlen
die Runde, was jedoch zur Folge hat, daß Onkel Maximilian ("So eine Schande!") beim letzten Gruss gerade noch vor dem Sturz
in das Grab bewahrt werden kann. Vereinzelt hörbares Gekicher wird unter den bösen Blicken der anwesenden weiblichen
Verwandtschaft krampfhaft unterdrückt.

Wer meint, nun sei das Schlimmste überstanden, hat sich in seinem Leben noch nie so furchtbar getäuscht.

In der Gastwirtschaft werden nun, noch bevor die Suppe serviert wird, schon die ersten Weizenbiere und Schnäpse geordert, um
den nun fälligen Smalltalk einigermassen ohne Schaden an Körper und Geist zu überstehen. Jetzt segelt im Bewußtsein ihrer
knapp zwei Zentner Tante Genoveva durch den Saal und "erfreut" Dich mit den seit Deiner Kindheit verhassten, vor
Feuchtigkeit triefenden Wangenküssen. "Mei, bist groß gwordn, Bua, lernst aa fleissig auf'd Schui? Dusd aa die Lehrer schee
folgn?" - "Ja, Tante, ich arbeite gerade für meine Diplomarbeit." Die soeben servierte Suppe erspart Dir weiteres Gschmarr und
Du sitzt neben liebenswürdigen Leuten, die Du das nächste Mal frühestens zu Deiner eigenen Beerdigung treffen willst.

Nach dem Mittagessen (erwähnte ich schon die reichlich bestellten und ordentlich vernichteten Verdauungshilfen?) erreicht die
Stimmung ("Egon! Du trinkst jetzt keinen Schnaps mehr!" - "Auf einem Bein steht's sich aber schlecht! Noch einen bitte!") den
ersten Höhepunkt. Während des Kaffeetrinkens, bei dem Dir Dein kleiner Neffe ("Ist er nicht ein goldiges Kind?") unbemerkt
Ananassahnetorte auf den neuen Anzug kleistert, da Du Dich lieber mit der hübschen, langhaarigen Tochter eines entfernteren
Onkels unterhältst; das Du ansonsten aber schadlos überstehst und schon aufs Beste hoffen willst, nimmt das Schicksal seinen
Lauf.

Um die lange Zeit bis zum Abendessen nicht zu vergeuden, haben entgegen dem Willen ihrer Ehefrauen vier Hartgesottene
begonnen, Schafkopf zu spielen. Die erste Ramschrunde wird (mit logisch folgendem doppelten Obstler) unter raunendem
Getuschel vieler Anwesender dem ja herzlich geliebten Herbert gewidmet, "der den Obstler bestimmt auch nicht hätte alt
werden lassen!".

Währenddessen ertönt an einem anderen Tisch keifendes Getöse; da sind sich wohl Tante Margot und Cousine Griseldis in die
kaum noch vorhandenen Haare geraten. Weil jedoch begonnen wird, das reichliche Abendessen zu servieren, ist der beginnende
Streit aufgeschoben, aber noch lange nicht aufgehoben.

Abgesehen von einem verschütteten Weissbier, welches Onkel Maximilian übereifrig vom Tisch und drei gegenüber Sitzenden in
den Schoß fegte, bleibt das Mahl ohne weitere Folgen.

Doch schon beim Dessert keift Margot, "Das kleine kreischende Etwas", daß Griseldis' Nachspeise reichlicher als ihre eigene
ausgefallen sei und ob sie selbst hier belogen und betrogen werde. Griseldis, mit der Figur einer venetianischen Galeasse
gesegnet, will gerade zornig antworten, als lautstarkes Gelärme, verbunden mit Gläserklirren, aus der Ecke der Kartbrüder alles
übertönt. "Wie koosdn Du a Sau schbilln mid ohna Drümbf, Du Kaschbä!" - "Hoid Dei bleeds Mai, Breiss, damischer!" "Saudackel!
Hends ihr im Urwald immer um Nüss kart!?" - "Vuordammisch nuch emmah! Nu grachds a glei!"

Während sich nun eine zünftige Wirtshausschlägerei entwickelt und die Perücke von Tante Margot wie ein Rehpinscher unter
Speed über den abgeräumten Kartertisch segelt, verlässt Du dann besser die Trauernden; nicht ohne zu bemerken, daß sich
Hermann und Thomas, bewaffnet mit je einer Gurkenzange und Tortenschaufel, hochroten Kopfes und mit aufgekrempelten
Ärmeln gegenüberstehen; Onkel Maximilian, sauber betrunken und mit halb offenem Hemd, "Die Fahne hoch!" gröhlt und ganz
nebenbei und unbemerkt Kevin, Dein "ach so süsser Neffe", dank vier Portionen Nachtisch und einem Glas Kirschlikör, den er
Genoveva heimlich weggetrunken hatte, überwältigt von Alkohol und Übelkeit, sich in die linke Jackentasche Deines Anzugs
erbrochen hat; instinktiv wissend, dass gerade und exakt dort Deine Autoschlüssel, Deine Ausweispapiere sowie Dein Cellphone
untergebracht waren.

Du begibst Dich langsam zum Ausgang; vorsichtig, damit Du nicht wegen des verschütteten Kartoffelsalats ausrutscht.
Gelassen weichst Du einem tieffliegenden Weizenglas aus und vergisst trotzdem nicht Alfons, einem Deiner Lieblinksonkels,
beiläufig und unauffällig mit dem Feuerzeug ein paar Löcher in die Anzugjacke zu brennen. Während von weitem das tatü-tata
der alarmierten Polizeistreifen wahrzunehmen ist, musst Du insgeheim doch, voller Stolz auf Dich und Deine bucklige
Verwandtschaft, zugeben: "Des war a schööna Leich!"