Aha, denen ist das W:O:A wahrscheinlich zu kommerziell oder nicht "true" genug... Kann ich mir bei der Art von Mucke schon gut vorstellen, dass die so drauf sind... Deren Sound ist ja nun wirklich nicht massentauglich... Ist wohl doch eher was für KIT oder HOA...
Eigentlich schade, denn ich finde eine Mischung aus "großen Namen", Insidertipps und alten Kultbands äußerst reizvoll und sehe das als mein Indeal-Wacken-Open-Air an...
Naja, einige Leute haben tatsächlich nichts Besseres zu tun als über das W:O:A zu schimpfen, obwohl sie seit 10+ Jahren nicht mehr da waren...
Ich hab mich mit dem Jens Becker (Sänger) und Manuel Trummer (Gitarristen) vom Kodex schon ein paar mal unterhalten. Sehr nette Kerle, und gerade der Becker ist gar nicht so verbohrt. Der Trummer hat aber die Fäden in der Hand und kommt so voll aus der Deaf Forever-Ecke (wo er ja auch Schreiberling ist). Gemein haben sie die Attitüde, dass es ihnen echt nicht ums Geld geht mit den Kodex-Sachen. Deshalb spielen sie auch nur selten live und hauen nicht ein Album nach dem nächsten raus. Und deshalb spielen sie auch lieber vor 50 Leuten, die echte Fans sind und ein Konzert mit ihnen zelebrieren, als dass sie vor einem großen Gelegenheitspublikum spielen, das u.U. gar keinen Bock hat, sich auf ihre Musik einzulassen.
Was Wacken im speziellen angeht, hat der Trummer vor allem Probleme mit der systematischen Kommerzialisierung, die halt zu Zusammenarbeiten mit Bild, 3sat und anderen Sponsoren und Medien führen, die ganz an den Fans vorbei der Musik auf Dauer die Ecken und Kanten abschleifen und damit die Kunstform Metall einschränken. Wenn halt UDO mit Blaskapelle oder Heino mit Rammstein auf zdf läuft, kann das selbst Oma Erna "nett" finden, und wenn man nicht aufpasst sorgen schnell Angebot und Nachfrage dafür, dass in Wacken mehr Weichspül-Metall und weniger sowas liebevoll kreiertes wie Kodex läuft. Ist nicht 100%ig meine Position, aber nachvollziehen kann ich sie schon.
Hier mal in Trummers eigenen Worten, aus dem Deaf Forever-Forum:
"Na ja, in punkto Szenebezug unterstelle ich bei H&M jetzt einfach mal, dass sie eher selten Newcomerbands unterstützen oder durch die Metalbörse aufm Keep It True stöbern. Ebenso wenig traue ich der Bild-Zeitung zu, dass sie sich nachhaltiger für die Musik interessiert, wenn sie jedes Jahr aufs Neue mit Tittenbildern von Wacken Auflage und Klicks steigert und dabei die Metalfans vorführt wie die Wilden in den Völkerschauen des 19. Jahrhunderts. Ich unterstelle auch, dass ein echter Szenebezug nicht gegeben ist, wenn die Bild ihre Quotenmetaller auf Heino- und Helene-Fischer-Konzerte schickt, um festzustellen, wie "Metal" das eigentlich ist ["Pommesgabel"-Foto mit ausgestreckter Zunge hier einsetzen].
Was die Tourismus-/Metalschiene betrifft, muss man einfach nur auf die Impressi auf den jeweiligen Seiten klicken. Da tauchen dann neu gegründete Tourismusfirmen als Organisatoren ebenso auf, wie Hotelketten oder etablierte große Eventunternehmen. Oft auch mit weiterführenden Links, welche Kunden und Projekte die Firmen ansonsten so betreuen.
Das Ding ist, vor Ort ist das für die Leute ne Supersache. Gerade im ländlichen Bereich, wo seit 20 Jahren die Ortskerne aussterben und die jüngere Generation wegzieht, sind Kulturevents ein wichtiges und oft funktionierendes Mittel, um die lokale Wirtschaft zu stärken. Ich finde auch, dass es für viele ältere Fans, die sich Camping etc. nicht mehr antun wollen, ein tolles Angebot ist, das es einfach auch geben sollte! Und natürlich ist es völlig bescheuert, dem Publikum zu unterstellen, es hätte durchweg von Musik keine Ahnung.
Ich bleib aber dabei, dass es nicht allzu förderlich ist, wenn solche Veranstaltungen, die Metal strategisch ökonomisieren, überhand nehmen. Da würden auf Dauer die Ecken und Kanten der Musik schlicht auf der Strecke bleiben.
Aber es läuft ja auch innerhalb dieser Veranstaltungen einiges unrund. Es kann etwa nicht sein, dass eines der erfolgreichsten Open Airs in Deutschland den kleinen Bands nix zahlt, obwohl die Veranstalter für sich selbst inzwischen sogar ein Modell gefunden haben, auch noch an den Bauzäunen mit zu verdienen (kein Witz), nur so als Beispiel. Und darum kann es auch nicht sein, dass man reflexhaft als dumpfe Metal-Scharia hingestellt wird, wenn man solche Dinge auch mal kritisch anschaut (und vielleicht sogar boykottiert) und nicht nur mit rosa Brille aus dem VIP-Bereich bei Gratisbier vom Veranstalter.
Und auch hier gilt: genauso kritisch sollte man bei bestimmten Entwicklungen im "Underground" sein."
Edit:
Link für den Kontext.