Pressestimmen aus dem Ausland
Auch in der ausländischen Presse wird der Koalitionsvertrag von Union und SPD ausgiebig kommentiert. Die Einigung auf eine große Koalition wird zumeist positiv gesehen. Hier eine Auswahl:
Der italienische "Corriere della Serra" schreibt: "Es handelt sich um einen historischen Schritt für die Bundesrepublik, die in einer der schwierigsten Phasen der Nachkriegszeit nun die Kraft und die Vernunft findet, die ökonomische und soziale Krise geeint anzugehen."
Die italienische "La Repubblica" kommentiert: "Die Einigung war schwierig gewesen. Es gibt nicht nur leichte Versprechen, es werden Schweiß und Tränen verlangt. (...) Im alten Kontinent Europa, der derzeit von Krisen gekennzeichnet ist, (...) versucht Deutschland jetzt den Aufschwung im Zeichen der nationalen Einheit."
Die britische "Financial Times" bemerkt: "Mit dem Abkommen, das eine Rückkehr zum finanziellen Konservatismus verkündet, zielt die Koalition darauf ab, in den nächsten zwei Jahren das Defizit um 35 Milliarden Euro zu reduzieren und es zum ersten Mal in fünf Jahren unter die Drei-Prozent-Marke des Bruttoinlandsproduktes zu bringen. Das macht eine Änderung der Prioritäten Merkels deutlich. Während ihre Wahlkampagne sich auf die Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit konzentrierte, wird dieses Ziel nun an die zweite Stelle hinter die finanzielle Konsolidierung rücken."
Der französische "Figaro" hält das Programm der großen Koalition für sehr bescheiden. Weiter heißt es: "Doch dies ist kein Beweis für Handlungsunfähigkeit in Deutschland, im Gegenteil. Unser großer Nachbar hat mit einem Mindestmaß an Aufregung einen radikalen politischen Übergang geschafft, dessen Auswirkungen weit über diese oder jene Haushalts- oder Steuerbestimmung hinausgehen. Eine neue Generation hat die Kommandoposten übernommen, links wie rechts: mit Angela Merkel als erster Frau im Bundeskanzleramt und mit der erwarteten Wahl von Matthias Platzeck an die Spitze der Sozialdemokratischen Partei. Während in Frankreich, Großbritannien und Italien ein schwieriger und schmerzhafter Übergang bevorsteht, hat Deutschland diesen schon geschafft".
Die "Neue Zürcher Zeitung" ist skeptischer: "Alle wissen, dass die Partner - oder besser Kontrahenten - in dieser großen Koalition nicht wirklich hinter den selbst gesteckten Zielen stehen. Das heißt, dass sie nun eine Weile lang die dringendsten Flickarbeiten ausführen werden. Aber schon jetzt hört man sie flüstern, wie sie die Negativeffekte der zu erwartenden Härten am ehesten der jeweiligen Gegenseite anlasten können, um ihre Aussichten bei den nächsten Wahlen zu verbessern."
Die österreichische Zeitung "Die Presse" kommentiert: "Frau Merkel wird noch oft daran erinnert werden, dass das, was sie jetzt mit dem sozialdemokratischen Koalitionspartner vereinbart hat, ausgerechnet jene Frage nicht beantwortet, die sie und ihr Team im Wahlkampf zu Recht in den Mittelpunkt ihrer Strategie gestellt haben: Wie kann es gelingen, die notwendigen Schritte zur Sanierung der Staatsfinanzen so zu setzen, dass sie Wachstum generieren? Wer der Strukturkrise begegnen wollte, um die es sich in Wahrheit handelt, müsste mit Vorrang gerade jene Themen behandeln, die jetzt auf die lange Bank geschoben wurden: Arbeitsmarktreform, Gesundheitsreform, massive Anreize für unternehmerisches Engagement."
Das "Luxemburger Wort" schreibt: "Angesichts der völlig verfahren scheinenden Lage nach den Bundestagswahlen ist dies eine erfreuliche Nachricht nicht nur für die Bundesrepublik, sondern ebenso für seine Nachbarn."
