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Eine kleine Philosophische Erinnerung .................. oder so ....
Ein Baum im Winter - nackt, die Blätter sind abgefallen, fast schon verzweifelt anmutend reckt er dürre Äste in den bedeckten Himmel: Mit solch einem Bild assoziiert mancher Tristesse, andere womöglich Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit, Leere oder auch Romantik. Devon Graves von Dead Soul Tribe jedenfalls zog dieses Naturschauspiel so sehr in den Bann, dass er es als Basisidee für sein neues Album ?The January Tree? verwendete.
Beim Vorgänger ?A Murder of Crows? diente eine tote Krähe auf einem Strommast, ihre Flügel wie gekreuzigt von sich gestreckt streckt, als Ausgangspunkt für ein faszinierendes Konzept, eine einzigartige Symbiose zwischen poetischer Lyrik und spannungsgeladener, dramatischer Musik. Ähnlich diesmal: "Ein Baum im Winter ist das Spiegelbild der heutigen Welt. Ein Blatt ist nur ein Blatt, aber es ist ein kleines Wunder, dass ein Baum durch seine Blätter lebt. Es sind nur Kleinigkeiten, die über Leben, Tod und die Ebene dazwischen entscheiden", philosophiert der aus San Diego stammende und der Liebe wegen nach Wien übergesiedelte Familienvater Graves, der getrost zu den wenigen echten Künstlern der aktuellen Musikszene gerechnet werden darf. Der Albumtitel ?The January Tree? stand fest, ohne dass ein einziger Ton komponiert oder eine einzige Textzeile komponiert war. Graves hatte eine Eingebung, die ihn zwang weiterzumachen und sich intensiv auf die Suche nach der Bedeutung seiner Idee zu begeben. Fast ein Jahr verbrachte der nachdenkliche Musiker mit Experimenten an Riffs und Melodien. "Ich hatte ein Grundgerüst im Kopf, fand aber lange keine geeigneten, ausdrucksstarken Worte, so arrangierte ich die Musik anfangs ohne Texte."
Wie schon beim Debüt ?Dead Soul Tribe? und ?A Murder of Crows? zog Devon Graves bei ?The January Tree? fast alles in Eigenregie durch: Er spielt Gitarre, Bass und mehr Flöte als früher, dazu Keyboards und Piano, er singt und hat produziert; allerdings zeichnet Schlagzeuger Adel Moustafa diesmal für das Gerüst dreier Stücke verantwortlich. "A Murder of Crows? bleibt wichtig, doch war ich damals noch nicht in der Lage, meine Ideen in vollständig richtigen Bahnen zu lenken. 'Angels In Vertigo', 'Some Things You Can't Return' und 'Feed' sind großartige Lieder, aber der Rest ist eher Beiwerk. Aus heutiger Sicht halte ich die Qualitätsunterschiede für zu hoch. Bei ?The January Tree? hatte ich endlich das Selbstvertrauen gewonnen, um fast eine Stunde gleich starke, homogene Musik zu kreieren."
Neben DST-typischen Elementen wie dem Aufeinandertreffen unterschiedlichster Atmosphären und Stimmungen, hoher Dynamik, ungewöhnlichen Rhythmen sowie quasi hypnotischer Ausstrahlung findet sich auf ?The January Tree? noch einmal das Stück ?Just Like A Timepiece? von Graves? 1993er-Soloalbum ?The Strange Mind of Buddy Lackey? wieder. Für Furore sorgte der Sänger ? damals noch unter dem Pseudonym Buddy Lackey ? dann mit seiner von Progressive-Enthusiasten vergötterten Truppe Psychotic Waltz, die mit vier Alben zur Legende wurde. Graves kehrte ihr 1997 den Rücken, um sich frei zu machen. "Seinerzeit überkam mich das Gefühl, das schwächste Glied unter großartigen Instrumentalisten und Songwritern zu sein. Um weiter kreativ arbeiten zu können, war der Ausstieg unumgänglich." Zwischen Dead Soul Tribe und Psychotic Waltz sind durchaus Parallelen zu entdecken: Die Musik ist progressiv und dynamisch, eigenständig und ungekünstelt, individuell und tiefschürfend, kurz: ein mitreißendes Wechselbad aus ehrlichen Emotionen. "Ich fühle mich insbesondere von Zappa, Jethro Tull und Iron Maiden beeinflusst?, so Graves. ?Aber auch Tool oder A Perfect Circle inspirieren ungemein. Es gibt keine Grenzen, nur das Streben nach in meinen Ohren zum Sterben schöner Musik."
Die Zeichen stehen auf Sturm, denn mit der Veröffentlichung von ?The January Tree? gehen einigen Festivalauftritte, Einzelgigs und eine Tour mit Threshold einher. So hoffnungslos wie der blattlose Baum im Winter sieht das Szenario für Dead Soul Tribe definitiv nicht aus.
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