Heavy Metal im Irak

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Banshee

W:O:A Metalmaster
29 Nov. 2001
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Hamburg
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Diesen Artikel fand ich auf www.spiegel.de., ist ja erstaunlich, in Marokko werden die Metaler eingekerkert und im Irak... :confused:

Schwarzer Skorpion

Mit offizieller Duldung rockt in Bagdad eine Heavy-Metal-Band - fünf hoch begabte Musiker auf schmalem Grat zwischen Regimetreue und Rebellion.

Walid, von seinen Freunden "Bloodmaster" genannt, sticht von Anfang an aus der Gruppe der braven Jugendlichen heraus, die sich in einer Bagdader Kunstgalerie zur Videokonferenz mit Teenagern in New York eingefunden hat.
Welche Hobbys sie hätten und zu welcher Musik sie tanzten, fragen die fünf anderen irakischen Englischstudenten hinüber nach Chinatown und warten geduldig, bis über Satellit die Antworten eintreffen.

Was das absolut Widerlichste sei, das ihnen in ihrem Leben begegnet ist, will dagegen Walid wissen und wippt nervös mit den Beinen. Als die New Yorker Altersgenossen über Ärger mit der Freundin und Streit mit den Eltern berichten, ist er enttäuscht. Wilderes gibt es nicht?

Da ist die Jugend in Bagdad offenbar viel aufregender: Er sei neulich nach Saddam City gefahren und habe sich für ein Happening in einen Müllhaufen eingraben lassen. Faule Eier im Gesicht und den Saft von vergammeltem Gemüse in den Schuhen: "Es war wirklich ekelhaft."


Ratlose Gesichter im Downtown Culture Center in Manhattan und in der Orfali-Galerie, einem renommierten Kunsthaus von Bagdad. Ein zorniger Bursche und schräger Aktionskünstler als Bot- schafter der irakischen Jugend - ist das erlaubt?

Walid, 18, Abiturient und Sohn eines Obersts der irakischen Armee, ist Frontmann der einzigen Heavy-Metal-Band des Landes. A. Crassicauda hat sich die Formation genannt - Androctonus crassicauda ist der lateinische Name für den im Zweistromland verbreiteten Schwarzen Skorpion. Die Konzerte gehören zum Bizarrsten, was das Kulturleben der irakischen Hauptstadt nach zwölf Jahren politischer Isolation und am Vorabend eines möglichen neuen Golfkriegs zu bieten hat.

Düstere, schwere, laute Metal-Nummern spielen die fünf Musiker; US-Bands wie Slayer, Metallica und Machine Head sind ihre Vorbilder. Sie kennen sie von raubkopierten Videos und CDs, die aus der Türkei und Jordanien eingeschmuggelt werden. Ein Repertoire von 21 fast ausschließlich selbst komponierten und getexteten Songs stellt die Gruppe auf ihren ausverkauften Konzerten vor - die meisten unter finsteren Titeln wie "Massacre", "The Death of the Brave" oder "Fade to Black".

Die zweite Nummer bei jedem Auftritt ist ein Stück mit dem Titel "Jugend des Irak", stets ganz brav und artig angekündigt mit einer "speziellen Widmung für unseren Präsidenten und das ganze Volk der arabischen Nation". Knapp zwei Minuten dauert das politisch höchst korrekte Stück über die "Kräfte des Bösen", die derzeit

den Irak bedrohen. Es ist mit Abstand das kürzeste im Repertoire: "By following the leader Saddam Hussein / We will make them fall, we will drive them insane."

Alle anderen Stücke sind keineswegs derartig handzahm. Zwar weigern sich die Musiker, ihren Texten eine politische Bedeutung zuzuschreiben, dennoch können Zuhörer ins Grübeln geraten, etwa bei folgenden Versen: "I guess it's time to change the actor / I guess it's time to close this chapter / I guess it's time to go to the top / I guess it's time to say stop"*. Die vier Zeilen aus ihrem Stück "The Doll", so versichern sie, bezögen sich lediglich auf den Konflikt eines der Bandmitglieder mit seinem dominanten Vater.

Doch auch sonst spricht nicht gerade pure Daseinsfreude aus ihren Songs über das Leben in Saddams Reich. "Um zu leben, muss ich lügen", heißt ein anderer Text, "die Sorge des Lebens macht meine Knochen weich."

Heavy Metal sei sicher ein elitäres Phänomen im Irak, sagt Feisal, 19, Architekturstudent und einer der beiden Gitarristen. Und das sei auch gut so: "Wer unsere Texte verstehen will, muss vorher Englisch lernen. Was wir spielen, ist nicht für alle bestimmt."

Der Erfolg habe sie völlig überrascht, freut sich Firas, Betriebswirt und Bassist der Band. Bei ihrem ersten Konzert in der Saddam-Universität habe das Publikum noch wortlos an den Stühlen geklebt. Inzwischen tobe der ganze Saal.

Als A. Crassicauda Anfang Februar in der ehrwürdigen Ribat-Halle auftrat, der Heimstätte des Bagdader Symphonie-Orchesters, kreischten die wild gestikulierenden Fans, und auf der Toilette stapelten sich leere Bierdosen. Während sich der Hausmeister über das Chaos beschwerte, saß draußen im Foyer, völlig entspannt, Faruk Sallum, Generaldirektor der Musikabteilung im Kulturministerium.

"Wir müssen vor diesen Erscheinungen keine Angst haben", sagt Sallum, ein Lyriker aus Saddams Heimatstadt Tikrit, entfernter Verwandter des Präsidenten und einst selbst ein stadtbekannter Hippie. "Es gehört zur Kulturgeschichte des irakischen Volks, dass die Fenster nach draußen stets weit offen stehen."

Wenn die Skorpione über den drohenden Krieg sprechen, weicht allerdings ihre sonst so ironische Betrachtungsweise.

Sie alle würden die Heimat verteidigen, wie sie es in den paramilitärischen Sommerkursen gelernt haben. "Aber wer nicht kämpft", sagt Feisal, "wird nachts auf dem Dach stehen und der Bombardierung von Bagdad zuschauen."


http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,239339,00.html
 
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Odin

W:O:A Metalmaster
24 Nov. 2001
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die meisten metaller die ich kenne gehen/gingen sowieso aufs gymnasium. Einen mit Hauptschulabschluss oder ganz ohne abschluss hab ich noch nicht kennengelernt. Von daher kann man doch sagen, dass es in deutschland auch fast nur für die eliten ist :D